Alarm im Tunnel Transterra
drei Stunden. Achternak hatte gesagt: Einer muß rüber!
„Da!“ schrie Spinks überrascht auf. Sein ausgestreckter Zeigefinger wies auf einen der rotierenden Ringe. Das heißt, es war kein rotierender Ring mehr. Der Ring stand. Er hatte aufgehört, sich zu drehen. „Und da!“ Der benachbarte Ring verringerte zusehends seine Rotationsgeschwindigkeit. Er schwang noch einmal hin und zurück, dann stand auch er unbeweglich.
„Tatsächlich, alle Ringe werden langsamer. Das kann ein Zeichen sein“, sagte ich, neuen Mut schöpfend.
In kurzer Zeit hatten alle Ringe ihre Bewegungen eingestellt und schwebten wie ein zwei Nummern zu großes Korsett im All, in ihrem Innern den reglosen Leib des fremden Raumschiffes.
Bob steuerte den BOXER behutsam um den Raumkreuzer herum, er flog praktisch zwei Spiralen. Einmal von der Kugel, die meiner Meinung nach der Bug war, bis zum Kegelstumpf und zurück. Auf der glatten Oberfläche der vier Segmente rührte sich nichts.
„Haben Sie vielleicht erwartet, da ein kleines grünes Männchen herauskommen zu sehen, mit einem Blumenstrauß in der Hand?“ fragte Spinks ironisch, als ich meiner Enttäuschung freien Lauf ließ.
„Halten Sie bloß Ihr großes Maul, Spinks!“ fuhr ich ihn beleidigt an. „Hätten Sie den Sonnenstein nicht vernichtet, sähe alles vielleicht ganz anders aus! Der hat auf den Raumkreuzer reagiert, das war eindeutig. Aber Sie waren in Ihrer Schießwut ja nicht zu bremsen.“
Spinks grinste schief und schwieg. Er ließ sich auf keinen Streit mehr ein – ganz im Gegensatz zu mir. Manchmal suchte ich sogar eine Gelegenheit, mit ihm streiten zu können.
„Pyron, was ist denn mit Ihnen los, haben Sie den Verstand verloren?“ schaltete sich Achternak ein, den ich für Augenblik-ke völlig vergessen hatte.
Ich biß mir ärgerlich auf die Unterlippe. Die anderen durften ja nichts von den wahren Verhältnissen wissen, die auf dem BOXER herrschten. Das war Bobs ausdrücklicher Befehl! Ich hatte eine Unvorsichtigkeit begangen. Wie sollte man als normaler Mensch das alles unter einen Hut bringen?
Spinks kam mir unerwartet zu Hilfe. „Lassen Sie ihn nur, das sind die Nerven. Dafür habe ich Verständnis.“
Trotz der Hilfe war auch eine kleine Gemeinheit dabei, und die lag in dem arroganten, väterlichen Ton. Achternak zeigte sich zufriedengestellt. Das war die Hauptsache. Auf dem Raumschiff tat sich noch immer nichts.
Beim genauen Beobachten entdeckten wir in der Kugel wa-benartige Vertiefungen. Sie mochten etwa so groß wie ein normales Zimmerfenster sein und überzogen den vorderen Teil der Kugel mit einem feinen Rasternetz. Die uns verbleibende Zeit war mittlerweile auf zweieinhalb Stunden geschrumpft.
Sie brannte wie eine Kerze herunter, ganz langsam, wenn man dabei zusieht, aber man braucht die Kerze nur kurze Zeit zu vergessen und registriert dann entsetzt, daß nur noch ein winziger Stummel verblieben ist.
„Es geschieht nichts“, stellte ich fest, „wenn wir nichts tun.“
Reg, der sich bisher auf bewundernswerte Weise zurück-gehalten hatte – wahrscheinlich war das einer Achternakschen Standpauke zu verdanken –, mischte sich ein. „Albert hat doch gesagt, jemand muß rüber! Ach, wenn ich jetzt bei euch wä-
re…“
Achternak wies ihn zurecht: „Du bist aber hier und nicht im BOXER. Magister Spinks wird gehen, denke ich.“ Das war für mich schlimmer als der Faustschlag, den ich von Spinks kas-siert hatte; was war in Achternak gefahren? Genausogut könnte er einen Wolf zu Friedensverhandlungen mit einer Herde Scha-fe schicken! Ich hatte vergessen, daß Achternak selber ahnungslos wie ein Lamm war.
Bob fixierte Spinks scharf, ohne ein Wort zu sagen. Der Korenther duckte sich unter diesem befehlenden Blick und verstand. Es war erstaunlich, aber man konnte beinahe meinen, Spinks vermochte Gedanken zu lesen. Wie es aussah, kostete es ihn nicht mal Überwindung, der stummen Anweisung des Piloten Folge zu leisten. Er setzte eine ernste, nachdenkliche Miene auf und sagte: „Ich darf als Kommandant den BOXER
vorerst nicht verlassen. Ihr Vertrauen ehrt mich massig, Chefdispatcher, aber ich schlage vor, Inspektor Pyron mit dieser Aufgabe zu betrauen. Er ist genausogut wie ich geeignet, diese verantwortungsvolle Mission zu übernehmen. Ich bin überzeugt davon.“
Der elende Heuchler! Achternak fiel voll darauf herein. „Sie haben recht, Magister! Pyron wird gehen.“ Und zu mir gewandt, fuhr er fort: „Ich brauche Ihnen nichts zu sagen,
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