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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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dem Stiefel. »Ich dachte, du hättest es geahnt. Du hast doch die Gabe.«
    »Und deine Gabe dient dir als Schutzschild. Alan, falls das ein Scherz sein soll, hast du dir ’nen schlechten Zeitpunkt dafür ausgesucht.«
    Sie funkelte ihn wütend an. »Soll ich mich ausziehen?«
    »Beim großen Mithros – nein. Dreh dich um, während ich mich ankleide.«
    Sie gehorchte, doch dabei sagte sie: »Das ist doch albern. Ich hab dich schon öfters nackt gesehen.«
    Georg suchte nach seiner Hose. »Jetzt ist es aber was anderes. Na gut – dreh dich wieder um. Warum musst du zu ’ner Heilerin?«
    Alanna sah ihn flehentlich an. »Frag mich nicht. Bitte.«
    Er verzog das Gesicht. »Na schön. Komm mit.« Dann drängte er sie hastig die Hintertreppe hinunter und auf die Straße hinaus. »Ich kenne genau die richtige Frau für dich. Bevor sie heiratete, war sie Priesterin im Tempel der Mutter hier in der Stadt. Dort wurde sie unterrichtet. Es ist meine eigene Mutter, und sie verrät kein Wort, selbst wenn man ihr die Kiefer bricht.« Er entdeckte Alannas Stute, die geduldig wartete. »Du bist klein genug – Moonlight wird uns alle beide
tragen.« Er schwang sich hinter Alanna in den Sattel. »Wir reiten zur Straße der Weiden.«
    Alanna nickte und drängte ihr Pferd vorwärts. Georgs Wärme an ihrem Rücken war eigenartig tröstlich.
    »Was ist denn los?«, fragte er noch einmal.
    »Wenn ich das wüsste, hätte ich keine solche Angst«, fauchte sie.
    »Das ist wahr – so aufgeregt habe ich dich noch nie erlebt«, meinte er nachdenklich. »Wir müssen uns unterhalten, wir beide.« Sie bogen in eine kleine Straße, die von mit Mauern umgebenen Häusern gesäumt war. Georg stieg ab und öffnete ein Tor, auf dem das Zeichen der Heiler – ein hölzerner Becher, umgeben von einem roten und einem braunen Kreis – angebracht war. »Wie heißt du denn dann?«
    Sie zögerte. »Wenn ich es dir sage, dann denkst du vielleicht nicht dran und es rutscht dir später mal heraus.«
    »Mir doch nicht, Kleine.« Er bedeutete Alanna in den Hof zu reiten und schloss dann die Tür ab. »Mir rutscht nichts heraus.«
    Sie stieg ab. Moonlight schubste sie liebevoll mit dem Kopf. »Ich heiße Alanna«, flüsterte sie.
    Georgs Mutter kam zur Haustür. Sie war eine große Frau. Sie hatte die strahlenden, haselnussbraunen Augen ihres Sohnes, und etwas Respekteinflößendes umgab sie. Nur eine einzige weiße Strähne in ihrem kastanienbraunen Haar zeigte, dass sie schon etwas über der Lebensmitte sein musste.
    »Eine Patientin für dich, Mutter«, verkündete der Dieb. »Ich bringe die Stute in den Stall.«
    Frau Cooper führte Alanna in ein kleines, ordentliches Zimmer. Die verschiedensten Heilpflanzen hingen von den
Deckenbalken und verliehen dem Raum einen wohlriechenden Duft. In der Mitte stand ein kleiner Holztisch mit einer sauberen Decke darauf.
    »Setz dich hierher«, befahl Frau Cooper. »So. Was fehlt dir?«
    Rasch erklärte Alanna, dass sie kein Junge, sondern ein Mädchen und Page im Palast war. Frau Cooper zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Alanna atmete tief ein und fügte hinzu: »Ich ... ich blute.«
    »Du blutest?«, war die ruhige Antwort. »Wo?«
    Verlegen deutete Alanna auf die Stelle. Georgs Mutter begann zu lächeln. »Ist dir das schon einmal passiert?« Alanna schüttelte den Kopf. »Hast du dich da verletzt? Nein? Wann hat es angefangen? Heute früh? Hast du Schmerzen?«
    Alanna war zu beschämt, um zu reden, und so schüttelte sie nur den Kopf oder nickte, je nachdem, was Frau Cooper sie fragte. Es kamen noch weitere Fragen, die so persönlich waren, dass sie sich am liebsten in ein Mäuseloch verkrochen hätte. Als Frau Cooper zu lachen begann, wurde sie noch verlegener.
    »Arme Kleine«, gluckste die Frau. »Hat dir noch nie jemand etwas über den Monatszyklus einer Frau erzählt? Über den Fruchtbarkeitszyklus?«
    Alanna starrte sie an. Irgendwann einmal hatte Maude tatsächlich etwas Derartiges erwähnt.
    »Das ist es? Es ist also normal?«
    Die Frau nickte. »Wir alle haben es. Wir können erst Kinder kriegen, wenn es angefangen hat.«
    »Wie lange muss ich mich damit herumschlagen?«, fragte Alanna und knirschte mit den Zähnen.
    »Bis du zu alt bist zum Kinderkriegen. Es ist so normal wie
der Vollmond und es kommt ebenso oft. Du tust also gut daran, dich daran zu gewöhnen.«
    »Nein!«, rief Alanna und sprang auf die Beine. »Das lasse ich nicht zu!«
    Frau Cooper zog noch einmal die Augenbrauen hoch.

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