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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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den dritten Stuhl. »Jetzt liegen nur noch die mündliche Prüfung und die Magierprüfung vor mir.«
    »Das nennst du ›nur noch‹?«, fragte Alanna mit schwacher Stimme.
    Thom lachte darüber, dass Alanna so entsetzt war. »Ich war schon vor über einem Jahr dafür bereit. Und jetzt können sie es nicht mehr erwarten, bis ich fertig bin und von hier verschwinde. Ich mache sie nervös.«
    Der Wein wurde gebracht. Alanna trank den Inhalt ihres Glases in einem einzigen Zug aus und schenkte sich ein zweites ein, während Georg von ihrem Ritt zur Stadt der Götter erzählte. Als Alanna ruhiger geworden war, wandte sich Thom wieder zu ihr. »So. Was bringt euch beide gleich nach dem Auftauen der Pässe zu mir? Oder vielmehr – was bringt dich, Schwester? Ich liege mit meiner Vermutung wohl ganz richtig, dass Georg zu deinem Schutz mitkam.«
    Georg lächelte und trank seinen Wein in kleinen Schlucken. »Um die Wahrheit zu sagen, so war mir eher an dem Ritt gelegen. Dir ist ja sicher klar, dass Alanna auf sich selbst aufpassen kann.«
    Thom lächelte sarkastisch. »Du kamst, um sie vor einem gewissen Jemand mit seinem ewigen Lächeln zu beschützen«, sagte er. »Oder dachtest du, ich hätte ihn vergessen? Er
hat mich nicht vergessen. Es gibt zwei Leute hier, die mich beobachten.«
    »Umso besser, dass du deine Prüfung bald hinter dir hast.« Alanna zuckte die Achseln. Wenn Thom die Angelegenheit auf die leichte Schulter nahm, dann konnte sie das auch. »Ich brauche dich im Palast.«
    »Wirklich?«
    »Sei nicht so überheblich, Bruder«, sagte sie. »Früher habe ich dich in den Ententeich getaucht – und wenn du mich wütend machst, versuche ich es noch einmal. Die Angelegenheit ist zu wichtig.«
    Thom lachte. »So ernst? Na gut – was gibt es?«
    Sie unterhielten sich, bis die Glocken sie zum Abendessen riefen, und anschließend redeten sie weiter bis spät in die Nacht. Alanna wollte, dass Thom in den Palast kam, um auf Jonathan aufzupassen, wenn sie auf Reisen ging. Thom lehnte nicht ab; er hatte durchaus Lust, eine Zeit lang am Hof zu leben. Als diese wichtigste Frage geklärt war, erzählten Alanna und Georg, was sie von Roger wussten oder vermuteten. Das Einzige, was die beiden Männer überraschte, war die Geschichte mit dem Glutstein. Zuletzt erzählte sie ihrem Bruder noch von den Experimenten, die sie mit dem Stein angestellt hatte. Dann setzte sie sich zurück und gähnte. Sie konnte sich daran erinnern, dass die Uhr Mitternacht geschlagen hatte, aber das war vor mindestens einer Stunde gewesen.
    Georg schüttelte den Kopf. »Hast du sonst noch irgendwelche Überraschungen für mich?«, fragte er.
    »Sei nicht albern«, entgegnete sie. »Ich hätte es dir schon früher erzählt, aber ich fand nie die rechte Gelegenheit. Es ist meiner Meinung nach nichts, worüber ich viel reden sollte.«

    Thom stand auf und sah auf sie hinunter. »Eine Göttin!«, sagte er leise. »Was hätte ich dafür gegeben, mit dabei gewesen zu sein!«
    »Ich wollte, du wärst tatsächlich mit dabei gewesen«, sagte Alanna frei heraus. »Ich hatte schreckliche Angst. Aber vielleicht hätte sie nicht mit mir geredet, wenn ich nicht allein gewesen wäre.«
    Thom streckte die Hand aus. »Lass ihn mich anschauen.«
    Ohne ihren Zwillingsbruder aus den Augen zu lassen, zog Alanna langsam die Kette über den Kopf. Der Glutstein, in dessen Innern das Feuer glimmte, baumelte einen Augenblick in der Luft. Thom nahm ihn und hob ihn vor die Augen. »Verrät dich das Glimmen bei Nacht?«, fragte er gedankenverloren. Alanna sah, dass er mit seinen Gedanken nicht bei ihr, sondern bei den Fragen war, die das Andenken der Göttin aufwarf. Das war Thoms anderes Gesicht, das Gelehrtengesicht, das er trug, wenn er einem auf modernden Schriftrollen oder in halb verbrannten Büchern geschriebenen alten Zauberspruch auf der Spur war.
    »Nein.« Sie fühlte sich ein wenig verlassen. An diesen Ort, wo sich ihr Zwillingsbruder gerade befand, konnte sie ihm nicht folgen. »Er brennt innerlich, aber eigentlich brennt er nicht, wenn du weißt, was ich meine.«
    Georg, der ihr ansah, wie verloren sie sich vorkam, trat hinter sie und rieb ihr die Schultern. Dankbar lächelte sie zu ihrem Freund hinauf. Er schien immer ganz genau zu wissen, was in ihr vor sich ging.
    »Faszinierend«, flüsterte Thom. Plötzlich wurde sein Gesicht angespannt. Er warf den Stein in die Luft, deutete mit dem Finger darauf und rief ein Wort, das weder Alanna noch Georg kannten. Es

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