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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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feststellen, dass Kralle die perfekte Antwort gefunden hatte, und er konnte nicht anders, als den Kerl zu bewundern. Zeugen gab es keine, die Frau war gestorben, ohne ihren Auftraggeber zu nennen, und somit war ihm nichts nachzuweisen.
    »Du hast Glück gehabt, Freund Kralle«, erklärte er dem jüngeren Mann. »Vielleicht wirst du immer solches Glück haben: Nämlich unschuldig zu sein an den Verschwörungen der anderen.«

    »Das hoffe ich, Majestät«, antwortete Kralle mit einem leisen Lächeln. »Ich habe nämlich keine Lust mich in erfolglose Unternehmungen verwickeln zu lassen.«
     
    Als der Morgen dämmerte, hatte sich der Schankraum bis auf diejenigen geleert, von denen Georg wusste, dass sie ihm treu ergeben waren. Von Kralle hatte er nichts erfahren, obwohl er ihn die ganze Nacht nicht von seiner Seite hatte weichen lassen. Er hatte nichts anderes erwartet. Aber jetzt würde er aus Quellen, denen er vertraute, etwas erfahren.
    Der Reihe nach schickte er seine Leute los, damit sie mit den anderen Dieben redeten, diejenigen ausfindig machten, die nicht da gewesen waren, und in Erfahrung brachten, warum sie sich nicht hatten blicken lassen. Außerdem sollten sie sich umhören, wer auf Kralles Seite stand und wer nicht. Er schickte seine Leute paarweise los, riet ihnen aber auf der Hut zu sein. Shem kehrte mit einer Nachricht für Rispah, die besagte, sie solle nach Corus kommen, sobald Alanna und Coram aufgebrochen seien, nach Caynnhafen zurück. Georg brauchte sie, damit sie sich um die Frauen kümmerte, die dem Schurkenring angehörten. Ihm gehorchten sie, weil er gut aussah und charmant war, doch Rispah kannte ihre Geheimnisse. Schließlich war nur noch der Gelehrte übrig. Von der langen Nacht und der Anspannung erschöpft hatte sich sogar Solom nach oben in sein Zimmer verzogen.
    »Geh mit Diskretion vor, aber finde mir Sir Myles von Olau!«, befahl Georg dem alten Fälscher. »Ich brauch ihn bei Anbruch der Nacht hier, und zwar verkleidet!«
    Der Gelehrte nickte. Er kippte den letzten Rest seines Glühweins runter. »Ich weiß, wo ich ihn auftreiben kann.
Und, Majestät ...« Georg sah auf. Zu seiner Überraschung entdeckte er, dass der alte Mann Tränen in den Augen hatte. »Bin ich froh, dass du wieder da bist. Dieser Kralle ist ein richtig übler Kerl.«
    Als sich die Tür hinter dem Gelehrten schloss, seufzte Georg leise. Ercole trat aus dem Schatten. Er sah ebenso müde aus wie sein Herr. »Schlafen wir her?«
    Georg schüttelte den Kopf. »Ich hab nicht vor, diesem Kralle meinen Kopf auf ’nem silbernen Tablett zu servieren. Wir verdrücken uns ins Haus meiner Mutter, aber so, dass uns keiner sieht.«
    »Und morgen – vielmehr heute – Nacht?«
    »Da hab ich einen besseren Unterschlupf im Sinn.« Georg stand auf und schlug Ercole auf die Schulter. »Gehen wir. Ich will sehen, wie es Marek geht.«
     
    Myles lugte durch das Guckloch in der falschen Wand des Schankraums und beobachtete Kralle. Hinter ihm stand wartend Georg. Der alte Solom wollte Kralle, der genau vor dem Guckloch saß, in ein Gespräch verwickeln, damit Myles seine Stimme hören konnte.
    Nach einer kleinen Weile trat der Ritter zurück. Er nickte. Leise führte ihn Georg von dem geheimen Beobachtungsposten weg und nach oben in die Zimmer, die er zu friedlicheren Zeiten bewohnte. Dort schenkte er Myles ein Glas Branntwein ein und wartete, bis der ältere Mann es ausgetrunken hatte, bevor er fragte: »neun?«
    »Es gibt keinen Zweifel«, entgegnete Alannas Adoptivvater. »Dieser Mann ist von edler Geburt. Zumindest eine Zeit lang erhielt er eine gute Ausbildung.« Er schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Das Problem ist, dass ich seine Stimme
kenne. Ich habe ihn schon mal reden hören, und damals war er kein Dieb.« Er hielt Georg sein Glas hin, damit dieser nachfüllte. »Vielleicht hat meine Tochter recht: Ich sollte mit dieser Sauferei aufhören.«
    Georg grinste.
    »Ich möchte Euch gratulieren, Herr, dass Ihr Alanna adoptiert habt. Da habt Ihr eine gute Tat begangen.«
    »Es war eine gute Tat von Alanna, dass sie es zuließ«, wandte Myles ein. »Wenn sie nur diese Sache mit Jonathan klären könnte. Nichts für ungut, Georg – aber ich vermisse sie wirklich am Hof.«
    »So wie ich sie hier vermisse«, versicherte Georg. »Wo wir gerade von meinem Mädchen sprechen – habt Ihr irgendeine Ahnung, was ihr heiß geliebter Bruder am Fest der Toten im Schilde führte?« Er erzählte Myles, was seiner Mutter widerfahren

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