Alanna - Das Lied der Loewin
Aber als ich aufhörte dagegen anzukämpfen...«
»Als du es angenommen hast ...«
»Willst du wohl aufhören, auf dem Wort ›annehmen‹ herumzureiten, Georg? Wie auch immer – da trat der Kristall in Aktion. Und bisher ist es mir nicht gelungen, ihn wieder zum Leben zu erwecken.«
»Aha. Jedenfalls bin ich froh, dass du davongekommen bist – und noch froher bin ich, dass du Blitz umgeschnallt trägst.« Georg nickte in Richtung des Schwerts. »Ein Zauberschwert – ob du nun die Zauberkraft erwecken kannst oder nicht – mag dir eines Tages gute Dienste leisten.«
Noch jemand fiel auf, dass mehr in Blitz steckte, als es den Anschein hatte. Als Alanna zum ersten Mal nach ihrer Rückkehr aus Olau zu ihrem Unterricht in Magie kam, lächelte Herzog Roger sie an. »Ich hörte, dass du ein neues Schwert hast, Alan. Darf ich es mir ansehen?« Alanna zögerte. Sie wollte Herzog Roger ihr Schwert nicht geben und dabei hatte sie nicht den geringsten Grund so zu empfinden. Widerwillig löste sie die Scheide von ihrem Gürtel. Sie konnte spüren, wie Jonathan sie misstrauisch beobachtete und sich fragte, warum sie so lange brauchte.
»Das Schwert lag bei Sir Myles herum«, sagte sie. »Ich glaube nicht...«
»Ich habe mich schon mein ganzes Leben mit der Kunst
des Schwertschmiedens befasst«, erklärte ihr Roger. Er streckte die Hand aus. »Lass mich sehen!«
Alanna übergab es ihm. Sie hasste ihn in diesem Augenblick mehr, als sie jemals irgendjemanden gehasst hatte. Schnell versuchte sie, dieses Gefühl zu unterdrücken.
Roger erstarrte, und seine Augen wurden groß. Er wurde bleich, und die Knöchel der Hand, mit der er Blitz hielt, wurden weiß. Plötzlich verfärbte sich die Luft um ihn herum zu einem dunklen schimmernden Blau. Instinktiv trat Alanna vor, um ihm ihr Schwert zu entreißen, doch die Farbe verschwand so rasch, wie sie aufgetaucht war, als der Herzog das Schwert sorgsam auf den Tisch zurücklegte.
»Wie kommst du zu diesem Schwert?« Er blickte sie streng an. »Sag! Woher hast du es?«
Alanna wurde rot und reckte das Kinn vor. »Ich habe es von Sir Myles«, entgegnete sie und bemühte sich, nicht die Beherrschung zu verlieren. »Ich war letzte Woche bei ihm und er hat es mir gegeben.«
»Er ... er hat es dir gegeben. Einfach so.«
»Es hing in seiner Waffenkammer, Herr.« Alanna spürte, wie sie vor Zorn die Schultern anspannte. »Keiner benutzte es, und er wusste, dass ich kein eigenes Schwert besitze.« Sie griff hinüber und nahm Blitz an sich. »Erlaubt, Euer Gnaden.« Sie befestigte das Schwert an ihrem Gürtel und versuchte, Zeit herauszuschinden, um ihre Wut in den Griff zu bekommen.
»Aha. Bist du sicher, dass es sich so abgespielt hat? Du verschweigst mir nicht eine unbedeutende Kleinigkeit? Etwas, wovon du annimmst, es könne mich nicht interessieren?« Rogers Stimme zitterte vor – wovor? Vor Zorn? Vor Ungeduld? Vor Angst? Alanna war nicht sicher. Der Herzog
bemerkte, dass seine Schüler ihn anstaunten, weil ihm seine sonst so gelassene Anmut abhandengekommen war, und er versuchte zu lächeln. »Entschuldige, wenn ich dich bedränge, Alan. Wusstest du, dass diese Klinge Zauberkraft besitzt?«
Alanna sah ihn mit großen, sanften Augen unschuldig an. Jonathan erkannte diesen Ausdruck, den Alan immer dann aufsetzte, wenn er kurz davor war, die unverschämtesten Lügen von sich zu geben. Jon war klar, dass Blitz etwas an sich hatte, was seinen Vetter Roger so erschütterte, dass das Lächeln, das für gewöhnlich auf seinem Gesicht lag, erstarb. Jon hatte auch begriffen, dass Alan nicht die Wahrheit sagen wollte, was das Schwert betraf. Denk dir was Einfaches aus!, war der Gedanke, den der Prinz seinem rothaarigen Freund sandte. Wenn deine Lüge zu ausgefallen ist, kommt er dir auf die Schliche!
Jonathan hätte sich nicht zu sorgen brauchen. »Es hat Zauberkraft, Euer Gnaden?«, fragte Alanna. »Mir gefiel lediglich, wie es in meiner Hand liegt. Es ist leichter als die meisten Schwerter, aber ...«
»In deinem Schwert liegt Zauberkraft, Alan«, unterbrach der Herzog sie ungeduldig. Alanna unterdrückte ein zufriedenes Lächeln. Roger glaubte ihr! »Es ist alte Zauberkraft – vermutlich wesentlich älter als alles, was dir bisher begegnet ist. Das würde erklären, warum du nicht sofort entdeckt hast, dass das Schwert ungewöhnlich ist. Kannst du den Kristall zum Leuchten bringen? Nein, sieh mich nicht an, als wäre ich verrückt geworden. Versuche, den Kristall zum Leuchten
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