Alasea 02 - Das Buch des Sturms
erklären, was wir wollen?« fragte Flint. »Ich glaube, du musst ihn überzeugen.«
Saag-wan schluckte angestrengt. »Ragnar’k, der kleine Drache ist verletzt und braucht Hilfe.«
Sie spürte seinen ungestümen Drang und seinen Heißhunger. Schmerz stark. Ich werde kleinen Drachen essen, dann tut nicht mehr weh.
Saag-wans Stimme klang streng. »Nein. Ich möchte, dass er geheilt wird. Dein Blut kann diesem kleinen Drachen helfen.«
Ein eindringliches Gefühl der Verwunderung und Ungehaltenheit übertrug sich von dem Drachen auf sie, aber gleichzeitig spürte sie so etwas wie Einvernehmen und Fügsamkeit. Bande der Leibgefährten stark, sagte er schließlich, ihren Wunsch bestätigend.
Sie winkte Flint herbei. »Er ist bereit, es zu tun.«
Flint zog ein Messer, doch Ewan stand neben ihm und schob die Hand des Alten weg. »Ich habe eine Klinge zum Aderlassen«, sagte er, während er das gewaltige Ungeheuer gebannt anstarrte. »Es wird keine so große Wunde hinterlassen.«
Flint nickte dem Heiler zu.
»Nimm zwei von diesen Krügen«, befahl Ewan. »Diese Menge dürfte ausreichend, um dem Drachen zu helfen.«
Saag-wan beobachtete, wie der Heiler sich behutsam dem dicken Nacken des Ungeheuers näherte. Er murmelte leise etwas vor sich hin; es ging dabei um irgendwelche Zeichnungen in alten Texten. Aus einem Beutel an seiner Hüfte zog er ein langes, schmales Glasröhrchen, das in Watte eingepackt war und an einem Ende spitz zulief.
Er hob den Blick fragend zu Saag-wan. »Sag ihm, es wird ein bisschen wehtun.«
Wehtun?
»Er kann dich hören und verstehen.«
Ewan legte dem großen Tier die Hand an den Hals. Der Drache zuckte unter dem Mädchen zusammen. Sie beruhigte ihn, indem sie ihn streichelte und ihm stille Botschaften übermittelte.
Der Heiler tastete prüfend Ragnar’ks Hals ab, dann setzte er schließlich die Glaskanüle an. »Bist du bereit?«
Saag-wan erkundete den Gemütszustand des Drachen und nickte.
Der Heiler stieß schnell und sicher zu, tief unter eine daumengroße Schuppe.
Saag-wan holte tief Luft und schlug sich selbst mit der Hand an den Hals. Sie bildete sich ein, das Brennen einer Seenessel zu spüren. Der Drache hielt ganz still, doch er senkte die Augenlider ein wenig, ein Anzeichen dafür, dass er den Stich spürte. Saag-wan rieb sich den Hals. Also teilte sie mehr mit ihm als nur seine Gedanken.
Sie sah zu, wie das hellrote Blut durch die Glaskanüle in den Behälter floss, den Flint hinhielt. Nach kurzer Zeit waren beide Krüge randvoll. »Das reicht«, sagte Ewan und zog die Kanüle weg. Er drückte die Faust auf die Wunde.
Moris und Flint hielten jeweils einen Krug mit Drachenblut. »Was machen wir jetzt damit? Auf Conchs Wunden streichen?«
»Nein«, entgegnete der Heiler. Er nahm die Faust vom Hals des Drachen und beugte sich vor, um seine Arbeit näher zu betrachten. Er nickte zufrieden, versetzte dem Drachenhals einen sanften Klaps und wandte sich den anderen zu. Er seufzte laut. »Gemäß den alten Texten über die Mer’ai muss der andere Seedrache das Blut trinken.«
»Großartig«, murrte Flint mit finsterer Miene.
Schulterzuckend ging Moris voraus ins seichte Wasser. Der Junge begleitete sie.
Alles verlief glatt. Schon der Geruch des Blutes erfüllte den sterbenden Drachen mit neuem Leben. Conch hob den Kopf, da sich die Männer mit den beiden Krügen näherten. Er schlürfte gierig das sich bereits verdickende Blut in sich hinein, als sie ihm die Gefäße zwischen den scharfen Zähne ansetzten. Flint und der Junge hielten Conchs Kopf, während dieser trank. Bald waren beide Krüge leer.
»Reicht das?« fragte Saag-wan, während Conch die letzten Reste, die in jedem der Krüge verblieben waren, mit der langen Zunge ausleckte.
Mein Blut ist stark, antwortete Ragnar’k ihr.
Seine Worte erwiesen sich als wahr. Nach nur wenigen Herzschlagen war Conch fähig, den Kopf vollkommen vom Strand zu heben. Er versuchte sogar angestrengt, sich mit den Vorderbeinen hochzustemmen. Seine verletzten Flügel ruckten und breiteten sich aus, wobei sie den Jungen ins Wasser stießen.
»Seht euch nur die Wunde an seiner Brust an!« rief Ewan aus. »Die Ränder ziehen sich zusammen wie die Blütenblätter einer Sommerblume in der Nacht.«
»Wird er mit dem Leben davonkommen?« fragte Saag-wan mit angehaltenem Atem.
Mein Blut ist stark, wiederholte Ragnar’k, und er klang ein wenig ungehalten über ihre Zweifel.
Conch gab ein lautes Pfeifen von sich, trompetete die Kunde
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