Alasea 02 - Das Buch des Sturms
Teile der Horde hatten in regelmäßigen Abständen die Gesellschaft auf ihrem Weg bedroht, aber zum Glück waren es langsame Geschöpfe. Solange die Gefährten in Bewegung gewesen waren, war eine größere Gefahr von den Flammen und der Hitze ausgegangen als von den Spinnen.
Aber jetzt …
Über die versengte Erde strömte eine Masse roter Spinnenkörper von den Waldrändern zu beiden Seiten der Feuerschneise auf den Weg zu. Verstreut herumliegende glühende Scheite verbrannten viele der Angreifer, deren Körper zischend zusammenschrumpften, doch die anderen setzten ihren Marsch über ihre toten Artgenossen fort. Selbst in dem wirbelnden Rauch schwebten winzige Spinnen auf zarten Seidenfäden dahin.
Der Tod krabbelte, rutschte und schwebte auf sie zu.
Er’ril blickte zu dem festgefahrenen Wagen und trieb seinen Hengst zu ihm zurück. »Verringert die Fracht«, rief er den Wageninsassen zu. »Werft unsere Vorräte heraus.«
Tol’chuks mächtiger Arm schwenkte die hintere Plane beiseite. Ferndal spähte heraus, während der Og’er aus dem Wagen kletterte.
»Nein!« brüllte Er’ril. »Geh wieder rein! Am Boden wimmelt es von Spinnen. Werft einfach nur die Ausrüstung und die Vorräte heraus!«
»Ich wiege mehr als all unsere Vorräte zusammen«, erwiderte Tol’chuk; er missachtete Er’rils Befehl und hievte seinen massigen Körper unbeirrt aus dem Wagen. Der Og’er plumpste barfuß auf den Weg. »Wir Og’er haben ein dickes Fell. Keine mickrige Spinne kann unsere Haut durchdringen.«
Unterdessen hatte Er’ril sein Pferd neben Tol’chuk gebracht. »Trotzdem«, sagte er mit Nachdruck, »ich würde lieber all unsere Vorräte einbüßen als dich.«
Tol’chuk klopfte Er’ril freundlich aufs Knie. »Ich auch«, antwortete er und lächelte so breit, dass er die Reißzähne entblößte.
Dann ging der Og’er in die Knie und packte die Hinterachse mit seinen großen, krallenbewehrten Händen. Seine Muskeln wölbten sich wie knollige Wurzeln, als er die hintere Hälfte des Wagens hochhob und das Gefährt nach vorn neigte. »Jetzt!« brüllte er, und seine Stimme kündete von der Anstrengung.
Der Knall einer Peitsche durchschnitt die Luft. Der Wagen machte einen Satz nach vorn, als ob er von einer Biene gestochen worden wäre. Mit einem Stöhnen folgte Tol’chuk; immer noch hielt er den Wagen hoch, und seine Beine steckten bis zu den Knöcheln im Schlamm.
Sobald die Hinterräder über den Baumstamm hinweg waren, ließ Tol’chuk den Wagen los. Er krachte auf den Weg, der jetzt frei von Hindernissen vor ihm lag. Offensichtlich zufrieden, rieb der Og’er die Hände aneinander, um sie von dem Achsfett zu reinigen, und zog die Füße aus dem Morast. »Jetzt können wir weiter.« Er machte einen Schritt über den umgefallenen Baumstamm, ging zum Wagen und stieg wieder ein.
Er’ril, dem der Schweiß in den Augen brannte, staunte nur so über den Kraftbeweis des Og’ers. Tol’chuks Auftreten, immer leise und zurückhaltend, täuschte über die Kraft und Energie des Geschöpfes hinweg. Er’ril musste sich ins Gedächtnis einprägen, dass er dieses besondere Mitglied der Gruppe niemals unterschätzen durfte.
»Spinnen«, sagte Elena und unterbrach Er’rils Gedanken, indem sie ihre Stute tänzelnd neben ihn brachte.
Wie die Brandung, die sich an einer Küste bricht, wogte die Front der Spinnenarmee auf den Weg. Gleichzeitig schwärmten die Flanken der üblen Truppe an den schwarzen Stämmen der benachbarten Bäume hinauf und ließen sich an Seidenfäden von oben auf die Gruppe hinab. Anscheinend waren all die vielen Untiere nur von einem einzigen Streben beseelt: Er’ril und seine Gefährten in ihrer klebrigen Umarmung zu ersticken.
Er’ril drehte sich im Sattel um. »Ni’lahn, nimm Elena und reite zu Merik voraus. Kral, bleib hier bei mir. Wir müssen diese Ungeheuer aufhalten.«
Vor ihnen streckte Mogwied den Kopf um die Kante des Wagens. Seine bernsteinfarbenen Augen waren weit aufgerissen vor Angst. »S … soll ich vorausfahren? Merik ist beinahe außer Sichtweite.«
Er’ril vollführte einen Handschwenk nach vorn und rief ihm zu: »Los! Hol ihn ein! Und schone die Pferde nicht!« Er wartete einen Atemzug lang, um sicherzugehen, dass auch Ni’lahn und Elena seine Anweisungen befolgte, dann wandte er sich zu Kral um.
Angetan mit Kapuzenumhang und Maske, bot der Gebirgler einen bedrohlichen Anblick, wie er so auf seinem schwarzen Schlachtross mit den feurigen Augen saß. Das Pferd scharrte mit
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