Alarm auf Wolke sieben
für das Präsidentenamt kandidieren.“
Sie folgte seinem Blick zu einem grauhaarigen Mann, der sich nickend und Hände schüttelnd in eine Kirchenbank zwängte.
„Er scheint nicht besonders erschüttert über den Tod deines Vaters zu sein.“
Victoria zuckte leicht mit den Schultern. „Ich hab’s dir ja gesagt, Vater hatte nicht viele Freunde.“ Sie dachte einen Moment lang nach. „Um ehrlich zu sein, ich glaube, er hatte gar keine. Er hatte Dutzende von Bekannten, aber mir fällt nicht eine einzige Person ein, die ihm wirklich nahestand.“ War das nicht so ziemlich das Traurigste, was man über einen Verstorbenen sagen konnte?
„Und was machen die ganzen Leute dann hier?“
„Ich denke, sie wollen sich versichern, dass er wirklich tot ist.“ Eine Welle von Schuldgefühlen schwappte bei ihrer ungehörigen Bemerkung über sie hinweg. Andererseits musste sie zugeben, dass es wohl tatsächlich so war.
Er strich ihr mit dem Daumen leicht über die Wange und lächelte. „Ich würde dir ja sagen, du sollst dich benehmen, aber mein alter Herr war deinem ziemlich ähnlich.“
„Wirklich?“ Interessiert wandte sie sich ihm zu. Sie hatten früher nie über ihre Familien gesprochen. Jetzt, wo sie ihm so einiges über ihr Leben erzählt hatte, wollte sie zu gern auch etwas über ihn erfahren. „Er hatte auch keine Freunde?“
„Nein. Soweit ich weiß, hat er noch immer keine.“
„Außer dir?“
Er lachte bitter und zögerte einen Moment. „Er ist Alkoholiker. Einer von der ganz fiesen Sorte.“
Sie fragte sich, wie ein Alkoholiker der ganz fiesen Sorte wohl aussah, aber er wechselte schon wieder das Thema. Er deutete mit dem Kopf noch einmal auf den Mann von vorhin. „Also, wer, sagtest du, ist das noch mal?“
„Ich habe nichts gesagt.“ Das hatte sie ganz vergessen. Schon in Pensacola war Rocket so gewesen. Sobald das Gespräch persönlich wurde, änderte er das Thema. Heute waren seine Methoden allerdings etwas subtiler als damals.
Verdammt, das war doch nicht fair. Wie konnte er sich voller Interesse ihre Lebensgeschichte anhören, ohne etwas von sich selbst preiszugeben? Sie war irritiert, sah sich den Mann aber trotzdem noch einmal genauer an. „Ich glaube, das ist Jim McMurphy.“
Er horchte auf. „Warum kommt der Name mir bekannt vor?
„Ich habe ihn wohl in dem Zusammenhang mit der feindlichen Übernahme erwähnt, die Vater kürzlich noch getätigt hat. Er war der Geschäftsführer.“
„Er war in der Mordnacht im Haus, richtig?“
Sie nickte.
„Stell mich ihm nachher beim Empfang vor.“
„Gut.“
Kurz darauf begann die Trauerfeier. Ein Priester, der Ford Evans Hamilton nicht gekannt hatte, hielt die Andacht. Sie fragte sich, ob ihn eigentlich irgendjemand wirklich gekannt hatte. Die Befürchtung bestätigte sich, als der Priester die Anwesenden aufforderte, nach vorn zu kommen, und über ihre eigenen Erinnerungen an Ford zu berichten. Niemand rührte sich.
Dann stand Dee Dee in der ersten Reihe auf und trippelte, eingeschränkt von ihrem hautengen Rock und ihren hohen Absätzen, zum Pult. Dort angekommen, ergriff sie die Hand des Priesters und betupfte sich mit einem Spitzentaschentuch die Augen unter dem Schleier. Schließlich drehte sie sich um und sah alle einen Augenblick lang schweigend an. Dann seufzte sie theatralisch.
„Dies ist so ein überwältigender Tag“, sagte sie traurig und fasste sich mit einer manikürten Hand dramatisch ans Herz. „Ich kann Ihnen allen gar nicht oft genug für Ihr Kommen danken.“ Das Licht fing sich in dem fünfkarätigen Diamanten ihres Eherings. „Ford konnte schwierig sein, und er wurde oft missverstanden.“ Ein weiterer Seufzer entrang sich ihrer Brust. „Ich glaube, das lag an seiner Leidenschaft für die Welt der Wirtschaft. Er war ein großer Visionär, und er hatte oft keine Zeit, sich um Dinge wie seine Familie, Freunde oder Geschäftspartner zu kümmern.“
Tori setzte sich auf. Das war sehr viel mehr, als sie Dee Dee jemals zugetraut hätte. Sie hatte sie immer für eine hohlköpfige, oberflächliche Frau gehalten. Vielleicht hatte sie ihr unrecht getan. Nur weil Dee Dee die sozialen Kreise liebte, die sie selbst verab…
„Aber er konnte wundervolle Geschenke machen, und keiner organisierte bessere Partys. Und hinter verschlossenen Türen, nun, lassen Sie mich nur sagen – es gab ein paar Dinge, für die er sich Zeit nahm. Oh, ich werde ihn so vermissen!“
Lieber Himmel. Ihre Oberflächlichkeit ließ sich
Weitere Kostenlose Bücher