Alarmstufe Rot
Doktor.
Vermutlich lag es an der hohen Konzentration von Pilzsporen in der Luft, und nicht an dem Kuss.”
„Mann, Sie können einen wirklich ernüchtern.”
Ihr Lächeln war eindeutig keck. „Ich gebe mir Mühe.”
Er legte die linke Hand auf ihre, so dass sie die Massage unterbrechen musste. „Behaupten Sie tatsächlich, dass der Kuss Ihnen kein bisschen den Atem geraubt hat?”
Sie sah ihn direkt an, und es lag weder Verärgerung noch Reue in ihren Augen. Vielleicht eine Spur vor Resignation. „Okay, ein ganz kleines bisschen.”
„Das beruhigt mich. Denn ich würde sagen, auf einer Skala von eins bis zehn lag er ungefähr bei zwanzig.”
Sie legte den Kopf schräg und runzelte die Stirn. „Würden Sie das bitte lassen?
Er zog seine Hand weg. „Entschuldigung. Ich vergaß, dass Sie zu arbeiten haben.”
„Das nicht. Ich meinte, Sie sollen aufhören, mit mir zu flirten.”
„Tu ich das?”
„Das wissen Sie doch genau.”
„Dafür kann ich nichts.”
„Ich glaube, vorher gefielen Sie mir besser.” Sie senkte den Blick.
„Wie war ich denn vorher?”
„Wütend auf mich.”
Er hob ihr Kinn, damit sie ihn wieder ansah. „Ich war nicht wütend auf Sie. Ich war wütend auf mich. Auf die ganze Welt. Auf meine elende Verletzung. Jetzt bin ich es nicht mehr, oder zumindest nicht ständig. Das habe ich Ihnen zu verdanken.”
„Nicht mir. Sie haben es allein geschafft.”
„Habe ich nicht. Sie sind mit dafür verantwortlich. Ohne Sie hätte ich vielleicht aufgegeben.”
Sie blickte zur Seite. „Jeder hätte Sie wieder aufrichten können.”
„Falsch, Brooke. Ganz und gar falsch.”
Sie mochte falsch liegen, was ihren Beitrag zu seinem Befinden betraf, aber ihr Instinkt trog sie nicht. Da war Brooke sich ganz sicher. Was zwischen ihr und Jared Granger passiert war und noch passierte -, war ungehörig.
Warum fühlte sie sich dann so gut dabei?
Doch egal, was ihr Gefühl sagte, sie wusste, dass emotionale Beziehungen zu Patienten verboten waren.
Während sie im Schein der Verandalampe vor Jared stand und der kühle Novemberwind über ihre erhitzte Haut strich, nahm Brooke sich fest vor, ihm das sofort zu sagen, um dann nach Hause zu fahren. Und vielleicht nie mehr hierher zu kommen.
„Dr. Granger”, begann sie energisch. „Ich glaube, Sie projizieren Ihre Wünsche auf mich.
Das ist ein bekanntes Phänomen zwischen Physiotherapeuten und Patienten. Es entspringt einem Gefühl der Dankbarkeit und …”
„Hören Sie auf mit dem Quatsch, Brooke.”
„Wie bitte?”
„Behandeln Sie mich nicht wie einen Patienten.”
Der Blick seiner eisblauen Augen brachte ihren heldenhaften Entschluss ins Wanken.
„Sie sind mein Patient”, stellte sie klar.
Er tat einen großen Schritt auf sie zu und überwand fast die Abwehr, die sie gegen seine magische Anziehungskraft errichtet hatte. Das hatte sie bereits einmal erlebt, sie war auf der Hut. Sie konnte es sich nicht leisten, sowohl ihren Job als auch ihr Herz zu verlieren.
„Heute Abend war ich nicht Ihr Patient”, sagte er. „Jedenfalls nicht, als ich Sie in den Armen hielt.”
Er brauchte gar nicht näher zu kommen, sein intensiver Blick, sein unnachgiebiger und zugleich verführerischer Ton bedrohten ihr seelisches Gleichgewicht schon so zur Genüge.
„Aber wir …”
„Jetzt rede ich, und Sie hören zu.”
Na gut, sie würde ihn ausreden lassen und dann alle seine Argumente entkräften. Sie wusste ja, wie Männer funktionierten. Wenn man ihnen nachgab, ließen sie einen anschließend links liegen. Das wollte sie nicht noch einmal erleben.
Wenn er nur aufhören würde, sie auf diese Weise anzusehen. Wie ein Mann mit einem festen Ziel, der nicht eher aufgeben wür de, bis er es erreicht hatte. Wenn sie nur wüsste, was er eigentlich wollte. Zugegeben, sie hatte eine Ahnung. Und die war alles andere als beruhigend, denn der Gedanke, dass er sie womöglich wirklich begehrte, erregte sie viel zu stark. Eine ärgerliche Situation.
Er wirkte fast grimmig, wie zu Beginn ihrer Bekanntschaft, als er sich ihr gegenüber abweisend verhalten hatte.
„Erstens sollten Sie mich nicht belehren, Brooke. Ich weiß, was Wunschprojektionen sind.
Ich weiß, wie es ist, wenn eine Patientin glaubt, in ihren Arzt verliebt zu sein. Das habe ich oft genug erlebt. Manche halten uns für einen Gott in Weiß, aber ich bin kein Gott, sondern ein Mensch.” Er legte ihr den linken Arm um die Taille. „Ein Mann mit ganz normalen Bedürfnissen, der gern
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