Alanna - Das Lied der Loewin
bleiben.«
Eleni setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. »Der Göttin sei gedankt, dass seine Gabe nicht mit ihm auferstanden ist.«
»Das behaupten er und Thom .« Georg löffelte Honig in seinen Tee. »Manchmal glaub ich, dass diese beiden für sämtliche Probleme verantwortlich sind, die wir seit letztem Oktober hatten. Nein, das ist unfair. Dass Alanna fortging, hab ich selbst zugelassen.«
»Sie hätte auch in Caynnhafen auf dich warten können«, sagte Eleni.
Georg setzte ein müdes Lächeln auf. »Ich versuche nichts Unmögliches von ihr zu verlangen, Mutter. Sie ist kein Mädchen, das zu Hause auf seinen Mann wartet.«
»Dann hätte sie mit dir hierher zurückkehren können.«
Georg schüttelte den Kopf. »Sie hatte keine Lust, unseren Edlen zu begegnen. Außerdem glaube ich, dass sie auch die Erinnerung an Jon noch schmerzte.«
»Dann solltest du sie vielleicht holen gehen. Seit sie in ihre Wüste zurückging, bist du völlig verändert.« Sie nahm seine Hand und fügte hinzu: »Ich wäre erleichtert, wenn ich wüsste, dass du dich nicht mehr so in Gefahr bringst.« Georg drückte ihre Hand. »Ich kann nicht, Mutter, noch nicht. Zuerst muss ich hier noch ein paar Dinge erledigen. Außerdem«, fügte er mit trostloser Miene hinzu, »habe ich dir denn nicht erzählt, dass aus Maren und Sarain die Nachricht kam, sie sei mit dem Shang-Drachen zusammen? Wie soll ein Bürgerlicher mit dem König Tortalls oder mit Liam Eisenarm konkurrieren?«
Eleni zog ihre Stirn in Falten. »Es sieht dir nicht ähnlich, dich selbst zu bemitleiden – oder kampflos aufzugeben.«
Georg strich seiner Mutter über die Wange. »Tu ich auch nicht. Ich will ihr nur genug Freiraum lassen, während ich mich hier um meine Angelegenheiten kümmere.« Als er lächelte, lächelte Eleni ebenfalls. Nachdem er seinen Tee ausgetrunken hatte, fügte er hinzu: »Wo wir gerade davon reden – wir müssen etwas unternehmen. Kralle ist dumm genug, es noch mal zu versuchen.«
»Sei bloß vorsichtig, Georg. Du riskierst, dich deswegen mit anständigen Leuten zu verbünden«, neckte sie ihn. »Womöglich ist Ehrbarkeit ansteckend.« Als sie sah, dass er die Stirn runzelte, setzte sie scharf hinzu: »Was hast du vor – willst du mich mit der Leibgarde des Königs umgeben?«
Er sah sie an und begann breit zu grinsen. »Das ist gar keine so schlechte Idee, Mutter.«
Wenige Stunden später nahm Georg seine Mutter zu dem Stadthaus mit, in dem Myles von Olau wohnte. Bazhir-Wachen ließen sie ein und begleiteten sie zum Arbeitszimmer des Ritters. Bedienstete kamen eilig mit Erfrischungen für Myles und seine Gäste. Georg kannten sie als häufigen Besucher, aber die Frau, die ihn begleitete, hatte keiner von ihnen jemals gesehen. In den Küchen wurde darüber getratscht und auch die Bazhir, die Myles aufwarteten, standen mit dabei.
Nachdem er sich Georgs Bitte angehört hatte, ließ Alannas Adoptivvater seinen Blick von Georg zu Eleni wandern und strich über seinen zotteligen Bart. »Ich wäre entzückt, wenn Frau Cooper hierbleiben wollte. Aber dass die Dinge so schlimm stehen, wusste ich nicht.«
»Kralle gibt nicht so leicht auf«, erklärte Georg mit finsterer Miene. »Und er weiß, dass er mir auf Umwegen über meine Mutter wehtun kann. Hier, inmitten von all diesen Bazhir, wäre sie in Sicherheit. Bogenschützen hast du ja genug.«
»Das kommt daher, dass meine Tochter die Frau, die wie ein Mann reitet, ist«, erklärte Myles Eleni. Dabei blitzten seine Augen übermütig. »Ich habe sie adoptiert und die Bazhir mich.« Er griff nach Elenis Hand. »Alanna hat mir von Euch erzählt, noch dazu seid Ihr die Mutter meines Freundes Georg. Ich begrüße es, dass ich Gelegenheit habe, Euch einen Dienst zu erweisen, gnädige Frau.«
Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Ich hasse es, mein Haus zu verlassen«, gab sie zu. »Aber solange mein Sohn unter Dieben lebt, muss ich vorsichtig sein. Danke, Sir Myles – ich willige ein Euer Haus als Zufluchtsort zu benutzen.«
»Dann solltet Ihr ›Myles‹ zu mir sagen«, befahl der Ritter und küsste ihr die Hand.
»Und ich heiße Eleni.«
Myles hielt Elenis Hand einen Augenblick zu lange fest, was Georg nachdenklich stimmte. Auf diese Möglichkeit war er bisher nicht gekommen. Wäre gar nicht so schlecht, wenn ich in meinem Alter noch einen neuen Vater kriegen würde, dachte er und musste grinsen. Aber am besten lasse ich der Sache ihren Lauf. Es ist noch nie was Gutes dabei
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