Alanna - Das Lied der Loewin
Ich hoffe, Eurer Majestät treue Untertanin zu werden.« Anmutig senkte sie den Kopf.
Alanna musste wehmütig seufzen. Mit Thayets Sicherheit, was damenhaftes höfisches Benehmen betraf, würde sie es nie aufnehmen können. Thayet warf ihr einen Blick zu. Was der Seufzer zu bedeuten hatte, wusste sie, und das gesetzte Benehmen, das sie sowieso nur mit Mühe aufrechthielt, fiel von ihr ab.
Sie begann zu kichern, dann zu lachen. Eine vierte Tasse wurde eingegossen, und Thayet setzte sich neben Jon.
Am nächsten Morgen trafen sich Alanna und Liam zu ihrem frühmorgendlichen Unterricht. Kurz nachdem sie angefangen hatten, gesellten sich auch Buri und Thayet dazu. Sie schliefen noch halb. Schweigend und hart arbeiteten sie eine Stunde lang, bevor sie sich für den Tag trennten. Alanna nahm ein Bad und entschloss sich, das Frühstück ausfallen zu lassen. Sie war zu nervös, um zu schlafen oder zu essen. Trotz der kurzen Nacht und der Aufregung des vorhergehenden Tags war sie hellwach und bereit etwas zu tun, woran sie schon seit Wochen dachte.
Herzog Roger stand auf der Mauer, die das Stadttor überragte, als sie auf einen der vielen Palasthöfe ritt. Alanna starrte eine lange Weile zu ihm empor, dann sah sie zu den vier Bazhir, die sie bis hierher begleitet hatten. Wie weit würde ihr Schutz, um den sie gar nicht gebeten hatte, wohl reichen?
Ihr Anführer, der ihren Blick richtig deutete, verbeugte sich. »Wir erwarten dich hier, Frau, die wie ein Mann reitet.« Er sah zu Roger hinauf und fügte hinzu: »Solange wir dich deutlich sehen können.«
Sie nickte. Ihre Stute überließ sie den Pferdeknechten, Trusty setzte sie sich auf ihre Schulter. Dann stieg sie die Treppe hinauf auf die Mauer.
Roger lehnte an den Zinnen und wartete. Zu ihrer Überraschung sah Alanna, dass sein Haar zu lang war und seine Kleidung Essensflecke hatte – früher war er eitel gewesen, was sein Aussehen betraf. Sie holte tief Luft und setzte ihren Kater ab. »Benimm dich«, befahl sie ihm streng. Sie trat bis auf Waffenlänge vor Roger, dort blieb sie stehen. Der Kater, der vor nur mühsam bezähmtem Hass wild mit dem Schwanz zuckte, kauerte zu ihren Füßen.
»So«, sagte Roger. Seine leise Stimme klang, als versprühe sie Gift. »Du hast überlebt. Eine Schande.«
Alanna musste lächeln vor Erleichterung. Sie brauchte also nicht so zu tun, als sei alles in Ordnung und als möge sie diesen Mann. Der offene Krieg war erklärt. »Sei gegrüßt, Roger. Du bist blass. Kommst du nicht oft genug hinaus in die Sonne?«
Seine Augen, die heller waren als die Jons, wurden schmal. »Ganz schön frech bist du, was? Hast du in letzter Zeit jemanden umgebracht?«
»Nein. Und es ist so deprimierend, wenn man zurückkommt und feststellen muss, dass das, was man getan hat, rückgängig gemacht wurde.« Ihre Nerven vibrierten, als befände sie sich in einem Zweikampf.
Er verzog die Lippen zu einem grausamen Lächeln. »Du weißt ja, wem du das zu verdanken hast.«
Alanna zuckte die Achseln. »Weiß ich. Verrat mir was, ja? Du hattest vor, die Königin umzubringen? Und den König und Jon?«
Roger strich über seinen Bart. »Ja – falls du von der Zeit
sprichst, bevor du mich tötetest. Du hattest Zweifel daran? Und dann hast du dir wohl eingeredet, ein Gerichtsverfahren hätte dich von jeglicher Mitschuld an meinem Tod losgesprochen?« Sie zuckte zusammen und sah beiseite. »Du bist nicht losgesprochen. Wenn es dich nicht gäbe, wäre ich König – so waren meine Pläne. Jetzt sieht die Sache natürlich anders aus. Ich hatte nichts zu tun mit ihrem Tod. Ich habe versprochen, mich zu benehmen. Nicht, dass ich mich danebenbenehmen könnte – da ja meine Gabe nicht mitkam, als ich zu den Lebenden zurückkehrte.« Er setzte ein gefährliches Lächeln auf. »Sie hält mir mein Grab warm, bis ich wiederkomme.« Alanna schüttelte es. »Willst du dich nicht davon überzeugen, dass meine Krallen eingezogen sind? Benutze dein Andenken.« Er deutete auf den Glutstein. »Ich weiß alles darüber. Von Thom.«
Alanna gefiel nicht, dass Thom es für richtig befunden hatte, Roger davon zu erzählen. Trotzdem berührte sie den Stein und sah nur Roger, nicht einmal ein Glimmen von orangerotem Feuer. Unruhig ließ sie ihn wieder los. »Trotzdem bist du ein gefährlicher Mann, Roger. Deine Zaubergabe hat dir die Dinge nur leichter gemacht.«
Er packte sie am Handgelenk und suchte in ihren Augen. »Du hast dich verändert, Knappe Alan. Du bist jetzt ganz
Weitere Kostenlose Bücher