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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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zurück. Würde die Frau ihn verraten? Seine linke Hand glitt unwillkürlich zum Griff des Dolches an seiner Hüfte.
    »Aber dein Schicksal geht mich nichts an, und eine Abmachung ist eine Abmachung«, sagte die Alte und warf ihm die Ledermappe zu. »Der Fels wird deinen Wert abschätzen und deinen Pfad ebnen oder auch nicht.«
    Unvorbereitet auf den Wurf, fing Mogwied die kleine Mappe mit Mühe auf; sie drohte seinen Fingern zu entgleiten, bis er sie an die Brust drückte. Unfähig, die passenden Worte zu finden, schob er die andere Hand, die immer noch die beiden Kupferstücke hielt, wieder in die Tasche und holte die dritte Münze heraus. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass es besser wäre, wenn er sich bei der Bezahlung dieser Alten als etwas großzügiger erweisen würde. Er reichte ihr die Kupferstücke und murmelte: »Für deine Umstände.«
    Plötzlich holte das alte Weib mit dem Hickorystock aus und schlug ihm auf die Hand, sodass das Münzentrio in den Schmutz fiel. »Nur Silber kann meine Ohren von deinen Lügen säubern.«
    Mogwied rieb sich die schmerzende Hand, dann tastete er schnell nach den wenigen Silberstücken in seinem kleinen Geldbeutel. Zögernd händigte er ihr die Entlohnung aus, wobei er sie aufmerksam beobachtete.
    Die Münzen verschwanden in den Falten ihres Umhangs. Mit einem angestrengten Ächzen wandte sie sich von ihm ab, nicht ohne ihn zuvor noch mit einer letzten Warnung zu bedenken: »Hüte dich davor, unüberlegt etwas mit Lügen zu kaufen, Schlaufuchs. Vielleicht musst du feststellen, dass das Erworbene den Preis nicht wert ist.« Mit diesen Worten huschte sie aus dem Schatten ins Sonnenlicht und verschwand hinter der Ecke des Wagens.
    Den Preis nicht wert. Mogwied öffnete mit zitternden Fingern die Mappe aus Ziegenleder und betrachtete den Inhalt. Ein breites Grinsen umspielte seine Züge. Es könnte sich durchaus herausstellen, dass dieses Erworbene jeden Preis wert war.
    Im Innern der Mappe lagen einige der abgeschnittenen Locken von Elenas kastanienrotem Haar.
     
    Im Schatten der verzweigten Äste einer Eiche hatte sich Stille über das Unterholz gesenkt. Kein Vogel sang, kein Insekt summte. Vira’ni lauschte angestrengt. Sie war nackt, eingehüllt in den Schwall ihrer langen schwarzen Haare; ihre Haut hatte die Farbe sanften Mondlichts. Sie kniete neben dem vermoderten Stumpf einer Kiefer, dessen Seiten von früheren Feuern verkohlt waren, und hielt die Luft an. Schon der kleinste Laut konnte den Zauber stören.
    Ihre Kinder hatten jedoch gute Arbeit geleistet. Nichts lebte mehr innerhalb dieser Lichtung. Von ihrem Platz aus sah sie, dass der Boden übersät war mit den toten Körpern der kleinen Waldgeschöpfe - wuschelige Eichhörnchen, Vögel aller Art, sogar eine Hirschkuh lag mit gespreizten Gliedmaßen am Rand des Unterholzes; ihr Hals war durch die Wirkung des Gifts verdreht. Zufrieden neigte Vira’ni den Kopf, um sich auf das Kommende vorzubereiten.
    Vor ihr, auf dem wurmzerfressenen Baumstumpf, stand eine handtellergroße Schale aus geschnitztem Schwarzstein. Ihre Höhlung glänzte schwärzer als der prächtigste Obsidian, und Adern aus Silberquarz durchzogen ihre dunkle Oberfläche wie Blitze die mitternächtliche Finsternis. Zaghaft fuhr Vira’ni mit einem Finger über den Rand.
    Hier lag Reichtum, und diese Schale barg Macht.
    Vira’ni benutzte einen Dolch aus Knochen, um sich den Daumen aufzuritzen, dann ließ sie das Blut in die Schale rinnen. Dicke Tropfen kullerten wie Quecksilber zum Grund der Schale und verschwanden - der Stein war immer durstig.
    Während sie die Worte, die ihr beigebracht worden waren, aufsagte, wurde ihre Zunge mit jeder ausgesprochenen Silbe kälter. Ohne innezuhalten - denn das hätte ihren Tod bedeutet -, zwang sie sich weiterzusprechen. Zum Glück war es eine kurze Litanei. Tränen drangen unter ihren geschlossenen Lidern hervor, und sie spuckte das letzte Wort durch blaue, gefrorene Lippen aus.
    Nachdem dies endlich vollbracht war, lehnte sie sich zurück auf die Fersen und hob den verletzten Daumen zum Mund, um sanft an dem Schnitt zu lecken. Das Blut brannte wie Feuer in ihrem eisigen Mund.
    Jetzt kam der schwerste Teil des Zauberbanns - das Warten.
    Während sie an ihrem verwundeten Daumen saugte, mussten ihre Kinder ihre Mühsal gespürt haben, denn sie näherten sich ihr zurückhaltend. Vira’ni gestattete ihnen, an ihren Beinen hochzuklettern und sich an die Stelle zu schmiegen, wo sie geboren worden waren. Ein

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