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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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gab eine mächtige, aber geräuschlose
Explosion. Der Raum wankte; Alanna packte Georg, damit er nicht stürzte. Überall in den Klostergebäuden flammten Lampen auf. Schreie ertönten. Alanna warf Thom einen wütenden Blick zu. Achselzuckend gab er ihr den Glutstein zurück. Die Kette war verschwunden; ein kleiner Klumpen geschmolzenen Goldes hing an der Kristallumhüllung des Steins. »Es ist ihm nichts passiert«, versicherte ihr Thom.
    Alanna fand die Sprache wieder. »Nichts passiert?«, rief sie wütend. »Was hast du damit gemacht?«
    »Er hat einen Befehl gesprochen«, sagte eine trockene Stimme von der Tür her. Si-cham, der über seinem Schlafgewand einen zerknitterten Morgenmantel trug, stand da. »Stammt dieser Gegenstand von den Unsterblichen?«
    Wortlos reichte ihm Alanna den Glutstein. Insgeheim nahm sie sich vor, es Thom heimzuzahlen, dass er sie in diese Lage brachte. Der gelbhäutige Mann musterte den Stein einen Augenblick lang und gab ihn dann zurück. »Dein Bruder hat dem Stein befohlen seine Geheimnisse preiszugeben«, erklärte er. »Nur ein Gegenstand, der von den Unsterblichen gemacht wurde, kann so einem Befehl widerstehen, und dieser hier hat es getan. Du solltest deinem Bruder Thom kein so gefährliches Spielzeug geben. Knappe Alan.« Si-cham warf Thom einen Blick zu. »Ich nehme an, dir ist klar, dass du eine Menge äußerst komplizierter Zaubersprüche unterbrochen hast, an denen einige der Meister arbeiteten. Viele von ihnen werden wochenlang brauchen, um den Schaden wiedergutzumachen.«
    Thom zuckte die Achseln. »Es war notwendig«, sagte er kühl. »Ich musste feststellen, wie mächtig der Stein ist.«
    »Ich verstehe.« Si-cham lächelte mit schmalen Lippen. »Sehr wohl. Um dich zu lehren, dass es sich lohnt, deine
Mitgelehrten zu warnen, wenn du vorhast mit den Naturgewalten zu spielen, wird deine Magierprüfung darin bestehen, die Arbeit, die du heute Nacht zunichtemachtest, wieder in Ordnung zu bringen.« Der alte Meister nickte Alanna zu. »Bis morgen früh, Knappe Alan.«
    Als sich hinter Si-cham die Tür schloss, drehte sich Alanna zu ihrem Bruder um. »Könntest du dich nicht mit ihnen anfreunden?« , wollte sie wissen. »Ich mag Meister Si-cham. Und die anderen...«
    Thom schüttelte den Kopf. »Sie haben Angst vor mir, weil ich besser bin als sie. Sie würden mich hassen, selbst wenn ich mir ein Bein ausrisse, um nett zu ihnen zu sein – und das habe ich absolut nicht vor.«
    Alanna runzelte besorgt die Stirn. »Du wirst sehr einsam sein«, sagte sie.
    Thom lachte. »Ich hab die Gabe. Das reicht mir.«
    »Ich frage mich, ob du recht hast. Das scheint mir nicht genug zu sein.« Sie musste daran denken, dass die Göttin ihr gesagt hatte, sie müsse das Lieben lernen. Ohne Liebe und Freundschaft würde Thom ein einsames Leben führen. Sie hatte wenigstens Freunde. War es möglich, dass sie auch das Lieben gelernt hatte? Sie verbrachten einen weiteren Tag im Kloster. Während sich Thom seinen Studien widmete, unterhielten sie sich mit anderen. Auch mit Thom gab es noch einiges zu besprechen. Als sie am nächsten Tag bei Morgengrauen aufbrachen, wusste Alanna, dass ihr Bruder bald kommen und ihr helfen würde Jonathan zu beschützen. Zumindest darauf freute sie sich; damit würde ihr eine große Last von der Seele genommen werden.
     
    Einen halben Tag lang ritten sie wortlos dahin. Alanna dachte
über ihren Bruder nach. Georg brach das Schweigen erst, als sie Rast machten, um Mittag zu essen.
    »Dein Bruder ist ein interessanter Kerl.«
    Alanna musste lachen. »Das ist er.«
    »Er wird einen starken Beschützer für Jon abgeben. Du kannst also ohne Sorge auf Abenteuersuche gehen.« Alanna nickte. Georg beobachtete sie einen Augenblick lang, bevor er hinzufügte: »War er schon immer so stolz?«
    Alanna schaute unglücklich zu ihrem Freund auf. »Ich glaube nicht. Er hatte sich verändert, als wir heimkamen, um unseren Vater zu begraben. Damals sah ich schon, dass er härter wurde. Aber als der mächtige Zauberer, der er jetzt ist, hat er jedes Recht, stolz zu sein. Nicht jeder kann mit so viel Magie umgehen. Ich habe es nie versucht; ich hatte Angst davor.«
    »Eine weise Angst«, bemerkte Georg. »Außerdem – wolltest du denn ein guter Krieger und ein mächtiger Zauberer werden?«
    »Das ist es nicht«, protestierte Alanna, der klar wurde, dass Georg annahm, sie könne ein bisschen eifersüchtig sein. »Er scheint nur so einsam zu sein. Und er merkt es nicht

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