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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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alle möglichen Tiere: Kühe, Hunde, Ziegen, Pferde, Schweine und Hühner. Menschen in abgerissenen, schmutzigen Kleidern starrten zu den Reisenden auf der Straße herüber. »Diese Lager sind nicht gut. In ihnen werden so einige zu Dieben und Mördern. In Südmaren ist Platz, um die Flüchtlinge satt zu bekommen und ihnen Land für neue Höfe zu geben.«

    Alanna schwieg, als sie in die Stadt ritten und auf das Gasthaus zuhielten, das Liam empfahl. Weder sie noch Liam waren in der Lage, etwas für diese Leute zu tun. Armut war eine Krankheit, die sie nicht heilen konnte; ein Bürgerkrieg konnte nicht von einem einzelnen Ritter beendet werden. Das habe ich mit Liam gemein, sagte sie sich. Ich mag es ebenso wenig wie er, hilflos zu sein.
    Der Gasthof Zur Promenadenmischung hielt, was Liam versprochen hatte. Alanna verbrachte den Nachmittag damit, sich zu baden, die Haare zu waschen, ihre Kleider zu flicken – sie ruhte sich ganz einfach aus. Sie schrieb an Myles, Halef Seif und Thom, obwohl es wochenlang dauern würde, bis eine Antwort sie erreichte. Schließlich lockte sie der Geruch von frisch Gekochtem in den Gastraum zum Abendessen.
    Liam hatte geraten, sie sollten in dieser ruhelosen Stadt jedes Aufsehen vermeiden. Er wollte keine Shang-Insignien tragen, und sie und Coram sollten alles, was darauf hindeutete, dass sie Ritterin war, auf ihren Zimmern lassen. Alanna, die in Jirokan eine ruhige Zeit verleben wollte, war das recht. Während sie Männerkleidung anlegte, sagte sie sich: Zumindest brauche ich mir jetzt die Brüste nicht mehr platt zu binden! Für alle Fälle steckte sie sich hinten in den Hosenbund einen Dolch. Fröhlich pfeifend setzte sie Trusty schwungvoll auf ihre Schulter und ging nach unten.
    Liam und Coram hatten auf sie gewartet. Sobald sie sich zu ihnen setzte, brachte das Gesinde das Essen. Ein Serviermädchen war von Trusty so begeistert, dass sie ihn mit den Worten »Mal sehen, was wir für so einen schönen Kerl wie dich auftreiben können« davontrug. Der Kater schmeichelte seiner Verehrerin schamlos.

    Als die Reisenden mit ihrem Essen fertig waren, kamen Marener Wachtposten mit ihren Mädchen, um den Abend trinkend zu verbringen. Coram und Liam ignorierten die Soldaten und spielten Schach, doch Alanna beobachtete das Spiel und die Soldaten. Gerade kehrte Trusty mit vollem Magen von seinem Ausflug in die Küche zurück.
    Der kräftigste unter den Wachtposten war ein Feldwebel, der so schlecht gelaunt aussah, wie er sich benahm. Seine Männer wussten offensichtlich, dass er üble Laune hatte, und hielten Abstand von ihm. Seine Freundin jedoch langweilte sein eingeschnapptes Gehabe, und sie gab sich auch keine Mühe, das zu verbergen. Alanna beobachtete, wie sie den Versuch machte ihn zu necken und so aufzumuntern. Als ihr das nicht gelang, ließ sie den Blick schweifen, bis sie Liam entdeckte. Zuvor hatte sich Alanna nur am Rande für das Verhalten der Frau interessiert. Jetzt warf sie ihr einen warnenden Blick zu. Dass sie selbst wie ein junger Mann gekleidet war und dass man in dem schlecht beleuchteten Raum ihre weiblichen Formen unter der Kleidung kaum sehen konnte, hatte sie vergessen.
    Der Frau entging ihr Blick.
    Der Feldwebel seinerseits merkte nicht, dass die Aufmerksamkeit seiner Begleiterin inzwischen einem anderen galt. Mit einem Rülpser sagte er: »Bin gleich wieder da, Schätzchen«, und ging auf den Abtritt zu.
    Sobald der Wachmann verschwunden war, kam seine Freundin an Alannas Tisch herüber. Liam war gerade am Zug und starrte konzentriert aufs Schachbrett, aber Coram sah das Gesicht, das seine Herrin und Ritterin zog. Als er den Kopf hob, wurde ihm der Grund für Alannas finstere Miene klar. Er grinste.

    »Ihr seid mir aber schweigsame Männer«, säuselte die Frau und legte dabei die Hand auf Liams Schulter. Liam sah überrascht hoch. »Legt ihr denn keinen Wert auf weibliche Gesellschaft?«
    Alanna erhob sich und zischte: »Dort, wo ich herkomme, gebietet es der Anstand, dass man sich an den Mann hält, mit dem man hergekommen ist.«
    Die Frau warf ihr einen verblüfften Blick zu. Sie hatte nur Augen für den gut gebauten Kerl gehabt. Wieso mischte sich dieser Bengel ein? »Na, so was – dieses Bürschchen ist wohl verliebt in dich?«, fragte sie Liam. Er lachte leise in sich hinein und musterte die Frau von Kopf bis Fuß. Coram hielt Alanna die Hand vor den Mund und stieß sie auf ihren Stuhl zurück. »Die sieht nicht, dass du ein Mädchen bist!«, flüsterte er

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