Alarm! Kloesschen ist verschwunden - Terror aus dem Pulverfass - Die Falle im Fuchsbach
geworden, weil sein Vater das so wollte. Immerhin hatte sich der alte Lennert vom Molkereigehilfen zum Molkereimeister emporgearbeitet. Für ihn bestand die Welt nur aus Milchprodukten. Und er glaubte fest an die Zukunft der Sauermilchkäse.
Lennert hatte einen blonden Bürstenschnitt, Plattfüße und rosige Haut. Er konnte sechs Molkereimilchkannen 100 Meter weit tragen und dabei auch noch pfeifen.
Krepps Wohnraum füllten alte Möbel. Es gab drei Couches und ein Sofa, aber kein Stück passte farblich zum anderen. Krepp hatte seine Möbel geerbt und sah nur auf den Nutzen, nicht auf die Schönheit. So kam es, dass jetzt jeder eine Couch für sich allein hatte.
Odel, der es schick fand, wenn er sich wie ein Rüpel benahm, hätte gern die Füße auf den Tisch gelegt. Doch Krepp mochte das nicht. Immerhin war das der Tisch, an dem er bisweilen um Mitternacht einschlief – mit dem Kopf auf der Platte.
Alle rauchten.
Odel hielt die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger. Krepp ließ sie im Mundwinkel hängen. Lennert, der Jüngste, bevorzugte Zigarren.
»Ich fasse zusammen«, sagte Krepp: »Am Montag passiert’s. Die Straßenkreuzung am Fuchsbach ist total einsam. Vormittags fliegt höchstens mal ’ne Krähe vorbei. Aber das Postauto nimmt dort die Abzweigung und fährt über die Schotterstraße in Richtung Internatsschule. Die Herren Internatsschüler erhalten reichlich Post. Und weil die lieben Eltern so fern sind, legen sie gern einige Scheinchen ins Kuvert. Die Schule ist die vorletzte Station. Das Postauto fährt dann weiter nach Birnbachoberpreusel, was eine stinkvornehme, aber totale Schlafoase ist. Topmanager haben dort ihre Villen. Die Typen jobben in der City, rollen morgens rein und abends wieder raus. Und die grünen Witwen langweilen sich tagsüber in Birnbach-Oberpreusel.«
»Stark!«, sagte Lennert, der Sauermilchkäser, an seiner Zigarre vorbei. Er hielt sie mit den Vorderzähnen. Sein rosiges Gesicht verschwamm hinter dem aufsteigenden Rauch.
Odel streckte seine langen Knochen. »Maskiert?« »Selbstverständlich sind wir maskiert«, nickte Krepp. »Und wie knacken wir das Postauto?«
»Sonntagnacht klauen wir von dem Baugelände an der Schrappessig-Straße einen kleinen Lkw. Einen Dreiseitenkipper, oder so was. Damit rammen wir das Postauto,Krennnnnng! Oder drängen es ab von der Straße. Jedenfalls so, dass bei dem Postonkel nichts mehr geht. Wir machen ihn gefügig und laden die gesamte Beute bei uns ein. Briefe, Päckchen, Pakete.«
»Hoffentlich ist überall viel Knete drin«, meinte Lennert. Krepp machte eine wegwerfende Bewegung... »Das fällt nebenbei an, ist aber nicht die Hauptsache. Der große Coup läuft anders. Mir geht es um Material. Was steht nicht alles in Briefen. Da berichten die Menschen von heimlichen Ängsten, üblen Gerüchten, bösartiger Nachrede, großen und kleinen Gaunereien, Steuerhinterziehungen, politischem Überdruss, gewagten Plänen, Eheverfehlungen und was-weiß-ich. Wir lesen alle Briefe. Die Adressen und Absender stehen drauf. Das wird lustig, Leute. Und ich wette, wir haben dann zigfach Material in der Hand, mit dem wir die Betreffenden erpressen können. Natürlich suchen wir uns nur die raus, die auch wirklich Kohle haben. Damit es sich lohnt. Besonders Spaß macht mir, dass die Typen zwischen allen Stühlen sitzen. Weil sie ein schlechtes Gewissen haben, können sie sich nicht an die Polizei wenden. Denn dann käme ja raus, wie unredlich oder ungesetzlich sie gehandelt haben. Ist alles unser Vorteil. Und wir kassieren. Vorgestern, Leute, habe ich zur Probe den Landbriefträger von Tröppelbach ausgeraubt. War ganz leicht. Gestern stand’s schon in der Zeitung. Habe ihm aufgelauert, als er mit seinem gelben Postrad kam. Hinterrücks einen Klaps auf die Rübe – und schon hatte ich die Tasche mit allen Briefen.«
»Und?«, rief Odel.
»Tröppelbach und Unter-Rotländen sind Bauerndörfer. Briefe, die dorthin gerichtet sind, enthalten keinen Zündstoff.«
»Also war nichts dabei?«, fragte Lennert.
»Nichts Lohnendes. Im Wagen habe ich alle Briefe gelesen. Und dann die Tasche samt Inhalt weggeworfen. Einen Brief aber habe ich behalten. Immerhin schreibt da ein Bauer seinem Bruder, dass er die Kälber mit verbotenen Hormonen füttert. Damit die Viecher fetter und schwerer werden, was aber Betrug ist. Denn das Fleisch ist minderwertig. Es saugt sich voll Wasser. Die armen Kälber sind die reinsten Wassermelonen. Legst du dann ein Kilo Fleisch in
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