Al Wheeler und die Nackte
Und das
ist verrückt. Wenn es so weitergeht, sind wir spätestens am Ende des Jahres
erledigt. Das würde bedeuten, daß Mike freiwillig auf fünfzigtausend Dollar pro
Jahr verzichtet.«
»Gibt es vielleicht einen
psychologischen Grund?« warf ich ein. »Vielleicht haßt er Sie noch mehr als den Gedanken, die Partnerschaft aufzugeben?«
»Warum sollte er das?« Porterfield schüttelte erneut den Kopf. »Wir arbeiten gut
zusammen. Ich bin auf die technischen Details spezialisiert und er auf den
Umgang mit Kunden. Wir steuern beide unsere jeweiligen Fähigkeiten bei, deshalb
waren wir auch so erfolgreich, bis der ganze Ärger begann.«
»Vielleicht hat jemand von
Ihnen sich einem anderen anvertraut, und der Betreffende hat Sie verraten?«
»Mike und seine Frau sind nie
miteinander ausgekommen«, sagte er ruhig. »Es hätte seine Geliebte, diese Reid,
sein können. Ich ließ sie über eine erstklassige Detektei in Los Angeles Tag
und Nacht überwachen. Sie hatte, solange sie dort war, keinerlei Kontakt mit
Mike aufgenommen.«
»Erpressung?« sagte ich.
»Vielleicht bleibt ihm gar keine andere Wahl als zu tun, was von ihm verlangt
wird?«
»Das ist natürlich möglich.« Er
zuckte die Schultern. »Aber es scheint mir äußerst unwahrscheinlich.«
»Wenn es nicht Hardesty ist«, sagte ich behutsam, »dann müssen Sie es
sein.«
Er fletschte erneut die Zähne.
»Vermutlich haben Sie recht, wenn ich meiner eigenen Logik folge.«
»Sind Sie verheiratet, Mr. Porterfield ?«
»Nein. Der Gedanke, mein
gesamtes Leben mit jemand anderem teilen zu müssen, sagt mir nicht zu.«
»Haben Sie eine Freundin?«
»Nein.«
»Aber gelegentlich schlafen Sie
doch wohl mit jemandem?« Ich grinste ihm verständnisvoll zu. »Ich denke dabei
an Linda Walton.«
»Sie — was?« Seine gewohnte
Baritonstimme hob sich um eine volle Oktave.
»Ihr Mann ist Maler«, sagte
ich. »Er zeigte mir eine spezielle Kollektion von Porträts, die er unten im
Kellergeschoß aufbewahrt. Er habe sie mit Hilfe seines fotografisch exakten
Gedächtnisses und seiner lebhaften Vorstellungskraft gemalt, behauptete er. Es
sind insgesamt vier, alles Männer. Die Sammlung sei nicht vollständig, sagte
Walton, aber die vier stellten >Kerle< seiner Frau dar. Sie gehören dazu,
Mr. Porterfield .«
»Sie lügen«, sagte er heiser.
»Glauben Sie wirklich, daß ein
Polizist genügend Fantasie hat, um sich so was auszudenken?« fragte ich
sachlich.
»Sie und ihr Mann waren bei
einer Dinnerparty , die Mike einmal gab«, sagte er mit
dünner Stimme. »Sie warf sich mir förmlich an den Hals. Ich traf mich in der
darauffolgenden Woche genau dreimal mit ihr, und zwar immer, wenn sie mir
versichert hatte, ihr Mann sei nicht da. Dann entwickelte ich plötzlich einen
totalen Ekel vor mir selbst und brach die Beziehungen ab.«
»Sie wollten möglicherweise die
Beziehungen abbrechen, aber vielleicht hatte sie ganz andere Ideen«, sagte ich.
»Zum Beispiel eine kleine Erpressung, hm?«
»Sie konnte mir kaum damit
drohen, alles ihrem Ehemann zu erzählen, wenn er, wie Sie selbst sagen, bereits
Bescheid wußte«, wandte er in scharfem Ton ein.
»Da haben Sie vermutlich recht«,
sagte ich.
»Ich habe später kurz mit Mike
darüber gesprochen«, sagte er. »Er hatte sich anscheinend ebenfalls das
Entgegenkommen der Lady zunutze gemacht. Ihnen zufolge haben das also
mindestens vier Männer getan. Meiner Ansicht nach müssen Sie selbst entscheiden,
Lieutenant, ob Mrs. Walton Erpressung in großem Stil
betreibt oder einfach nur eine Nymphomanin ist.«
8
Der Mann, der die gesamten
Forschungsprojekte unter sich hatte, hieß Gerald H. Moss, und es dauerte eine
volle Viertelstunde, bis ich vom Fabriktor bis zu seinem Büro vordrang. Er
mochte um fünfzig herum sein, hatte dichtes graues Haar, wachsame und zugleich
freundliche blaue Augen und eine überaus milde Miene, an deren Zustandekommen
er vermutlich ein Leben lang gearbeitet hatte.
»Setzen Sie sich, Lieutenant.«
Er wies auf einen Besuchersessel und machte es sich auf seinem Stuhl hinter dem
riesigen, mit Leder bezogenen Schreibtisch bequem. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ihre Sicherheitsmaßnahmen hier
sind sehr umfangreich, Mr. Moss«, sagte ich.
»Das ist auch nötig«, erwiderte
er. »Unsere Forschungen auf industriellem Gebiet sind geheim und verdammt
kostspielig.«
»Sie hatten, was die Sicherheit
betrifft, nie Probleme?«
Er drückte mit dem Daumen Tabak
in den Kopf seiner Pfeife, was längere Zeit in
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