Alarm in Sköldgatan
dem sauberen, aber unendlich langweiligen Vorort. Dann ging er hinunter zum Auto und fuhr wieder in die Timmermansgatan.
Max Karlsson wohnte im ersten Stock eines alten, aber gepflegten Hauses. Gunvald Larsson parkte seinen Wagen drei Straßen weiter, weniger aus Vorsicht, sondern weil er keinen besseren Parkplatz fand. Er ging mit langen, schnellen Schritten zurück und war nur noch zehn Meter von der Haustür entfernt, als er eine Person bemerkte, die von der entgegengesetzten Seite kam. Ein Mädchen, dreizehn oder vierzehn Jahre alt, wie tausend andere, mit langen, offenen Haaren, engen Niethosen und Steppjacke. Sie trug eine verschlissene Ledertasche in der Hand und kam wahrscheinlich direkt aus der Schule, so ausgesprochen durchschnittlich vom Typ und der Kleidung her, daß er sie sicher nicht bemerkt hätte, wenn sie sich nicht immer wieder mit einer Mischung von Unruhe und schuldbewußter Spannung umgesehen hätte. Als sie ihn bemerkte, zögerte sie einen Moment und wurde unsicher, deshalb ging er geradeaus weiter, an ihr und der Haustür vorbei. Das Schulmädchen warf den Kopf in den Nacken und verschwand im Hauseingang. Gunvald Larsson blieb stehen, drehte sich um und folgte ihr. Trotz seines Körpergewichts bewegte er sich schnell und leise, und als das Mädchen bei Karlsson anklopfte, hatte er bereits die halbe Treppe hinter sich. Sie klopfte viermal hintereinander, offenbar eine Art Erkennungszeichen, und er bemühte sich, den Rhythmus zu erinnern, was ihm dadurch erleichtert wurde, daß sie gleich noch einmal klopfte, nach einer Pause von fünf oder sechs Sekunden. Unmittelbar nach dem zweiten Klopfen wurde die Tür geöffnet.
Er hörte, wie jemand eine Sicherheitskette zurückzog und die Tür sofort wieder verschlossen wurde. Es wurde kein Wort gesprochen, solange die Tür offen war. Er ging zurück zum Eingang, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und wartete.
Nach zwei oder drei Minuten wurde die Tür oben wieder geöffnet, dann hörte er leichte Schritte die Treppe herunterkommen. Offenbar war es ein schnelles Geschäft gewesen, denn als das Mädchen unten ankam, fingerte es immer noch an dem Verschluß am Außenfach der Schultasche. Gunvald Larsson streckte den Arm aus und ergriff ihr Handgelenk. Sie stand ruckartig still und starrte ihn an, sie versuchte weder um Hilfe zu rufen noch sich loszureißen oder wegzulaufen. Sie schien nicht einmal Angst zu haben. Wirkte eher ergeben, so als ob sie damit gerechnet hätte, daß etwas Ähnliches früher oder später passieren müßte. Immer noch ohne ein Wort zu sagen öffnete er das Fach und nahm eine Streichholzschachtel heraus. Darin befanden sich zehn weiße Tabletten. Er ließ die Kleine los und nickte ihr zu. Sie sah ihn verwundert an, dann lief sie wie gejagt davon.
Gunvald Larsson hatte es nicht eilig. Er besah sich eine Weile die Tabletten, steckte die Schachtel in die Tasche und ging langsam die Treppe hinauf. Wartete eine halbe Minute vor der Tür und horchte.
Kein Laut war aus der Wohnung zu vernehmen. Er hob die Hand und schlug mit den Fingerspitzen zwei schnelle Serien von je vier leichten Klopfzeichen mit einer Pause von ungefähr fünf Sekunden.
Max Karlsson öffnete. Er sah erheblich eleganter aus als bei ihrer letzten Begegnung, aber Gunvald Larsson erkannte ihn sofort, und er zweifelte keinen Moment, daß der andere sich auch an ihn erinnerte.
»Guten Tag«, sagte Gunvald Larsson und schob den Fuß in den Türspalt.
»Ach, Sie sind das.«
»Ich wollte nur mal sehen, wie es Ihnen geht.«
»Danke, gut.«
Der Mann befand sich in einer heiklen Situation. Er wußte, daß sein Besucher bei der Polizei war und daß er das Erkennungszeichen benutzt hatte.
Zwar war die Sicherheitskette vorgelegt, aber wenn er die Tür zuzuschlagen , versuchte, würde er damit erst recht verraten, daß er etwas zu verbergen hatte.
»Ich möchte Ihnen ein paar Kragen stellen«, sagte Gunvald Larsson. Seine Lage war auch etwas zweifelhaft. Er hatte keinerlei Befugnis, in die Wohnung einzudringen, und konnte rechtlich nicht einmal darauf bestehen, den Mann auszufragen, wenn dieser nicht damit einverstanden war.
»Ja…«, entgegnete Max Karlsson zögernd.
Er machte keine Anstalten, die Kette zu öffnen, wagte aber andererseits auch nicht, die Tür zuzuschlagen.
Gunvald Larsson löste das Problem, indem er die rechte Schulter gegen die Tür lehnte und sie plötzlich und mit dem ganzen Gewicht seines Körpers aufdrückte. Es knackte in den Halterungen
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