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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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zu bringen!«
    Alanna tat so, als versuche sie es. Sie benutzte ihre Gabe dazu, sich Schweißtropfen aufs Gesicht zu treiben und die
Luft um sich herum schwach violett zu färben. Eher wollte sie zu Fuß nach Trebond und wieder zurücklaufen, bevor sie wirklich und wahrhaftig versuchte, den Stein für Herzog Roger zum Leuchten zu bringen! Sowieso war es ihr bisher nie gelungen. Dieses Mal würde es nicht anders sein.
    »Nun gut«, sagte Roger schließlich. »Hör auf. Das erschöpft dich nur. Der Zauber, der die Kräfte des Kristalls – und die des Schwertes – freisetzt, ist uns für immer verloren.« Zumindest das klang ehrlich, ebenso wie die Enttäuschung, die in der Stimme des Zauberers lag. »Eine Schande. Weiß Sir Myles, wie alt das Schwert ist? Oder dass es Zauberkraft in sich birgt?«
    »Keine Ahnung«, sagte Alanna. »Möglicherweise – er hat es in der Nähe der Baronie Olau in einer Ruine gefunden. Er sagte, die Ruinen würden den Alten gehören. Darf ich mich jetzt setzen, Herr?«
    Roger erhob sich. Er drehte seinen juwelenbesetzten Stab zwischen den Fingern. »Natürlich. Ich habe unseren Unterricht sowieso schon zu lange hinausgezögert. Gib Acht auf diese Klinge, Alan, und wenn auch nur deswegen, weil sie sehr alt und sehr wertvoll ist. Ich bin sicher, dass Sir Myles als angesehener Gelehrter den Wert der Waffe kannte, als er sie dir gab. Ein Zeichen der Wertschätzung von einem schätzenswerten Mann.«
    Er starrte einen Augenblick lang in die Ferne, dann blickte er seine Schüler an. »Heute beginnen wir mit dem Studium der Illusion. Bevor ihr die Praxis – also das Erstehenlassen der Illusionen – lernt, müsst ihr erst die Theorie kennen, wie es bewerkstelligt wird, dass Dinge etwas zu sein scheinen, was sie nicht sind.«
    Alanna nahm Platz und sah zu, wie der Herzog von Conté
sich wieder fasste. Er entspannte sich, und die Atmosphäre im Raum entspannte sich ebenfalls. Wieder einmal hingen die Jungs fasziniert an seinen Lippen. Alanna jedoch hörte nicht zu. Stattdessen spielte sie an dem Kristall herum, der im Heft ihres Schwertes eingelassen war, und dachte darüber nach, was eben geschehen war. Der Herzog spürte, dass etwas Machtvolles in ihrem neuen Schwert lag. Zudem hatte er Angst vor dessen Zauberkraft. Das war etwas, was sie sich merken musste.
    Und was noch wichtiger war: Es war nicht so, dass sie den Herzog von Conté nicht mochte. Nein, sie hasste ihn. Sie hasste ihn mit einer solch unbändigen Kraft, von der sie nie gewusst hatte, dass sie sie besaß. Und sie hatte nicht die geringste Ahnung, warum sie ihn hasste.
     
    Es schneite, als Alanna eines Abends nach einer Übungsstunde mit Corams Schwert und einer weiteren Stunde mit Blitz ihren überdachten Übungsraum verließ und dabei auf Stefan stieß.
    »Hab nach dir gesucht«, brummte der Pferdeknecht. Er war nervös, weil er sich im Innern des Palasts befand. »Das lässt Georg schicken.« Er drückte ihr einen Umschlag in die Hand und eilte zurück zu seinen geliebten Pferden.
    Ein Blatt Papier mit Georgs Handschrift darauf war um einen versiegelten Umschlag gefaltet. Alanna eilte in ihr Zimmer und schob den Riegel vor die Tür. Sie setzte sich aufs Bett und las Georgs Zettel:
     
    »Mir scheint, dein Bruder hat dich beim Wort genommen, als du ihn batest, dir seine Briefe über mich zu schicken. Hier ist einer. – G.«
Alanna brach mit zitternden Fingern das Siegel. Bis jetzt hatten die Zwillinge nur vorsichtige Mitteilungen ausgetauscht, da Herzog Gareth die gesamte Post der Pagen in Empfang nahm. Außerdem war Thom ein schlechter Briefeschreiber. Dieser Brief jedoch war anders. Nachdem Georg erfahren hatte, wer hinter Alan steckte, hatte er sich angeboten, Briefe zur Stadt der Götter und von dort aus hierherzuschmuggeln. Das war für die Zwillinge seit fast drei Jahren die erste Gelegenheit für einen offenen Gedankenaustausch.
     
    Lieber Alan, (schrieb Thom)
    ich bin nun in den Mithran-Klöstern. Zumindest muss ich jetzt nicht mehr andauernd diese herumkichernden Mädchen ertragen. Wir mussten unseren Kopf kahl scheren, aber ich nehme an, dass mein Haar wieder wachsen wird, bis ich von hier weggehe. Wir tragen braune Roben. Nur die Eingeweihten tragen Orange.
    Ich bin froh, dass du jemanden Verlässlichen gefunden hast, über die wir unsere Briefe schicken können, auch wenn du dir ordentlich Zeit damit gelassen hast. Aber vermutlich sorgen sie dafür, dass du ständig beschäftigt bist. Wie geht es Coram?

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