Alarm im Tunnel Transterra
und was wir als aggressive Absicht zu erkennen glaubten, hat uns wahrscheinlich das Leben gerettet.
Jetzt war der Weg frei. Und mir war es nicht mehr einerlei, was für Wesen den Menschen einen Besuch abstatten wollten, in mir regte sich das Gefühl einer Schuld, die ich schnell abtra-gen wollte. Denn auch ich war in einer schrecklichen Sekunde der Kopflosigkeit bereit gewesen, mit den Waffen des BOXERS zu antworten. Ich schämte mich, auf Spinks’ Niveau herabgesunken zu sein, und stellte ihm eine Frage. „Magister, hätte es Ihnen nicht weh getan, auf vernunftgegabtes Leben schießen zu müssen?“
Spinks sah mich erstaunt an. Immerhin hatte ich ihn direkt angesprochen. Anscheinend hatte er es als Friedensangebot verstanden. Er antwortete leichthin: „Mir nicht. Aber denen da drinnen ganz bestimmt.“ Er zeigte auf den fremden Raumkreuzer, der stumm und reglos unseren Besuch erwartete. Dann wischte er sich das Blut aus dem Gesicht und betastete vorsichtig die verkrustete Wunde auf der Stirn. Sie sah tatsächlich nicht besonders gut aus, eigentlich hätte sie genäht werden müssen. Das war die ausgleichende Gerechtigkeit; dreimal so hart hätte es ihn treffen sollen! Trotzdem half ich ihm, einen Verband anzulegen. Schließlich kann der Körper nichts dafür, daß er einen fragwürdigen Charakter beherbergt.
Wir sollten jedoch noch nicht zur Ruhe kommen. „Kontakt zu BOXER II!“ meldete Bob unvermittelt.
Beinahe hatte ich die Gefa hr, die sich uns im Rücken unaufhaltsam näherte, vergessen gehabt.
Der Schlag, der mich nun durchzuckte, war ungleich stärker als jener, der mich aus dem Sessel schleuderte. Mir war, als hörte ich dicht über meinem Kopf das giftige Zischen einer Viper. Unwillkürlich duckte ich mich.
Spinks handelte schnell und entschlossen. Er drückte mir den Werfer in die Hand und sagte: „Sie wissen, was zu tun ist, Inspektor!“
Der Bildschirm blieb leer, trotzdem sagte Bob: „Sprechen Sie, Sir. Magister Calx, Kommandant von BOXER II, hört.“
Ich schluckte krampfhaft und zwang meiner Stimme einen festen Klang auf, als ich anstelle von Spinks sagte: „Ich weiß nicht, ob Sie mich sehen können, Magister Calx. Wenn nicht, beschreibe ich Ihnen, in welcher Situation sich Kommandant Spinks befindet. Die Mündung meines Handwerfers ist genau auf sein Herz gerichtet. Er und sein Schiff sind in meiner Gewalt…“
Eine schroffe Stimme unterbrach mich: „Ich sehe Sie!“
„Gut, dann erkennen Sie den Ernst der Lage. Ich bin fest entschlossen, der Formation HELIOS das gefahrlose Durchqueren des Tunnels TRANSTERRA zu ermöglichen. Ich kenne Ihren Auftrag. Sie können sicher sein, daß ich schieße, sobald Sie in die Reichweite der Fäuste geraten!“ Und dann ging ich über das, was mit Spinks abgesprochen war, hinaus und setzte hinzu: „Im übrigen ist die Vernichtung des BOXERS sinnlos. Ich habe ihn ausschließlich zu dem Zweck gekapert, die Rettung der Formation HELIOS zu gewährleisten. Ist die Aktion erfolgreich beendet, versichere ich Ihnen, bekommt Spinks das Schiff zurück…“
Wieder unterbrach mich Calx, diesmal mit einem häßlichen, grausamen Lachen. Der Bildschirm flammte auf, und ich sah eine von unzähligen Runzeln eingerahmte Hakennase, unter der ein dünnlippiger, farbloser Mund zu einem bösen Grinsen verzerrt war.
„Ha, erst drohen und dann winseln! Sie sollen wissen, Inspektor Pyron von der Raumsicherheit, daß Sie keine Chance haben und daß ich Ihnen auch keine geben werde! Ihre falschen Versprechungen können Sie steckenlassen. Sie haben gehört, was in ZOARIX los ist, da können wir kein Risiko eingehen.
Der BOXER fällt nicht in die Hände der Rebellen, das verspreche ich – Magister Calx! Und zweitens…“
Mißtrauen gegen alles und jeden scheint ihr oberstes Prinzip zu sein! schoß es mir durch den Kopf. Er reagierte wie Spinks.
„… und zweitens geraten Sie und der BOXER schon weit früher in den Wirkungsbereich meiner Waffen, als Sie glauben!
Tut mir leid für Sie, Spinks; ist jammerschade um so einen fähigen Mann wie Sie. Aber es ist nicht zu ändern. Sie haben keine Chance. Wenn ich Ihnen sage, daß man BOXER II auch den ‘Einarmigen’ nennt, wissen Sie dann…“
Spinks wurde bleich und stammelte entsetzt: „Nein! Mein Gott, das darf nicht sein…“
Calx unterbrach sich und murmelte mit einer Spur Mitgefühl:
„Armer Hund, nicht einmal wehren kannst du dich…“
Spinks riß sich zusammen, aber seine Stimme bebte, als er mir tonlos
Weitere Kostenlose Bücher