Alanna - Das Lied der Loewin
wichtig genug, um Euch damit zu belästigen.«
Roger lächelte mit grimmiger Miene. »Im Grunde hast du recht. Das Problem mit ehrgeizigen Verschwörungen ist nur, dass Leute, die nichts damit zu tun haben, davon erfahren – so wie dieses Mal auch. Derjenige oder diejenigen erzählten Jonathan, was sie wussten, und der informierte den Obersten Richter. Aber du – ich weiß, dass du kein Verschwörer bist und dass du nicht ehrgeizig bist, weiß ich auch. Was erhoffst du dir von dieser Sache?«
Alex sah ihm lange in die Augen. Dann lächelte er ein wenig und verbeugte sich. Er wusste, Roger würde erraten, was er erwartete, wenn Jonathan der Thron streitig gemacht würde. Roger strich sich über den Bart. »Wir werden sehen. Vielleicht ... Du hast dich nicht verändert. Was euch andere betrifft«, sagte er und sah sie an, »keine weiteren Komplotte. Keine bezahlten Mörder. Stehlt nichts für mich, bestecht keine Bediensteten für mich. Meine Pläne sind meine Sache, und ihr werdet auf meine Anweisungen warten. Ich warne euch nur dieses eine einzige Mal.«
Als er eine Hand hob, sammelte sich langsam blutrotes Feuer in der Innenfläche an. Mit einer wilden Bewegung
schleuderte er es in Richtung eines kleinen Tischs, der daraufhin zu brennenden Holzsplittern und geschmolzenen Messing- und Porzellanstücken explodierte.
In der Stille, die nun folgte, flüsterte der Herzog: »Ich kann euch nur raten, mir zu gehorchen.« Damit drehte er sich um und ging hinaus.
Delia war grau im Gesicht. »Früher war seine Zaubergabe doch hellorange ...?«
Alex nahm sein Taschentuch und hob eine Glasscherbe auf, die langsam kühler wurde. Er besah sie von allen Seiten und begann zu lächeln.
6
Die Heimkehr
Die Reisenden machten sich gleich nach ihrer Landung in Caynnhafen auf den Weg, denn sie hatten es eilig, ihr Ziel zu erreichen. Wenn sie langsam ritten, um sich nach einer Pause von mehreren Wochen wieder an den Sattel zu gewöhnen, würden sie vor Anbruch der Nacht in Corus sein. Kurz nach zwölf Uhr mittags machten sie an einer Schenke Halt, wo die Knappen auf dem Weg nach Caynnhafen oft gerastet hatten, wie sich Alanna und Raoul erinnerten. Das Essen war gut, es war ein ruhiger Ort, und so schien eine Ruhepause angebracht. Buri und Thayet schliefen ein wenig; die Männer spielten Schach. Alanna nahm ihren Trusty, setzte sich mit ihm unter einen Baum im Hof, kraulte ihn an den Ohren und genoss die Sonne. Sie war im Begriff einzuschlafen, als sie hörte, wie sich ein Reiter näherte.
Da hat es einer eilig, bemerkte Trusty schläfrig. Alanna nickte, ohne die Augen zu öffnen. Das Zirpen der Sommergrillen klang tröstlich, nachdem sie so lange nur Wellen und Möwen gehört hatte. Nie mehr würde sie ein Schiff besteigen!
Sie blinzelte erst neugierig durch ihre Wimpern, als der Reiter den Hof betrat. Dann sprang sie mit einem Schrei auf und ließ Trusty zu Boden plumpsen. »Georg!«
Der Dieb strahlte, griff nach ihr und umklammerte sie mit seinen muskulösen Armen. Sie wurde hochgehoben, herumgewirbelt und abgeküsst. Alanna sah in die blitzenden, haselnussbraunen Augen. »Woher wusstest du, dass wir hier sind?«, fragte sie mit feuchten Augen.
»Hör auf zu weinen, Kleine«, flüsterte er. »Brieftauben, weißt du noch? – Du bist dünn. Hast du nicht gegessen, meine Heldin?«
»Ich war seekrank«, sagte sie lachend. »Es war die einzige Möglichkeit, rechtzeitig heimzukommen. Und du? Geht es dir gut? Du siehst erschöpft aus.«
Georg küsste sie wieder und nahm sich Zeit, sie davon zu überzeugen, dass mit seiner Gesundheit alles stimmte. Als er sie wieder losließ, lag etwas Verschmitztes in seinem Blick. »Jetzt kann mich dein Drache umbringen – ich werde glücklich sterben.«
»Du weißt also von Liam?«
Er lachte. »Süße, jedermann weiß, dass die Löwin mit dem Drachen Sarain durchstreifte. Ich hab diese Woche zwei Lieder über euch gehört.«
»Hast du schon ihre Finger gezählt, Cooper?« Liam näherte sich. Seine Augen hatten die Farbe eines fahlen Kristalls.
Georg lächelte. »Drache, ich hab nie daran gezweifelt, dass du gut für sie sorgen wirst.« Er streckte die Hand aus, ließ aber Alanna nicht los. »Ich nehme an, du bist daran gewöhnt, dass man Lieder über dich singt.«
Liams Augen verdunkelten sich zu einem Blaugrau, dann schüttelte er lächelnd die dargebotene Hand. »Ich garantiere dir, dass es noch mehr geben wird, worüber sie singen können.«
Georg starrte mit großen Augen an
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