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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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Herzen vergleichbar.
    »Zurück!« warnte Mikela voller Misstrauen.
    Elena trat einen Schritt näher. »Da kommt etwas.«
    Der Inhalt des Beutels kroch zur Öffnung. Vor ihren Augen schob sich das seltsame Ding in dem Beutel plötzlich aus seiner leuchtenden Höhle. Eine Schnauze mit Tasthaaren schnupperte in die Luft. Dann glitt der Körper aus dem Inneren des Beutels.
    »Eine Ratte«, stellte Er’ril fest.
    »Kral hat von Ratten gesprochen«, sagte Mikela und legte Elena eine Hand auf die Schulter. »Brut der Bösewächter.«
    Elena schüttelte den Kopf. »Die gehört nicht dazu. Sie ist verletzt.« Sie deutete auf das verdrehte Rückgrat der Ratte, die versuchte, sich vollends freizustrampeln. Anscheinend war die Ratte durch die Verletzung in ihren Bewegungen nicht beeinträchtigt. Dass sie so langsam aus dem Beutel kroch, beruhte vielmehr auf Vorsicht. Ihre Augen schienen alles gleichzeitig zu beobachten.
    »Der Lichtschimmer …«, setzte Elena an.
    Er’ril bemerkte ihn gleichfalls. Das Leuchten folgte der Ratte aus dem Beutel. Nein, das war nicht ganz richtig. Während ihre winzigen Beinchen das letzte Stück ihres Körpers freistrampelten, wurde die Quelle des kräftigen Leuchtens deutlich.
    »Die Ratte leuchtet«, sagte Mikela; die Strenge ihrer Stimme wurde durch ihr Erstaunen gemildert.
    Die Farbe der Ratte war das übliche Schlammbraun der gemeinen Flussratten. Doch aus ihrem verlausten Fell strahlte ein blinkender rosiger Schimmer, ein Strahlenkranz aus Licht, der der schmutzigfarbenen Kreatur eine gewisse Schönheit verlieh als ob das Leuchten all das Gute und Edle an dem Tier hervorhob.
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte Elena.
    Sowohl Er’ril als auch Mikela starrten das Geschöpf nur entgeistert an.
    Plötzlich flog die Tür hinter ihnen auf. Alle machten einen Satz, sogar die Ratte.
    »Dieser dreckige Wirt wollte mir nur einen einzigen Humpen geben!« schimpfte Mogwied wütend, als er den Raum betrat.
    »Still!« Alle drei blickten ihn mahnend an, sodass er mitten in der Bewegung erstarrte.
    Die Ratte, erschrocken über den polternden Eindringling, floh von Tol’chuks Leibesmitte und trippelte zur fassrunden Brust des Og’ers, um sich unter dessen gefurchtem Kinn zu verstecken. Dort duckte sie sich, und ihr Licht erstrahlte vor Angst noch heller.
    Der Lichtschein fiel auf Tol’chuks Gesicht. So wie die Strahlung ihren Eindruck von der gemeinen Flussratte zum Besseren verändert hatte, schien das Licht jetzt auch die guten Charaktereigenschaften und die Kraft, die in Tol’chuks derben Gesichtszügen verborgen waren, hervorzuheben.
    »Er gleicht seinem Vater sehr«, murmelte Mikela, und ihre Stimme klang so sanft, dass Er’ril im ersten Augenblick nicht wusste, wer gesprochen hatte. Er blickte auf und sah eine einzelne Träne im Auge der Schwertkämpferin.
    Während sie Tol’chuk betrachteten, zuckte dessen breite Nase. Das Leuchten wurde wie Pfeifenrauch von dem Og’er eingesogen, als dieser tief atmete. Seine Lippen bewegten sich lautlos, als ob er in einem tiefen Schlaf spräche. Seine geöffneten Augen, die blind zu den dünnen Balken über ihm geschaut hatten, schlössen sich nun.
    »Was geschieht hier?« fragte Mogwied.
    Mikela brachte ihn mit einem »Schsch!« zum Schweigen. Sie streckte die Hand zu Tol’chuks Schulter aus. »Ich glaube, jetzt gleitet er in einen gewöhnlichen Schlaf hinüber. Der Bann hebt sich.« Sie beugte sich näher zu dem Og’er. »Tol’chuk, hörst du mich?«
    Tol’chuk schnarchte ein paar Augenblicke lang dünn, dann sagte er in einem kehligen Flüstern: »Mutter? Mutter, wo bist du?«
    Mikela tätschelte ihm die Schulter. »Ich bin hier, mein Sohn. Es ist Zeit, dass du aufwachst.«
    »Aber … aber Vater wollte, dass ich dir etwas sage.«
    Mikela sah die anderen an, und in ihrem Gesicht war deutlich Besorgnis zu erkennen.
    Tol’chuk murmelte weiter vor sich hin. »Vater will, dass ich dir sage, dass es ihm Leid tut, dass er dich vertrieben hat. Sein Herz hört immer noch deine Stimme, und seine Knochen erinnern sich an deine Hitze. Er vermisst dich.«
    Mikelas Stimme drohte zu versagen. Sie verbarg ihre Tränen nicht. »Ich vermisse ihn auch.« Sie umfasste Tol’chuks Schulter fester. »Aber, Tol’chuk, es ist Zeit, hierher zurückzukehren. Es gibt noch viel zu tun.«
    »Ich erinnere mich … ich erinnere mich«, sagte er mit zunehmender Inbrunst. ›Der Vernichter‹ Tol’chuks Augen flogen auf, ein unterdrückter Schrei entkam seinen Lippen, und

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