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Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Titel: Alasea 01 - Das Buch des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Feuers
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»Jenseits der Zahnberge, in den tiefsten Tiefen der Westlichen Marken, stand einmal ein uralter Hain von Koa’kona-Bäumen. Kennst du die noch - die Koa’kona-Bäume, die Geistbäume? Oder hast du auch die vergessen?«
    »Ich erinnere mich an einen, der in der Mitte von A’loatal stand.« Vor seinem geistigen Auge erschien das Bild der untergehenden Sonne, die durch die in Reihen angeordneten Äste des einsamen Koa’kona-Baums leuchtete, dessen Blüten im Zwielicht wie Saphire glitzerten. »Er ragte höher auf als alle Türme der Stadt.«
    Ni’lahn saß nun aufrechter auf dem Bett und enthüllte ihr Gesicht zum ersten Mal ganz. Plötzlich sprach Sehnsucht aus ihrer Stimme und ihren Augen. »Blüht er noch?«
    »Nein. Als ich ihn das letzte Mal sah, hatte das Salzwasser des Meeres seine Wurzeln zerstört.« Er’ril merkte, dass seine Worte sie schmerzten. »Ich glaube, er ist tot«, fügte er leise hinzu.
    Er’ril sah eine Träne über ihre Wange rinnen. Sie fuhr fort, und ihre Worte klangen traurig: »Der Hain wurde Lok’ai’hera genannt, Herz des Waldes. Er…«
    Er’ril sprang auf, da er sich plötzlich erinnerte. Lok’ai’hera! Wie ein Fluss, der während eines Unwetters über seine Ufer wogt, durchtoste ihn die Erinnerung. Er sah das Bild vor sich, wie sein Vater am Küchentisch seine Pfeife rauchte und sich mit einer Hand den vollen Bauch rieb. Die Erinnerung war so deutlich, dass ihm die Knie schwach wurden. Er sah das Spinnennetz geplatzter Adern an der Nase seines Vaters vor sich, hörte das Pfeifen seines Atems, wenn er an der Pfeife zog, das Knarren des Stuhls auf dem Dielenboden. »Mein Vater…«, murmelte er. »Mein Vater hat mir einmal erzählt, dass er in seiner Jugend eine Reise an einen solchen Ort unternommen hat. Ich dachte immer, das sei ein Märchen. Er prahlte mit Nymphen, die mit Baumgeistern vermählt waren, mit Wölfen groß wie Menschen und Bäumen mit einem Umfang wie unser Haus.«
    »Lok’ai’hera ist kein Märchen. Es war meine Heimat.«
    Er’ril schwieg; er dachte an seine eigene Heimat. Die Erinnerung an seinen Vater schob eine Flut alter Bilder vor sein geistiges Auge, Bilder, die er so entschlossen hatte vergessen wollen: er und sein Bruder, die auf den Feldern Jäger und Gejagter spielten, das Erntedankfest, bei dem er zum ersten Mal ein Mädchen geküsst hatte, die Ebene, die sich unendlich in alle Richtungen zu erstrecken schien. »Es tut mir Leid«, sagte er. »Was ist mit deiner Heimat geschehen?«
    Ihre Schultern sanken herab. »Es ist eine lange Geschichte über eine Zeit, bevor dein Volk zum ersten Mal Fuß auf das Land setzte. Ein Fluch wurde über unsere Baumgeister verhängt, und zwar von einer bösen Rasse, die man die Elv’en nennt.« Sie schien sich in sich selbst zurückzuziehen, weg aus dem staubigen Zimmer.
    Er’ril hörte den uralten Schmerz, der immer noch ihr Herz quälte. »Diese Elv’en, von denen du sprichst«, sagte er in ihr Schweigen hinein. »Ich habe andere Geschichten über die silberhaarigen Geister gehört. Ich hielt sie für mythische Geschöpfe.«
    »Die Zeit verwandelt alle Wahrheiten in Mythen.« Sie hob flüchtig die Augen zu ihm, bevor sie den Kopf wieder senkte. »Dein Volk sollte dies wissen, mehr als alle anderen, Er’ril von Standi. Für die meisten seid ihr Mythos und Legende.«
    Er’ril enthielt sich einer Antwort darauf.
    Sie fuhr mit ihrer Geschichte fort. »Im Laufe vieler, vieler Jahre suchten wir nach einem Weg, um das Sterben unserer Bäume zu beenden. Aber die Fäule, der uralte Fluch der Elv’en, breitete sich aus. Blätter zerfielen in unseren Händen zu Staub; Äste brachen, vom Raupenfraß durchsiebt. Unsere großartige Heimat verkam zu einer Ödnis mit nur noch ganz wenigen Koa’kona-Bäumen. Selbst diesen jämmerlichen Resten war es bestimmt zu sterben, bis ein Magiker aus unserem Volk kam und die letzten unserer Bäume mittels eines chirischen Segens konservierte. Doch als Chis Macht nicht mehr wirkte, kehrte die Fäule zurück. Wieder setzte das Sterben unserer Heimat ein.
    Bäume, die gediehen waren, da das Land an sich fruchtbar war, blühten nun nicht mehr. Kräftige Äste hingen schlaff am Stamm. Und gleichzeitig mit unseren Bäumen starb auch unser Volk.«
    »Euer Volk?«
    »Meine Schwestern und unsere Geister. Wir sind eins mit unseren Bäumen, so wie ihr mit euren Seelen. Das eine kann nicht ohne das andere leben.«
    »Du…«
    Sie strich sich das feine Haar aus dem Gesicht. »Ich gehöre zu den

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