Alanna - Das Lied der Loewin
deinen Gang und da wusste ich es sicher.«
Alanna zog eine Grimasse. »Frau Cooper versucht mir abzugewöhnen, dass ich wie ein Junge gehe, aber sie scheint keinen Erfolg zu haben.«
Jonathan hob den goldenen Anhänger, den sie um den Hals trug, und betrachtete ihn. »Was ist das?«, fragte er. Seine Stimme war leise und zärtlich.
Alanna war dankbar, dass er im Dunkeln nicht sehen konnte, wie sie errötete. »Es ist ein Talisman, der... Er soll mich davor bewahren, schwanger zu werden«, stammelte sie. »Frau Cooper hat ihn mir vor langer Zeit gegeben.«
Jon lachte in sich hinein. »Hast du ihn schon mal ausprobiert?« , fragte er und legte seinen freien Arm um sie. Alanna drückte sich von seiner Brust weg und versuchte, nicht auf das alberne Flattern in ihrem Magen und auf die Hitze, die ihren Körper durchströmte, zu achten.
»Was soll das heißen?«, fragte sie mit rauer Stimme.
»Das.« Schnell küsste er sie. Alanna wurde schwindlig, und sie war dankbar, dass er sie so festhielt. Sie hatte Angst. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie heute Nacht in seinem Bett verbringen wollte.
Jonathan hörte auf, sie zu küssen, und fing stattdessen an, ihr Mieder aufzuschnüren.
Entsetzt stieß ihn Alanna weg. »Nein!«, rief sie und packte die Bänder. »Ich war verrückt zu glauben – Jonathan, bitte!«
Der Prinz merkte, dass ihre Hände so stark zitterten, dass es ihr nicht gelang, die Bänder wieder zu schnüren. Er schüttelte den Kopf und erledigte es für sie.
»Du kämpfst gegen etwas an, was einfach passieren muss«, sagte er. »Und das weißt du genauso gut wie ich.«
»Ich ... ich weiß gar nichts«, stammelte sie. »Ich habe mir geschworen, niemals einen Mann zu lieben! Vielleicht lag es am Mond und an meiner Einfältigkeit, dass ich diesen Schwur eben fast gebrochen hätte ...«
»Hör auf!«, befahl er ihr. Er zwang sie, ihn anzusehen. »Wir gehören zusammen. Ist das etwa dumm von mir Bestimmt ist es dir schon lange klar, dass das geschehen musste.« Als sie nicht antwortete, seufzte er. »Geh, bevor ich mich anders besinne.«
Alanna rannte davon. Als sie in ihrem Zimmer angekommen war, verriegelte sie die Tür. Sie zog sich aus und warf ihre Kleider in eine Ecke. Das hatte sie vom Kleidertragen!
Wenn jemand Röcke trug, kamen die Männer auf komische Gedanken! Georg hat dir Liebe geschworen, bevor er dich jemals in Röcken sah, sagte etwas in ihr, aber diesen Gedanken schob Alanna beiseite. Sie ging nervös auf und ab und schnippte mit den Fingern. Wo war Trusty? Sie wollte nicht allein sein, wenn Jonathan in sein Zimmer zurückkehrte.
Plötzlich bekam sie weiche Knie und setzte sich aufs Bett. Natürlich würde Jonathan nicht in sein Zimmer zurückkommen. Bestimmt ging er jetzt zu Delia. Es war nicht Alanna, die er wollte; er wollte lediglich ein Mädchen, mit dem er seinen Spaß haben konnte.
Oh?, sagte die Stimme in ihrem Kopf. Warum hat er dann gesagt, was er sagte? Warum hat er gesagt, du gehörest zu ihm?
Hatte die Göttin sie nicht gemahnt, sie müsse die Liebe lernen? Liebte sie Jonathan?
Ein Geräusch im anderen Zimmer erschreckte sie. Er war nicht zu Delia gegangen. Er machte sich in seinem eigenen Zimmer bereit ins Bett zu gehen und er bewegte sich leise, um sie nicht zu stören. Er hatte also nicht nur seinen Spaß haben wollen!
Alannas Lippen zitterten. Sie wollte Jonathans Liebe. Um ganz ehrlich zu sein – sie hatte diese Liebe schon seit langem gewollt.
Sie klopfte an die Verbindungstür. »Jon?«
Er machte auf. Seine Augen leuchteten, als er sie ansah. Alanna schluckte. »Ich hab Angst. Hilf mir bitte.«
Jonathans Stimme war rau, als er sagte: »Ich hab auch Angst. Wenigstens können wir zusammen Angst haben.«
8
Ängste
Alanna war glücklich in diesem Sommer. Tagsüber hatte sie Unterricht und bekam Aufgaben übertragen – der Unterricht hatte ab-, die Pflichten zugenommen, denn nun trat sie in ihr letztes Jahr als Knappe ein. Wenn Coram in Trebond besonders schwierige Probleme hatte und ihr schrieb, holte sie sich Rat bei Myles. Zu Frau Cooper ging sie, um sich zu unterhalten und um noch mehr darüber zu erfahren, was es bedeutete, eine Frau zu sein. Nachts lehrte Jon sie die Liebe. Es tat ihr leid, dass sich die Blätter zu verfärben begannen: Irgendwie wusste sie, dass diese ruhige, glückliche Zeit nicht mehr lange andauern würde.
Delia von Eldorn ging vor Herzog Rogers Sessel auf und ab, und ihre grünen Augen funkelten vor Wut. »Ich verstehe das
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