Alanna - Das Lied der Loewin
Schwertfechtens lernen.« Alanna schluckte vor Schreck – Herzog Gareth machte sie regelmäßig nervös. »Nein, schau mich nicht so an. Alan – ich vergeude meine Zeit nicht mit Anfängern. Ich habe sowieso schon zu wenig Zeit für die vielversprechenden unter euch Schülern. Hauptmann Sklaw und Wachmann Smythesson werden euch unterweisen. Ihr werdet lernen ein Schwert zu schmieden, es zu ziehen und es zu halten. In den nächsten paar Monaten werdet ihr mit dem Schwert an eurer Seite essen, schlafen und lernen. Wenn ihr es jemals ablegt, bekommt ihr zur Strafe eine Nachtwache in der Sonnenkapelle auferlegt. Schwertkampf ist etwas ganz anderes als Ringen
oder Lanzenfechten. Einen Ringkampf werdet ihr als Ritter unter Umständen euer ganzes Leben lang nicht führen. Ihr könnt aber jederzeit eine Wette eingehen, dass ihr euch selbst – oder einen anderen – zumindest einmal mit dem Schwert verteidigen müsst, bevor ihr sterbt. Sofern einer von euch dem Wachmann oder dem Hauptmann Grund zur Klage gibt, wird er sich vor mir zu verantworten haben. Ich weiß, wie gut euch unsere kleinen Unterhaltungen gefallen.« Der Herzog nickte den Männern zu. »Meine Herren, sie gehören euch.« Und damit verließ er den Raum.
Sklaw blickte sie an und schnaubte. »Bevor ihr vielversprechend aussehende Kerle eine Klinge anrührt, werdet ihr eine herstellen. Wachmann Smythesson wird es euch zeigen. Ich überlasse sie dir«, erklärte er Coram und ging hinter dem Herzog her hinaus.
Coram seufzte mit grimmiger Miene. »Na gut, Jungs – gehen wir also zur Schmiede.«
Das war der Beginn eines langen, harten Winters. Nachdem die Übungsschwerter zu Corams Zufriedenheit ausgefallen waren, übernahm Sklaw den Unterricht. Er brachte ihnen die Stellungen und die Ausfälle bei, die beim Fechten eine so wichtige Rolle spielen. Er lehrte sie, wie man ein Schwert geschwind aus der Scheide zog – was viel einfacher aussah, als es in Wirklichkeit war. Sklaw trieb sich unentwegt in ihrer Nähe herum und kritisierte, murrte und schimpfte. Die Jungs gewöhnten sich daran, alles mit angelegtem Übungsschwert zu erledigen, denn man wusste nie, wann Sklaw auftauchte. Nur wenn man in seinem eigenen Zimmer war und ein Bad nahm, konnte man das Schwert gefahrlos ablegen – und selbst dann musste man die Tür verriegeln. Alanna vergaß es nie.
Vielleicht deshalb, weil sie die Kleinste in der Gruppe war, ließ ihr Sklaw eine Sonderbehandlung zukommen. Sie machte nichts richtig, ja nicht einmal besser als beim letzten Mal. Sie war ungeschickt; sie war faul; sie übte nicht, denn wo waren ihre Muskeln? Sie war ein Winzling; man hatte sie bei der Geburt auf den Kopf fallen lassen; sie würde nie ein ordentlicher Ritter werden, höchstens ein »Lord«, der nur dazu taugte, zu Hause zu hocken und Gedichte zu schreiben. Alanna ließ sich beschimpfen, übte verbissen weiter und bemühte sich, nicht auf das Gerede des alten Mistkerls zu hören.
»Wie könnt Ihr von mir erwarten, dass ich Selbstvertrauen habe, wenn Ihr mir laufend predigt, wie schlecht ich bin?«, brüllte sie ihn einmal an.
Sklaw grinste humorlos. »Nun, Bürschchen, wenn du dir von einem alten Haudegen wie mir das Selbstvertrauen nehmen lässt, dann kannst du von Anfang an nicht viel gehabt haben.«
Von da an biss sich Alanna lieber auf die Lippen, anstatt ihm zu antworten. Der Frühling kam und eines Tages tauchte Herzog Gareth im Unterricht auf.
»Heute versuchen wir etwas Neues, Jungs«, knurrte der Wachhauptmann, als Herzog von Naxen Platz nahm. Er warf Geoffrey und Douglass gepolsterte Übungsrüstungen zu. »Meron. Veldine. Lasst sehen, ob ihr das, was ihr gelernt habt, auch in der Bewegung beherrscht.«
Die beiden Jungs zogen die Stoffrüstungen an und stellten sich in der Abwehrstellung auf. »Fangt an!«, bellte Sklaw.
Nach ein paar Augenblicken schloss Alanna die Augen. Sie hatte Herzog Gareth zugeschaut, wie er mit Alex, dem besten Schwertkämpfer unter den Knappen, gefochten hatte.
Das hier war eine Verhöhnung dessen, was sie damals gesehen hatte. Geoffrey torkelte vorwärts und schwenkte sein Schwert auf Douglass zu. Douglass versuchte hastig den Schlag abzuwehren, stolperte zurück, taumelte wieder vorwärts und probierte einen Gegenhieb. Nach einer Weile befahl ihnen Herzog Gareth aufzuhören. Er und Sklaw gingen gemeinsam den Kampf durch und zeigten den beiden Jungs, wie sie ihre Fußstellung verbessern, wie sie sich flinker und ohne zu stolpern bewegen und wie
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