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Alarm im Tunnel Transterra

Alarm im Tunnel Transterra

Titel: Alarm im Tunnel Transterra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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es ein Fehler.
    Aber ich hatte einfach keine Zeit und keine Lust, mir ein weiteres Mal den Kopf über das zwiespältige Wesen eines Magisters Spinks zu zerbrechen. Durchaus möglich, daß er bereit war, ein weißes Tuch über den geworfenen Fehdehandschuh zu breiten, daß er angesichts des Ernstes der Situation begriff, was er ein ganzes Leben lang nicht zu verstehen in der Lage war. In diesem Augenblick war Spinks mir ganz und gar gleichgültig.
    Ich stülpte mir den Helm über den Kopf und rückte die Dich-tungsmanschette zurecht. Das feine Zischen, mit dem sich der Helm festsaugte, klang wie Musik in meinen Ohren. Spinks half mir bereitwillig, den Druckschutz zu schließen. Ich ver-glich meine Uhr mit der Borduhr des BOXERS, was bei der Ganggenauigkeit meiner Digiquarz eigentlich unnötig war.
     
    Aber das ist eben die Routine.
    So eigenartig das klingen mag, als ich meinen alten, bewährten Raumanzug auf dem Körper spürte, wurde ich ganz ruhig.
    Es soll ja Leute geben, die sich mit ihrer Uniform Selbstbewußtsein anziehen oder mit ihrer ölverschmierten Kombi eine geradezu phantastische Arbeitsmoral – beides allerdings am Feierabend ablegen wie ihre Kleidung. Bei mir war es etwas anderes: Mit dem Skaphander zog ich meine Erinnerungen an.
    Da war der Triebwerksbrand auf der ELIAS. Marcus und ich hatten uns damals – da keine Zeit blieb, die schweren Strahlen-schutzskaphander anzulegen – in unseren leichten Pi-Anzügen in den Reaktor gewagt und die defekten Havariden, deren Speicherkristalle durch die Strahlung ionisiert und damit unbrauchbar waren, an die Fernsteuerkabel angeschlossen. Ich kam erst in der Klinik zu mir und erfuhr, daß Marcus, der mich hinausgeschleppt hatte, erblindet war…
    Da waren die schrecklichen Stunden im TRIBOLIT, dem gepanzerten Merkurerkunder, als wir antriebslos in die glühende Hölle einer Sonnenprotuberanz stürzten und uns die zu Hilfe eilende Rettungsmannschaft aus dem Raumkreuzer heraus-schweißte, in allerletzter Sekunde.
    Da waren die vierundachtzig Tage im Eis des Neptuns. Leander hatte aus den Panzerblechen der Arcomaten eine Richt-antenne gebaut und unsere letzten Energiereserven als Hilferuf in das All geschickt. Vierundzwanzig von uns blieben zurück im zerborstenen Rumpf der AQUARIUS. Nur Leander, Mora und ich fielen uns weinend um den Hals, als am fünfundacht-zigsten Tag ein silbrig schimmernder Gott unter Donnergetöse herabstieg, um uns in sein Reich zu holen. Mora starb an seinen Erfrierunge n, und ich log, als er in seiner letzten Sekunde fragte: „Lebt Ina?“ Ina war schon in der zweiten Woche gestorben…
    Die Erinnerungen waren qualvoll. Aber sie waren eine Ve rpflichtung. Ich sah all die Gesichter meiner Gefährten vor mir, und sie lächelten mir aufmunternd zu. Ich bin nicht sentime ntal, jedenfalls behaupte ich das von mir. Das war auch keine kitschige Sentimentalität. So etwas passiert einem. Und wenn es geschieht, dann weiß man: Das ist eine der wenigen Stunden, in denen du nicht versagen darfst. Du bist jetzt nicht Pyron, du bist jemand, der beliebig austauschbar ist, aber seine Pflicht erfüllen muß, ohne Zögern und ohne jeden Fehler. Ob du es willst oder nicht, jetzt ist die Reihe an dir. Mach es, so gut du kannst…
    Ich blickte noch einmal auf meine Uhr. Dreiundneunzig Minuten. Als ich heiser auflachte, schauten mich vier Augenpaare an, als hätte ich Abrakadabra gesagt und mich in einen kleinen, häßlichen Gnom verwandelt. Mir war gerade eingefallen, daß aus mir ein richtiger Held werden könnte, und da diese Vorstellung alles mir Bekannte an Absurdität übertraf, kamen diese Laute ironischer Selbsterkenntnis aus meinem Hals.
    „Achtung, Sprechprobe, hört ihr mich?“ sprach ich ins Helmmikrofon.
    „Wir hören dich“, antwortete Achternak, und auch Bob be-stätigte den Empfang.
    Ich kletterte in den Lift und ließ mich bis zur Luftschleuse in der ersten Landestütze fahren. Der Druckausgleich schien im Schneckentempo vor sich zu gehen. Ich starrte auf die kahle Metallwand der Luftschleuse und versuchte mir vorzustellen, was mich erwartete. Würde es mir überhaupt gelingen, in den fremden Raumkreuzer einzudringen? Gewaltanwendung war von vornherein ausgeschlossen, obwohl… Vielleicht wäre es besser, ich schnitte mir mit dem Handwerfer eine eigene Ein-stiegsluke, bevor wir das allerletzte Mittel anwandten? Doch ich konnte nicht wissen, was sich dort befand, wo ich einsteigen wollte. Es könnten ja die Energieaggregate sein…
    Da

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