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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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sie nicht die Einzigen sind, die sich nicht genug gegönnt haben, dachte Alanna und musterte Thayets mageres Gesicht. Wir müssen etwas unternehmen und zwar bald. Nur was, wenn es hier nichts mehr zu holen gibt?
    »Dann müssen wir Leute finden«, meinte Coram sachlich. »Wenn das Land geplündert ist, müssen wir die Plünderer finden und uns bei denen bedienen.«
     
    Für den Rest des Nachmittags übergab Alanna Moonlights Zügel an Thayet. Sie hängte sich einen Köcher über die Schulter, nahm ihren Langbogen und durchstreifte auf der Suche nach Wild die Gegend neben der Straße. Sie erlegte zwei Eichhörnchen, was ihr mehr darüber sagte, wie schlimm es um Sarain stand, als es Thayets Worte getan hatten. Zu
dieser Jahreszeit hätte ihr das Wild in den Schoß fallen müssen.
    Buri gesellte sich zu ihr, aber auch ihr war nicht mehr Glück beschieden. Nachdem sie eine Stunde lang gejagt hatten, fragte Alanna etwas, was sie schon lange beschäftigte: »Warum treibt sich Thayet hier in den Bergen herum? Warum ist sie nicht bei ihrem Vater?«
    »Wegen Kalasin«, sagte Buri nach einem Moment des Zögerns.
    »Ihrer Mutter?«
    Buri nickte. »Die schönste Frau der Welt. Sie war – erstaunlich.« Ihre schwarzen Augen waren traurig. »Kalasin bat den Kriegsherrn, die K’mir gerecht zu behandeln, denn sie stammte ja auch aus unserem Volk. Die Flachlandbewohner machen uns zu Sklaven, stehlen unsere Pferde ...« Das Mädchen brach ab, bis es seine Wut wieder im Griff hatte. »Jian Wilima hasst uns – er ist durch und durch ein Flachlandbewohner. Dann unterschrieb er Gesetze, die untersagen, dass sich mehr als fünf von uns gleichzeitig versammeln. Schon allein der Stamm der Hau Ma besteht aus dreißig Mitgliedern und er ist unser kleinster! Wie können wir einen Toten ehren und eine Hochzeit oder eine Geburt feiern, wenn der Stamm nicht das Recht hat, sich zu versammeln?«
    »Red weiter«, drängte die Ritterin, als Buri verstummte.
    »Verzeih. Kalasin hat eine großartige Tat vollbracht, doch schmerzt es, daran zu denken. Sie und Thayet versuchten, den Kriegsherrn daran zu hindern, diese Gesetze zu unterzeichnen. Sie flehten ihn sogar an – dabei bettelt eine K’mir niemals! Aber er tat es trotzdem.
    Kalasin wusste, was sie nun tun musste. Sie schickte
Thayet weit weg in die Klosterschule. Meine Mutter und mein Bruder, die beide Kalasin dienten, hielten den Wachtposten davon ab, in Kalasins Turmzimmer einzudringen. Dort stand sie am Fenster und sang ihren Totengesang, sie sang davon, wie sehr sie sich für jian Wilimas Gesetze schämte. Eine Menschenmenge hatte sich versammelt und hörte ihr Lied – Edle, einfache Leute und Sklaven. Meine Mutter und mein Bruder wurden getötet, aber sie versperrten die Tür, bis Kalasin vom Turm gesprungen war. Nun liegen sie rechts und links von Kalasin begraben. Der Kriegsherr wird allein in seinem Grab ruhen müssen.«
    »Wie schrecklich«, sagte Alanna leise.
    Buri schüttelte den Kopf. »Sie fanden den besten Tod, den es für einen K’mir geben kann. Meine Mutter und mein Bruder taten, was richtig war, ebenso wie Kalasin.«
    »Aber nun sind sie tot«, wandte Alanna erregt ein. »Es hilft keinem, wenn man stirbt.«
    »Das hängt davon ab, wie man gestorben ist.« Liam hatte sie eingeholt. »Ein sinnloser Tod ist etwas anderes. Aber durch ihr Beispiel weckte Kalasin viele Leute auf, die es bisher für richtig gehalten hatten, die K’mir zu missbrauchen. Buris Mutter und ihr Bruder machten es möglich, dass Kalasin den Menschen mit ihrem Gesang verkündete, warum sie sich das Leben nahm.«
    »Tot ist tot«, antwortete Alanna heftig. »Aus einem Grab heraus kann man überhaupt nichts mehr tun!«
    Der Drache und die K’mir wechselten einen Blick, der klar besagte, Alanna wisse nicht, wovon sie redete. Dass die beiden sich einig waren, störte Alanna. Sie ließ sie hinter sich zurück. Sie selbst zog es vor, die Dinge zu ändern, solange sie noch lebte.

    Als Coram Spuren entdeckte, an denen abzulesen war, dass erst kürzlich Banditen in der Gegend gewesen waren, fand es Liam an der Zeit, haltzumachen für die Nacht. Über einem Bach, wo Thayet eilig das Lager aufschlug, entdeckte Trusty verlassene Höhlen. Die Kinder sammelten Feuerholz, während Buri und Coram angeln gingen. Liam kochte.
    Alanna wurde wieder einmal zur Säuglingspflege eingeteilt  – Windeln wechseln, Füttern, Bäuerchen machen lassen  –, diesmal ohne Zwischenfälle.
    Alanna nahm ihre Schale dünnen

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