Alanna - Das Lied der Loewin
Schreiend versuchte der Fanatiker, den Kater loszuwerden, bis Coram dem Geschrei mit einem Hieb seines Schwerts ein Ende bereitete.
»An so einen Kerl solltest du nicht deine Kraft verschwenden«, riet er dem Kater, der sich gerade von dem Körper des Mannes löste.
Am Pfosten angekommen, schnitt Alanna die Frau los, die man hatte verbrennen wollen. Sie fiel zwischen den immer noch schwelenden Holzscheiten auf die Knie, ohne sich ihrer Schmerzen oder des Regens gewahr zu werden.
Coram trat ebenfalls dazu, zog die verletzte Frau in seinen Sattel und hielt sie behutsam fest. »Wir müssen weg von
hier!«, schrie er über das Donnergrollen hinweg. »Die kommen besser bewaffnet wieder, da bin ich mir sicher!«
»Ihr habt unseren Priester umgebracht!« Ein junger, mit einer langen Axt bewaffneter Mann kam näher. »Dafür wird uns sein Gott verantwortlich machen!«
Alanna stieg vom Pferd und zog die kristallene Klinge. »Verschwinde von hier!«, befahl sie Coram und legte den Schild wieder auf ihrem Arm zurecht. Der ehemalige Soldat zögerte, da schrie sie: »Tu, was ich dir sage! Bevor die Dorfbewohner kommen!«
Mit finsterer Miene gehorchte er. Alanna wandte sich dem bewaffneten jungen Mann zu. »Sei nicht dumm!«, sagte sie. »Ich bin zum Ritter ausgebildet, gegen mich hast du nicht die geringste Chance!«
»Du lügst!« Der Mann griff an. Daran, wie er die Axt hielt, konnte man ablesen, dass er geübt war im Umgang mit dieser Waffe. Alanna fing die fallende Axt mit dem Schild auf und stieß sie beiseite. Mit der gleichen Bewegung ließ sie ihre kristallene Klinge unter dem Schild hervorschnellen. Der Mann sprang zurück, glitt im Schlamm aus, und Alanna trennte mit einem einzigen Hieb das Axtblatt vom Schaft. Die Kristallklinge summte und erfüllte sie mit der krankhaften Freude am Töten, von der sie geglaubt hatte, sie habe sie aus dem Inneren ihrer Waffe vertrieben. Alanna taumelte, ihr Blick hatte sich getrübt.
Der junge Mann stieß einen Freudenschrei aus. Mit dem Axtstiel versetzte er ihr einen heftigen Schlag auf die ungeschützte rechte Körperseite. Sie stürzte auf die Knie. Gerade noch rechtzeitig, bevor der Knüppel auf ihren Kopf heruntersauste, bekam sie den Schild hoch. Ein Kreischen, das von der Kristallklinge ausging, gellte durch ihr Bewusstsein und
verlangte den Tod des Mannes, der sie attackierte. Alannas Handfläche war so schweißnass, dass sie kaum mehr das Heft ihrer Waffe halten konnte. Ob sich Akhnan Ibn Nazzir wohl genauso fühlte wie ich jetzt, als er all seine Lebenskraft nutzte und mich zu töten versuchte?, überlegte sie sich. Sie warf das Schwert beiseite, stemmte sich vom Boden hoch und rammte den Mann mit dem Schild.
Er schrie auf, stolperte zurück, ließ den Axtstiel fallen. Blitzschnell bückte sich Alanna und hob ihn auf. Dann schob sie sich zwischen das Schwert und den Dorfbewohner, wobei sie ihn nicht aus den Augen ließ.
»Das Schwert hat Zauberkraft«, stieß sie hervor, als er sie anstarrte. »Wenn du es nimmst, bringt es dich um. Wieso sollte ich es sonst wegwerfen?«
»Ich glaube dir nicht«, keuchte er.
»Dann versuch es dir zu holen!« Da er dachte, sie sei nicht flink genug, schnellte er sich zur Seite und dann nach vorn. Alanna ließ den Axtstiel auf seinen Kopf hinabsausen, dass der Mann bewusstlos zu Boden stürzte.
Einen Moment lang wankte sie. Dann sammelte sie Kraft, um sich hinzuknien und nachzusehen, ob sie ihn getötet hatte. Sein Puls war kräftig. Auf dem Kopf hatte er eine Beule, doch ihrer Meinung nach würde er überleben.
»Vielleicht wirst du jetzt keine fremden Ritter mehr attackieren«, flüsterte sie und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Dann hob sie das Kristallschwert auf und steckte es in die Scheide zurück. Von der Zauberkraft war nichts mehr zu spüren.
»Vielleicht war das sein letzter Versuch, mich zum Töten anzustiften«, erklärte sie Trusty, der sich in Sicherheit gebracht hatte.
Willst du darauf wetten?, erkundigte er sich.
Alanna ergriff Moonlights Zügel und stieg in den Sattel. »Auf keinen Fall.«
Trusty sprang in seinen Korb und Alanna ritt los, doch am Rand des Dorfplatzes machte sie noch einmal Halt und blickte zurück. Von flackernden Blitzen beleuchtet, stand der Pfahl noch immer da. Alanna deutete darauf und sprach ein einziges, mächtiges Wort. Der Pfosten wurde aus der Erde gerissen, als sei er ein aus einem Bogen abgeschossener Pfeil. Dabei barst er in Stücke, die nicht größer waren als
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