Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
Vom Netzwerk:
Augenblick auf, sodass die Strahlen der spätnachmittäglichen Sonne auf den erstarrten Wald fielen. Wo Sonnenlicht auf kristallenes Eis traf, brachen tausende winzige Regenbogen hervor. Die Landschaft verwandelte sich für die Dauer eines langen Atemhauchs in einen süßen Traum - einen Wald aus Eis und Regenbogen.
    »Wie wunderschön!« sagte Ni’lahn; ihre Stimme war vor Ergriffenheit belegt. »Als ob dem Lied des Waldes Substanz und Form verliehen worden wäre.«
    Elena wandte gewaltsam die Augen von dem leuchtenden Wald ab. Hier überlagerte die betäubende Schönheit den Tod und die Zerstörung in ihrem Herzen auf so süße Weise! Heiße Tränen rannen ihr über die eiskalten Wangen. Der Tod sollte niemals so strahlend sein!
    »Was fehlt dir?« fragte Er’ril. »Bist du verletzt?«
    Elena betrachtete ihre Hand und schüttelte den Kopf. Selbst an der Stelle, wo sie sich mit dem Dolch den Daumen aufgeritzt hatte, zeigte sich keine Wunde. Der Schnitt war ohne Narbe verheilt. Ihre rechte Hand war jedoch nicht ganz spurlos davongekommen. Während die Magik aus ihrer Wunde gesickert war, war der Fleck auf ihrer Haut verblasst. Statt der üblichen tiefroten Spiralen wies ihre Handfläche jetzt lediglich eine leichte Rötung auf, als ob sie einen Sonnenbrand davongetragen hätte. Die Zerstörung des Waldes hatte beinahe ihre gesamten Magik-Reserven aufgebraucht und nur einen kleinen Rest ihrer Kraft übrig gelassen. Sie hob die Hand und zeigte sie Er’ril. »Mir geht’s gut. Aber ich habe nur noch ganz wenig Magik übrig.«
    Der Präriemann sah sie an, dann nickte er. »Kein Grund zur Sorge. Jetzt müsste es uns gelingen, den Wald zu durchqueren. Du kannst deine Reserven immer wieder erneuern, sobald deine Magik vollkommen aufgebraucht ist.«
    »Warum muss ich warten, bis die Magik ganz und gar weg ist, bevor das möglich ist?« fragte sie und senkte die Hand. »Wäre es denn nicht sicherer, meine Kraft ständig zu erhalten?«
    »Jetzt denkst du wie ein echter Magiker«, brummte er; seine Besorgnis ließ vorübergehend nach. »Mein Bruder Schorkan hat die gleiche Beschwerde vorgebracht. Zu seiner Zeit haben viele Magiker versucht, Wege zu entdecken, ihre Magik zu erneuern, bevor ihre Reserven völlig ausgeschöpft waren. Keinem ist es gelungen. Es geht einfach nicht.«
    »Dann sollte ich vielleicht am besten die letzten Reste meiner Macht verbrauchen, um sie jetzt gleich erneuern zu können.« Das war an sich eine kluge Überlegung, doch die Vorstellung, ihre Magik schon wieder zu entfesseln, brachte ihr Herz zum Beben.
    »Nein. Beschäftige dich nicht einmal mit diesem Gedanken.« Er’rils Gesicht verfinsterte sich vor Besorgnis, seine Stimme klang angespannt. »Magik ist eine Gabe, die man nicht leichtfertig vergeuden darf. Sie sollte nur gezielt angewandt werden. Lass es dabei bewenden.« Er’ril trieb sein Pferd mit den Fersen an und bedeutete den anderen mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. »Los jetzt!«
    Elena ließ jedoch nicht locker, sie hielt Nebelbraut auf gleicher Höhe mit dem Hengst des Präriemannes. »Aber warum? Welchen Unterschied macht das? Darf ich meine Kraft denn nicht ganz nach meinem eigenen Belieben einsetzen?«
    Er’ril sah sie nicht an, als er ihr antwortete. »Darin liegt eine große Gefahr, Elena. Der leichtfertige Umgang mit der Magik hat zu meiner Zeit zum Verderben so manchen Magikergeistes geführt.«
    Er ritt schweigend weiter, und seine Augen spähten in eine unbestimmte Ferne. Schon hatte Elena die Unterhaltung für beendet gehalten und sich abgewandt, da fing Er’ril wieder an zu sprechen, und seine Stimme klang schwach und angestrengt. »Bald wurden diese Magiker trunken von der eigenen Macht. Viele wurden größenwahnsinnig. Auf diese Weise entstand die Bruderschaft der Dunkelmagik.« Er sah sie eindringlich an. »Sei gewarnt. Du läufst nicht nur Gefahr, zu Tode zu kommen, wenn du deine wilde Magik nach Lust und Laune verwendest - auch dein Geist und deine Seele könnten dabei in Mitleidenschaft gezogen werden.«
    Elena spürte den Wahrheitsgehalt seiner Worte. Sie hatte den verführerischen Ruf ihrer Magik vernommen und wusste tief in ihrem Innern, dass ein Teil ihrer Seele bereits auf ihn ansprach. Ein Schauder durchfuhr sie. Wie lange würde es dauern, bis dieser Teil ihres Ichs wuchs und womöglich die Übermacht gewann? Mit zitternden Fingern streifte sich Elena den Wildlederhandschuh wieder über die rechte Hand und beschloss, dass sie ihre Magik nur anwenden

Weitere Kostenlose Bücher