Alarm im Tunnel Transterra
Pyron.
Sie sind erfahren genug, zu wissen, worauf es ankommt. Ich sehe Sie in dieser Rolle auch wesentlich lieber als unseren Freund Reg Reganta. Sie haben einen kühlen Kopf und nicht soviel Phantasie, viel Glück!“
Reg hüstelte gekränkt und sagte: „Dann zeig mal, was du kannst, Alter. Und paß auf, daß sich dein Kopf nicht plötzlich erwärmt, wenn du ihnen gegenüberstehst.“
Keine Sorge, Reg, dachte ich. Ich weiß wirklich, worauf es ankommt, und werde es keine Sekunde vergessen. Ich war froh, daß nicht Spinks gehen sollte. Der wollte auch gar nicht, das war klar, sonst wären diese heuchlerischen Worte nicht so glatt durch seine Zähne gerutscht. Eine Sekunde kam mir der Gedanke, er könnte meine Abwesenheit dazu benutzen, den BOXER in seine Gewalt zu bringen. Das war natürlich Unsinn, aber was geht einem nicht alles durch den Kopf, wenn die Ereignisse das eigene Vorstellungsvermögen um ein vielfaches übersteigen.
„Gut, ich gehe hinüber.“ Ich hätte so oder so verhindern müssen, daß Spinks den Auftrag übernahm. Der hätte seinen Handwerfer umgeschnallt und, wenn er überhaupt dazu gekommen wäre, wild um sich geschossen, sobald sich etwas gezeigt hätte. Sollte er lieber an den Fäusten sitzen bleiben, die konnte Bob blockieren. Einen Handwerfer kann keiner abschalten außer dem, der ihn in der Hand hält.
Alles sollte nun von meinem Vermögen oder Unvermögen, mich mit den Fremden zu verständigen, abhängen. Und von ihrer Bereitschaft, sich mit mir zu verständigen. Sie mußten ganz einfach wissen, daß seit geraumer Zeit ein winziges Ding aus Metall und Plastwerkstoffen ihren Raumkreuzer umkreiste, sie mußten die Lichtsignale sehen, die Bob mit den Positions-lampen gab. Sie würden beobachten, wie sich eine winzige Gestalt vom BOXER löste und auf den grünlich schimmernden Koloß zufiel, und sie würden wissen, daß dann die Stunde herangereift war, in der sie sich zu erkennen geben mußten.
Warum zeigten sie sich nicht? Ich würde es bald wissen, auch wie sie aussahen, woher sie kamen und warum. Oder niemand würde es je erfahren, weil sie in Sekundenbruchteilen von der gewaltigen Kraft der ionisierten Antiteilchen ausgelöscht würden, wenn sie keinen Kontakt wollten. Dreißigtausend Menschenleben hingen am seidenen Faden der Verständi-gungsbereitschaft, aber die Werfer des BOXERS konnten diesen Faden in eine armdicke Stahltrosse verwandeln.
Ich holte meinen alten, geschuppten Skaphander und begann meine Taschen zu untersuchen; denn ich mochte keine unbrauchbaren Dinge bei mir tragen. Dabei fand ich in der rechten Brusttasche einen kleinen Perlmuttknopf. Ich hatte ihn als Talisman eingesteckt, als wir die Zentrale auf ROTA verließen.
Er sollte mich auch auf diesem Weg begleiten, obgleich er uns bisher kein Glück gebracht hatte. Er würde das nachholen, davon war ich überzeugt; ein wenig Aberglauben ist schließlich auch einem Raumflieger gestattet. „Wieviel Zeit habe ich?“
fragte ich den Piloten.
Bob überlegte kurz. „Wir haben davon auszugehen, daß der Einsatz der Fäuste unumgänglich sein kann. Das bedeutet, daß wir eine gewisse Distanz zum Fremden brauchen. Außerdem müssen wir zum Zeitpunkt T null den Tunnel verlassen haben, sonst gefährden wir selbst den Anflug der Formation HELIOS.
Wir werden in genau siebenundneunzig Minuten beschleunigen.“
„Gut, sollte ich nicht zurück sein… Die Formation HELIOS
ist wichtiger“, antwortete ich dumpf.
Spinks trat zu mir, klopfte mir jovial auf die Schulter und sagte: „Keine Sorge, Inspektor! Wenn Sie in einer Stunde nicht zurück sein sollten, hole ich Sie raus, ich lasse einen Kameraden nicht im Stich!“
Erst wollte ich seine Hand abschütteln; sie lag mir wie eine glühende Kohle auf der Schulter. Als ich aber seine Augen sah, konnte ich nicht mehr glauben, daß ein Me nsch so sehr heu-cheln kann. In ihnen glomm ein winziges Licht, ausreichend, sein spontanes Angebot glaubwürdig erscheinen zu lassen, ein Glanz, den ich vorher noch nie bemerkt hatte, ehrlich und offen. Das war keine Komödie für das Publikum Achternak und Reg. Das war eine Bitte um Frieden, und er war bereit, eine Leistung dafür zu erbringen. Doch so schnell konnte ich trotz meiner Kompromißbereitschaft nicht vergessen. Kühler als angebracht antwortete ich: „Danke, Magister. Ich hoffe nicht, daß es nötig sein wird.“
Seine ausgestreckte Hand blieb in der Luft hängen. Ich drehte mich um, ohne einzuschlagen. Vielleicht war
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