Alanna - Das Lied der Loewin
hilft denen, die dazu bestimmt sind, erfolgreich zu sein, erklärte ihr Trusty. Aber vergiss nie – auch einen König, der ein Weltreich aufbauen will und bei seinen Nachbarn damit anfängt, hält es nicht auf. Ganz im Gegenteil, es unterstützt ihn.
»Alle guten Waffen können sich auch gegen den richten, der sie verwendet.« Alanna zog ein Stück Schnur aus der Tasche und knotete eine Schlinge, die sie sorgfältig hinunterließ, bis sie sich um die Pyramide legte. Dann erhob sie sich und säuberte sich die Hände. »Liam wird sich wohl darüber aufregen. Meinst du, ich mache einen Fehler, dass ich seine Geliebte bin, obwohl er Angst hat vor der Gabe?«
Trusty schlenderte davon. Er wusste, was sie plante. Was ich meine, ist bedeutungslos. Du tust sowieso, was du willst – wie immer.
Sie streckte die Arme zu den von der Schlinge umfassten Ästen aus und machte eine Handbewegung. Flammen loderten auf. Alanna berührte den Glutstein, um ihren Zauber sichtbar zu machen. Jetzt lag ein violettfarbener Dunst, aus dem Flammen emporloderten, über den Toten. Die Schlinge war zu einem Ring der Kraft geworden, der das Feuer davon abhielt, sich auszubreiten. Als Alanna den Glutstein losließ, sah sie das Leuchten ihrer Gabe verschwinden. Die Flammen aber waren wirklich, sie loderten höher und höher zwischen den Knochen und allem anderen.
Liam sagte nichts, als sie sich wieder zu den Männern gesellte, aber er war blass und schwitzte. Er hat wirklich Angst vor Magie, dachte sie. Das deprimierte sie, denn dadurch war ihre Beziehung schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Irgendwann würde sie ihn verlassen müssen. Keine
Liebe konnte andauern, wenn ein Partner einen Teil des anderen fürchtete.
Sie ritten weiter, behielten die Gegend im Auge, horchten nach Geräuschen, die nicht hierhergehörten. Die aufgestapelten Toten hatten sie unruhig gemacht. »Mir wär’s lieber, der Überfall käme gleich. Dann hätten wir’s hinter uns«, schimpfte Coram leise. Er und Alanna packten aus, nachdem sie für die Nacht Halt gemacht hatten. Liam war auf der Suche nach frischer Nahrung, obwohl ihre Lebensmittelversorgung bis jetzt noch kein Problem war. Da sie gewusst hatten, wie es in dem Gebiet, das sie durchqueren mussten, aussehen würde, hatten sie sich im Gasthaus Zur Promenadenmischung gut eingedeckt.
»Ich weiß, was du meinst«, seufzte Alanna. »Wo sind die Heere?«
»Die haben sich hoffentlich schlafen gelegt.« Das war Liam, der mit an einer Schnur aufgezogenen Fischen zurückkehrte. »Trotzdem sollten wir abwechselnd Wache halten. Ich rieche Rauch.« Er reichte die Fische Alanna, die mit dem Kochen an der Reihe war.
Coram machte ein kleines Feuer, gab sich aber Mühe, dass es nicht qualmte. Schweigend und lauschend kochten und aßen sie. Nach dem Mahl ging Trusty auf Jagd; die anderen erledigten ein paar persönliche Dinge. Gerade begann Alanna sich zu entspannen, als der Kater angerannt kam.
Leute, zischte er. Frauen und Kinder – auf der anderen Seite des Hügelkamms!
Sie legten ihre Arbeit beiseite und schnürten die Schwertgürtel um. Coram gab stumm zu verstehen, er wolle die Pferde bewachen. Liam und Alanna bewegten sich lautlos durch die Büsche und Bäume zum Hügelkamm. Als sie den
höchsten Punkt erreichten, gab Liam Alanna ein Zeichen, sie solle in Deckung gehen. Sie runzelte die Stirn. Seit ihre Zeit als Knappe, wo man ihr absoluten Gehorsam abverlangt hatte, hinter ihr lag, hatte sie Mühe, Befehlen zu gehorchen, auch wenn es um Kleinigkeiten ging. Aber Liam war schon viel länger auf Reisen und hatte mehr Erfahrung. Die Fremden folgten einem Bach am Fuß des Hügels. Alanna suchte nach einer Stelle mit einer besseren Sicht und überlegte sich, ob sie näher hingehen sollte.
Da erklang eine barsche Stimme: »Sag dem großen Kerl da, er soll sein Schwert fallen lassen, sonst kriegst du einen Bolzen in den Leib.«
3
Die Tochter des Kriegsherrn
Alanna musste den Befehl nicht wiederholen – Liam hatte ihn gehört. Er erhob sich aus der Hocke und ließ seine Waffe fallen. Alanna legte Blitz ab. Dass Liam gefangen genommen wurde, weil ein junges Mädchen sie mit einer Waffe in Schach hielt, war beschämend. Eigentlich erwartete man ja von ihr, dass sie auf sich achtgeben konnte!
»Erstaunlich«, sagte das Mädchen, das Alanna überlistet hatte. »Wir gehen auf die Jagd nach Wild und finden stattdessen euch.«
Alanna hörte Coram in der Ferne fluchen. »Ist dir was passiert, Coram?«, schrie
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