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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Aber er amtiert im Grunde schon seit dem Tod seiner Mutter als König. Roald hatte einfach das Interesse daran verloren.«
    »Jon muss untröstlich sein.«
    »Das ist er, aber bis jetzt hatte er nie Gelegenheit zu trauern. Nicht, wie die Dinge liegen.« Als Alanna ein erstauntes Gesicht machte, wurde Raoul blass. »Du hast keine Ahnung, was?«
    Alanna spürte plötzlich, dass irgendetwas – noch etwas – ganz und gar nicht in Ordnung war. »Wovon soll ich keine Ahnung haben, Raoul?«
    »Hast du nichts aus Tortall gehört? Überhaupt nichts?«

    »Die Straßen in den Bergen waren fast unpassierbar, als Coram und ich nach Berat aufbrachen.« Was ist los mit ihm? überlegte Alanna. Raoul ballte auf dem Schoß die Hände so fest zu Fäusten, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    »Durch den Winterregen waren auch im Süden die Straßen schlecht«, fuhr sie fort. »Keine Boten kamen durch. Und für Neuigkeiten von den Schiffen her liegt Berat zu weit vom Meer entfernt.«
    »Aber deine Gabe ...?«
    »Die wollte ich nicht benutzen, um Kontakt aufzunehmen. Ich ... ich war beschäftigt«, gab sie zu und wurde verlegen bei dem Gedanken an Liam. »Was für einen Unterschied hätte es denn gemacht? Im April waren wir schon in Sarain. Dort hätte uns sowieso kein Bote gefunden.«
    »Das, wovon ich spreche, geschah vorher«, sagte Raoul mit gepresster Stimme. »Erinnerst du dich noch an das Fest der Toten? Georg sagte uns, damals seist du mit ihm in Caynnhafen gewesen. Und dein Bruder Thom machte Experimente  – zumindest behauptete er das.«
    »Er hat sich meine Gabe geborgt.« Alanna rutschte das Herz in die Hose. Raoul hatte schlechte Nachrichten, das war klar, und sie war nicht sicher, ob sie was davon hören wollte.
    »Wir hatten keine Ahnung«, sagte Raoul unvermittelt. »Er hat es bis Ende Februar geheim gehalten. Das hat der Königin vermutlich den Rest gegeben ... Erinnerst du dich noch an Delia von Eldorn?«
    »Raoul, jetzt aber raus mit der Sprache. Bitte! « Er schien sie nicht zu hören.
    »Seit deiner Abreise war sie hinter Thom her. Sie lag ihm in den Ohren, die wirklich mächtigen Zauberer könnten Tote
wieder zum Leben erwecken. Sie packte ihn damit bei seiner Eitelkeit – tut mir leid, Alanna, aber du weißt ja, wie eitel er ist.
    Schließlich ist Thom durchgedreht. Er war bei einem Ball am Hof; wir alle hörten ihn. Er sagte ihr, er könne alles zustande bringen ...«
    Alanna wurde schwindlig.
    »Roger. Er holte Roger zurück.«

5
In der Hauptstadt von Tortall

    Als im März Königin Lianne gestorben war, versank Tortall in Trauer. Jetzt, nach dem plötzlichen Tod des Königs, legte sich ein Gefühl von ungläubigem Entsetzen über das Land. Beide innerhalb so kurzer Zeit zu verlieren erschien den Menschen wie die Tat eines zornigen Gottes.
    »Der Dunkelgott rächt sich an uns«, murrten sie. »Es missfällt ihm, dass der Lord von Trebond den Herzog aus dem Grab zurückgeholt hat. Man kann den Göttern nicht ins Handwerk pfuschen, ohne dass sie ihren Tribut fordern.« Die Gerüchte verbreiteten sich und die Leute begannen sich zuzuflüstern, Jonathans Regentschaft sei verflucht.
    »Als hätte ich nicht auch so schon genug Probleme«, sagte Jonathan zu seinem stellvertretenden Premierminister, Sir Gareth (dem Jüngeren) von Naxen.
    Gary sah von den Dokumenten auf, die er gerade studierte. Er schaute Jonathan bekümmert an. Sein Vetter sah erschöpft aus. »Führst du mal wieder Selbstgespräche?« So wie er es sagte, klang es wie ein Scherz.
    »Die Gerüchte«, erklärte Jonathan.
    »Sie werden verstummen, vor allem deshalb, weil es keine Beweise gibt. Wenn die Götter zornig sind, warum sollten
sie sich den König und die Königin als Opfer aussuchen? Warum nicht Meister Thom? Wenn sie wollen, melde ich mich freiwillig und übernehme die Rache für sie. Eine ordentliche Tracht Prügel täte ihm vielleicht ganz gut – er regt mich auf.«
    »Findest du, dass er krank aussieht?«, fragte Jon unvermittelt. »Thom, meine ich.«
    Gary legte seine Papiere weg. »Wenn es nicht sein muss, komme ich unserem kühnen Zauberer nicht so nah, dass ich erkennen könnte, wie er aussieht. Inzwischen hält er seine Zunge überhaupt nicht mehr im Zaum. Warum fragst du?«
    »Georg hat mich neulich mal darauf aufmerksam gemacht. Thom scheint wirklich dünn geworden zu sein.«
    »Vermutlich kriegt er keinen Schlaf, weil er unentwegt auf der Suche ist nach irgendwelchen alten Zaubersprüchen. Jon, ich brauche hier deine

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