Alanna - Das Lied der Loewin
aschfahlem Gesicht zurück. »Aber mir wär’s lieber gewesen, wenn du diesen Kralle eigenhändig abgestochen hättest, anstatt ihn entwischen zu lassen.«
Der in Hellgrün und Cremeweiß gehaltene Salon stand der Brünetten mit den smaragdgrünen Augen, die auf dem Sofa lag, ausgezeichnet zu Gesicht, der blonden Frau daneben schon weniger. Ein dunkelhaariger Edler saß lässig in einem Sessel. Nur Hirten – der Vierte, ein Mann mit ramponierter Kleidung und verwüstetem Gesicht, passte nicht hierher. Er stand vor der kalten Feuerstelle und hatte die Hände in die Taschen gestopft.
»Wir begingen einen Irrtum, als wir dich mitmachen ließen, Ralon«, sagte Delia von Eldorn kalt. »Letzten Herbst sagtest du, es könne höchstens ein paar Wochen dauern, bis du der Schurkenkönig seist. Du bist es immer noch nicht . Du
sagtest, wir sollten es dir überlassen, dass ein gewisser Prinz getötet wird. Nun hat der Oberste Richter deine Leute verhaftet, die sich um die Angelegenheit kümmern sollten, und Jonathan kennt die Gefahr, in der er schwebt.«
»Ich wurde verraten!« Ralon von Malven war starr vor Wut. »Keiner konnte ahnen, dass dieser Cooper ...«
»Ich bin noch nicht fertig!«, fauchte Delia. »Erklär mir mal das da!«
Sie streckte ihm ein Pergament hin.
Auf der Zeichnung war Ralon deutlich zu erkennen. Darunter stand:
GESUCHT
WEGEN VERRATS AN DER KRONE TORTALLS:
KRALLE; GEBÜRTIGER RALON VON MALVEN
EINTAUSEND GOLDNOBEL BELOHNUNG
DER OBERSTE RICHTER
Eine genaue Beschreibung folgte. »Woher wissen die meinen Namen?«, flüsterte Ralon entsetzt.
»Das ist nebensächlich«, sagte Prinzessin Josiane.
»Du bist nutzlos für uns«, fügte Alex von Tirragen hinzu. »Mehr als nutzlos – du bist eine Gefahr.«
»Nein!«, schrie Kralle. »Ihr braucht mich ...«
Krachend flog die Tür auf. Alex sprang auf und zog sein Schwert; Kralle hatte plötzlich zwei scharfe Messer in den Händen. Gefolgt von einem verängstigten Wachtposten kam Roger von Conté hereingeplatzt. »Mylady, ich konnte ihn nicht aufhalten, den nicht ...«, stammelte der Mann.
»Geh zurück auf deinen Posten«, befahl Delia. Er gehorchte. Delia, die früher einmal Rogers Geliebte gewesen war,
erhob sich nun, um vor dem Herzog zu knicksen. »Roger, das ist aber eine angenehme Überraschung ...«
»Ich wollte keine eigenhändigen Unternehmungen von eurer Seite.« Alle starrten ihn an. Als sie sahen, dass er vor Wut außer sich war, bekamen sie plötzlich Angst. »Meint ihr vielleicht, ihr hättet mir geholfen? Der zukünftige König behält mich nun im Auge und der Oberste Richter verdächtigt mich. Und dieses Vergnügen verdanke ich euch vieren! « Delia sank elegant mit sich bauschenden Röcken auf die Knie, griff hinauf und berührte seine Hand. »Vergib uns unseren Enthusiasmus, mein Lieber«, sagte sie leise. »Wir hatten vor, dir den Thron zu verschaffen, der dir von Rechts wegen zusteht ...«
»Genug.« Er zerrte sie auf die Beine. »Früher träumtest du davon, meine Gemahlin zu werden. Falls du nicht willst, dass du die Gemahlin eines Schlangenzüchters aus Carthak wirst, empfehle ich dir meine Befehle abzuwarten.« Er stieß sie zu Alex hinüber und wandte sich zu Josiane. »Josiane von den Kupferinseln – ich kenne dich erst seit meiner Rückkehr aus dem Grab, aber ich verstehe dich gut. Jonathan hat dir zunächst den Hof gemacht, um Alanna von Trebond zu ärgern. Trotzdem hättest du ihn mit etwas Beherrschung deinerseits möglicherweise behalten können. Jetzt willst du ihn bestrafen, deshalb mischst du dich in Dinge ein, die dich nichts angehen. Aber ich bin nicht deine Marionette . Halt dich aus meinen Angelegenheiten raus. Wenn du bei dieser Sache mitmachen willst, dann warte auf meine Befehle – entweder hier oder auf dem Grund des Flusses. Komm mir nicht noch einmal in die Quere!«
Nun wandte er sich dem Dieb zu. »Und du, Ralon von Malven. Der jetzige Schurkenkönig wiegt zwanzig von deiner
Sorte auf. Du hast nicht gut gewählt, Delia, was deine Werkzeuge betrifft. Er wird dich verraten, sobald er mit den Dieben fertig ist.«
Als er sich zu Alex drehte, verwandelte sich die Wut, die in seinen saphirblauen Augen lag, in Verblüffung. »Du überraschst mich, mein ehemaliger Knappe.«
»Ich hab ihnen gesagt, sie sollten nichts unternehmen«, sagte Alex schulterzuckend. »Ich erklärte, Ihr hättet andere Pläne. Sie dachten, man könnte die Angelegenheit beschleunigen. Ehrlich gesagt, hielt ich es nicht für
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