Alarmstufe Blond
mit mir sprach, dass ich meine Hand auf ihren Arm legte und am liebsten nicht mehr weggenommen hätte. »Weißt du, es tut mir so leid, was ich geschrieben habe, ich…«
Sie unterbrach mich. »Ach, papperlapapp. Du hast ja völlig Recht. Es ist stinklangweilig in dem Kaff, sie reden nur über Kühe, das Wetter und die Ernte, und wenn mal ein Auto vorüberfährt, ist das die Sensation des Tages. Deshalb waren wir ja so froh, dass du gekommen bist. Da war wenigstens was los, auch wenn es uns erst einmal einen Schock versetzt hat, nüchtern aufgeschrieben zu sehen, was jeder heimlich denkt.«
Ich klappte die Kinnlade runter. »Ehrlich?«
Sie nickte. »Ehrlich. Aber du hast meinen Wink von eben nicht verstanden. Oder?«
Irritiert schüttelte ich den Kopf. »Welchen Wink?«
Sie grinste. »Ich habe gesagt, ich hätte lieber geschlafen, aber nicht im Stehen. Ich habe gesehen, dass ihr heute Stühle für eine Party organisiert habt, wollen wir nicht lieber dort weiterfeiern?«
»Gerne.« Ich strahlte. Und gemeinsam mit den Musikern, den Kerzen und allen Dorfbewohnern zogen wir zu Carolines Garten, um dann doch noch eine Party zu feiern, die sich gewaschen hatte.
Wenn ich sage, alle Dorfbewohner, dann ist das nicht ganz richtig. Carl war nicht da, und noch einer fehlte: Leonard. Verzweifelt versuchte ich, seinen dunklen Haarschopf unter den Anwesenden zu entdecken, aber da war er nicht. Er war wirklich nicht gekommen.
Das war ein mächtiger Dämpfer für mich, so froh ich auch war, dass endlich wieder jeder mit mir redete und mir meinen Fehler offenbar verziehen hatte. Wir veranstalteten sogar eine offizielle Zeitschriftenverbrennung, bei der ich alle von mit aufgekauften Zeitschriften aus dem Kofferraum holte und unter lauten Beifall im Lagerfeuer verbrannte. Tim half mir dabei, obwohl er es auch lauthals bedauerte, die Dinger in Flammen aufgehen zu sehen, allerdings nicht wegen meines Artikels, sondern wegen einer Fotostrecke mit den heißesten Models der Welt, die im Bikini posierten.
Der Alkohol floss in Strömen, und ich muss zugeben, dass ich ordentlich zugelangt habe. Caroline ebenfalls, die sich inzwischen bei jedem Anwesenden als neue Dorfbewohnerin vorgestellt und viele Komplimente für ihr Kleid und die Schuhe, aber auch für ihre nette Freundin erhalten hatte. Schließlich kam sie wieder zu mir. Ich stand am Pavillon und trank einen Wodka mit Orangensaft.
»Er ist nicht hier«, sagte sie, wobei es halb wie eine Frage, halb wie eine Feststellung klang.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, er ist nicht gekommen.«
»Tut mir leid.«
»Mir auch.«
»Du hast morgen noch eine Chance, ihn zu sehen und es wiedergutzumachen.«
Ich seufzte leise. »Und wenn er mich gar nicht mehr sehen möchte?«, flüsterte ich. Der Gedanke war einfach zu entsetzlich, um ihn laut auszusprechen.
»Dann hat er dich auch nicht verdient.«
Caroline konnte so nüchtern und knallhart sein. Sie hatte eine Menge unglücklicher Liebesbeziehungen hinter sich, bis sie darauf gekommen war, dass sie den Männern immer viel zu viele Zugeständnisse gemacht hatte. Wenn einer sich nicht meldete oder noch nicht reif für eine Beziehung war, dann war er eben nicht der Richtige. Es hatte keinen Sinn, hinterherzulaufen und zu bitten und zu betteln. Seitdem sie das erkannt hatte, ging es ihr wesentlich besser. Sie hatte zwar den Traummann noch nicht gefunden, aber sie war sich sicher, dass er kommen würde. Sie ging ihren Weg, und ich bewunderte das an ihr. Auch wenn ihre Entscheidung, aufs Land zu ziehen, vielleicht doch etwas drastisch war. Aber vielleicht auch nicht.
»Ich weiß nicht«, antwortete ich leise und mit klopfendem Herzen.
Sie sah mich an und runzelte die Stirn. »Wenn dir hier jeder im Dorf verzeiht, dann kann er das auch.«
»Er hat erzählt, er war mal verheiratet, und zwischen ihm und seiner Frau gingen die Ansichten in Sachen Stadt und Land stark auseinander. Er wollte immer zurück, um Landarzt zu sein, sie wollte das Stadtleben. Ich glaube, sie hat ihm damals das Herz gebrochen, deshalb ist er vorsichtig.«
Sie zog eine Augenbraue nach oben. »Und deshalb spielt er den Beleidigten? Weil du ihn an seine Ex erinnerst? Das wäre unfair. Du bist nicht wie sie. Das solltest du schnellstens klären. Denn wenn er dich für seine Ex hält, vergießt du umsonst Tränen um ihn. Dann ist er schlicht und ergreifend ein Idiot.«
Ich schluckte. Aber sie hatte Recht. Das musste ich herausfinden.
»Und was soll ich jetzt tun? Ich
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