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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Alannas Bruder? Das hätte ich mir ja denken können. Zurzeit hat nur er so viel Macht.« Sie schüttelte den Kopf. »Wenn ich bloß wüsste, was er im Schilde führt.« Sie seufzte und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Georg zu. »Und was tust du zu dieser Stunde hier? Ich dachte, ihr wärt unzertrennlich, du und Lady Alanna.«
    Er schüttelte den Kopf und sah weg. »Wir haben uns getrennt, Mutter – sie geht auf Abenteuersuche, während ich ...««
    »Das Haus hier wird nun schon seit fünf Wochen überwacht.« Wie schon immer las sie seine Gedanken. »Ein Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte, versuchte das Mädchen auszuhorchen, das zum Putzen kommt. Aber sie hat ihre Befehle und redet nicht, wenn ich es nicht will.« Georg hörte Frau Kuris energische Schritte auf der Treppe. »Sobald ich mich vergewissert habe, dass es Marek gut geht, geh ich noch mal aus.«
    »Der junge Marek ist verwundet?« Sie hatte ihn nie kennengelernt, aber Georg hatte sie oft mit den Geschichten von Mareks Versuchen, sich den Thron der Diebe anzueignen, unterhalten.
    »Er wird überleben«, verkündete Kuri, die Frau Coopers Frage von draußen gehört hatte. »Er hat allerdings eine Menge Blut verloren. Ich habe ihn in einem der kleinen Ruhezimmer untergebracht.«

    »Aber er wird wieder gesund?« Erst jetzt spürte er seine Sorge um den Mann, der seit langem sein Rivale und gelegentlich sein Freund war.
    »Er wird überleben und dir weiterhin Ärger machen, da bin ich ganz sicher.«
    Georg nickte erleichtert. »Mutter, ich brauche Unterkunft für mich und einen anderen meiner Männer. Nur für heute Nacht. Morgen suchen wir uns eine andere Bleibe.«
    »Natürlich.« Seine Mutter klang heiter, doch ihr Blick war besorgt. »Georg ...«
    »Ich bin ein Gauner, dagegen komme ich nicht an, Mutter«, sagte er. »Und das ist der Preis, den ich dafür bezahlen muss.« Er küsste sie auf die Wange. Zu Frau Kuri gewandt sagte er: »Ich nehme Ercole mit. Wir machen uns die Tür schon selber auf, wenn wir wiederkommen.«
    »Davon bin ich überzeugt«, entgegnete die Heilerin scharf. Georg tätschelte ihr lachend die Wange, bevor er im Erdgeschoss nach Ercole suchte.
    Sie standen schon draußen vor der Mauer und hatten die Türen hinter sich verriegelt, als Ercole fragte: »Wo gehen wir denn überhaupt hin?«
    »Ins Tanzende Täubchen«, sagte Georg mit düsterer Miene, bevor er sich einen Wollschal übers Kinn zog. Ercole fluchte und folgte ihm.
     
    Damals, als Alanna noch Knappe Alan war und sich darauf vorbereitete, Ritter zu werden, verbrachte sie recht viel Zeit in der Schenke Zum Tanzenden Täubchen. Hier war Georgs Hauptquartier, der Königspalast der Gauner, die sich dem Schurkenring verschrieben hatten, und hier versammelten sie sich, wenn sie nicht ihren Geschäften nachgingen. Es gab
zahlreiche Ein- und Ausgänge, von denen manche keinem außer Georg und dem alten Solom, dem Kneipenwirt, bekannt waren. Durch eine dieser Geheimtüren traten nun Georg und Ercole ein. Sie landeten in dem dunklen Flur unter der Treppe, die zu den oberen Stockwerken führte. Von dort aus, im Schutz der Dunkelheit, konnten sie den ganzen Schankraum überblicken. Er war brechend voll mit Dieben, Prostituierten, Blumenverkäuferinnen, Hehlern, Fälschern, Hausierern, Wahrsagerinnen, Heilern, Magiern mit geringer Zaubergabe, Händlern, die geheime Geschäfte tätigten, listigen Priestern und sogar ein oder zwei Edelleuten.
    Solom und seine Mägde eilten geschäftig hin und her und brachten Speisen und Getränke herbei. Währenddessen hielten sie wachsam den Tisch vor dem großen Kamin im Auge, an dem Georg gewöhnlich saß.
    Georg lächelte bitter. Fast alle im Schankraum wirkten still und verschreckt. Wenn er am Feuer hockte, herrschte so ein Krach, dass man seine eigenen Gedanken nicht hören konnte. Jetzt kamen die lautesten Geräusche von Solom und seinen Mägden.
    An Georgs Tisch saß der Mann namens Kralle, allerdings nicht auf Georgs »Thron«, wie dem König der Diebe auffiel. Er wandte den beiden Männern im Flur den Rücken zu. Nur seine engsten Freunde – drei brutale Kerle, die Georg nicht im Rücken hätte haben wollen – saßen bei ihm. Georg suchte den Raum nach seinen eigenen »Höflingen« ab. Dabei entdeckte er den Gelehrten, der betrunken und in sich zusammengesunken auf der anderen Seite der Feuerstelle hockte. Langfinger war nirgends zu sehen. Rispah war noch in Caynnhafen, doch hinten im Schankraum saßen Orem und Shem und

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