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Al Wheeler und die Teufelsbrut

Al Wheeler und die Teufelsbrut

Titel: Al Wheeler und die Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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zurück. Ihr Gesicht war blaß, wirkte
aber betont gefaßt, bis auf die verräterischen rotumränderten Augen. »Es tut
mir leid, Lieutenant.« Sie setzte sich erneut aufs Sofa, nahm ihr Glas und
trank es in einem Zug halb leer.
    »Erzählen Sie mir Näheres über
H.U.R.E.«, sagte ich.
    Die braunen Augen warfen mir
über den Glasrand einen überraschten Blick zu. »Was gibt’s da zu erzählen? Sie
wissen doch vermutlich schon, daß es sich dabei um eine
Frauenemanzipationsbewegung handelt. Für mich ist das nur eine Art schlechter
Scherz, der inzwischen ein bißchen allzu abgestanden ist, aber die anderen
Mädchen nehmen das ernst. Selbst Chuck hat es ernst genommen.«
    »Wirklich?« sagte ich milde
interessiert.
    »Als er mir von diesem
phantastischen Mädchen erzählte, das er in Los Angeles kennengelernt hatte, und
davon, daß sie und ihre Freundinnen alle nach Pine City ziehen wollten,
berichtete er auch, sie seien alle Mitglieder von H.U.R.E. Ich hielt das zuerst
für einen Witz; aber dann wurde mir bewußt, daß Chuck das alles völlig ernst
meinte. Er wollte, daß wir alle zusammen in das Haus zogen. Der Gedanke
faszinierte mich nicht gerade, aber Chuck blieb beharrlich, und so machte ich
schließlich mit.«
    »Sie mieteten also dieses Haus
und bewohnten es dann gemeinsam mit den anderen Mädchen?«
    »Mehr oder weniger hat es ganz
gut geklappt«, sagte sie. »Die anderen führten ihr eigenes Leben, genauso wie
ich das meine.«
    »Wie lange wohnen Sie hier
schon zusammen?«
    »Seit ungefähr drei Wochen.«
Ein gequälter Ausdruck kam in ihre Augen. »Und jetzt bricht alles zusammen.
Erst ist Alice ermordet worden und nun Chuck.«
    »Was für ein Typ war Alice?«
fragte ich.
    Sie überlegte eine Weile. »Sie
war voller innerer Spannung. Sowohl Stephanie als auch Lisa haben einen
gewissen Sinn für Humor, selbst was H.U.R.E. betrifft. Aber Alice nicht. Es
war, als ob sie ihr ganzes Leben einer Sache verschrieben hätte, und für sie
war das ganze beinahe etwas wie eine Religion.«
    »Sie sagten, Chuck sei verrückt
nach ihr gewesen, aber sie habe sich ihm gegenüber gleichgültig verhalten?«
    »Ja, das stimmt sicher.« Sie
trank ihr Glas leer. »Manchmal habe ich mich gefragt, ob sie Chuck einfach
benutzt hat. Aber ich konnte nicht dahinterkommen, inwiefern.«
    »Vielleicht, um ihre anderen
Freundinnen von Ihnen beiden profitieren zu lassen«, sagte ich.
    »Warum sollte sie das tun?«
    »Ich bin ein Polyp.« Ich
grinste sie an. »Ich stelle nur die Fragen.« Dann trank ich mein Glas leer und
stand auf. »Es tut mir leid, daß ich es sein mußte, der Ihnen das von Ihrem
Bruder erzählt hat.«
    »Müssen Sie gehen?« fragte sie
mit weicher Stimme.
    »Die Pflicht ruft, wie man so
schön sagt.«
    »Lieutenant Wheeler«, sagte
sie. »Sie müssen doch auch einen Vornamen haben?«
    »Al«, sagte ich.
    »Ich wollte, Sie würden
bleiben«, sagte sie mit noch weicherer Stimme.
    »Das würde ich auch gern tun«,
sagte ich ehrlich. »Aber gerade jetzt ist es der falsche Zeitpunkt und der
falsche Ort.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf.
»Es ist genau der richtige Zeitpunkt und der richtige Ort, Al.«
    Sie stand auf und trat vor mich
hin. Dann beugte sie sich nach vorn, griff nach dem Saum ihres weißseidenen
Nachthemds, richtete sich wieder auf und zog es mit Schwung über ihren Kopf.
Ihr nackter Körper war schön, schlank und wirkte fast zerbrechlich. Die
gereifte Sexualität, die sie auszustrahlen versuchte, manifestierte sich
eigentlich über einen gegenteiligen Effekt, sie bot eher ein Bild
jungfräulicher Unschuld.
    Mit fast flehender Geste
streckte sie die Hände nach mir aus. »Bitte, bleiben Sie, Al! Bleiben Sie und
lieben Sie mich. Es ist das richtige, sehen Sie das nicht? Die Versicherung,
daß das Leben über den Tod siegt. Helfen Sie mir, Chucks Tod zu vergessen,
oder, wenn das zuviel verlangt ist, helfen Sie mir, ihn zu akzeptieren.«
    »Tut mir leid, Rona«, sagte
ich.
    Ihr Handrücken schlug mit
schmerzhafter Gewalt gegen die Seite meines Gesichts. »Sie Dreckskerl!«
schluchzte sie. »Machen Sie, daß Sie wegkommen. Ich möchte Sie nie wiedersehen.
Ich...«
    Sie drehte sich plötzlich um
und rannte mit ungeschickten Schritten aus dem Zimmer. Zwei Sekunden später
hörte ich die Schlafzimmertür hinter ihr zuschlagen. Es gab Zeiten, dachte ich
erschöpft, während ich der Haustür zustrebte, in denen es offensichtlich wurde,
daß mein alter Herr recht gehabt hatte — ich hätte einen anderen

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