Alasea 02 - Das Buch des Sturms
Mogwied!« rief er. »Wir schaffen es.« Doch die Worten fühlten sich auf seiner Zunge wie eine Lüge an. Er’ril versuchte, die Spinnen zu missachten, die immer näher kamen, doch es war schwierig, das ständige leise Scharren der marschierenden Horde zu überhören. Das Geräusch zehrte an seinen Nerven. »Tol’chuk, sie haben uns fast erreicht.«
»Ich habe große Ohren, Präriemann. Ich höre sie auch.« Der Og’er kam zur Rückseite des Wagens und schob von hinten, um die Last der schwer schuftenden Pferde vorn zu erleichtern. Er tappte langsam voran.
Zu langsam, fürchtete Er’ril. Er wagte einen Blick zurück. Der Weg hinter ihnen war bereits überflutet von einem Meer sich windender und wogender Körper. An beiden Seiten, nur je eine Pferdelänge entfernt, drängte die Horde heran. »Wir müssen schneller sein«, murmelte er vor sich hin.
Plötzlich ertönte lautes Gebell vor dem Wagen, sodass Er’rils Pferd scheute. Er hatte alle Mühe, zu verhindern, dass das Tier in die Meute der Spinnen sprang. Vor ihm machte der Wagen einen Satz, entglitt Tol’chuks Griff und hätte den Og’er beinahe in den Dreck geworfen. Tol’chuk stolperte ein paar Schritte, dann gewann er das Gleichgewicht wieder und verfluchte den entfliehenden Wagen. Das Bellen hörte nicht auf; es war gemischt mit einem lauten Knurren.
Er’ril trieb sein Pferd an, um der Sache nachzugehen. »Tol’chuk, kannst du mithalten?« fragte er, als er an dem sich schwerfällig voranschleppenden Og’er vorbeitrabte.
Japsend vor Anstrengung, nickte Tol’chuk mit dem massigen Kopf. »Du brauchst mir nur den großen Wagen aus dem Weg zu räumen, dann wirst du sehen, wie schnell ich laufen kann.«
Er’ril packte die Zügel und drängte sein Pferd zur Vorderseite des Wagens. Als er seitlich neben dem Gefährt war, erkannte er den Grund für den Aufruhr.
Ferndal!
Der große schwarze Wolf jagte hinter den Beinen der Pferde her, schnappte nach Knöcheln und duckte sich gelegentlich unter dem Tritt eines Hufs. Die Augen des Wolfes leuchteten bernsteinfarben in der Düsternis des Rauchs, während er die verängstigten Pferde und den Wagen weiter trieb.
Vielleicht gab es eine Möglichkeit …
Weiter vorn kam das Ende des Weges in Sicht. Es war ein Anblick, der das Herz erfreut hätte - wenn Er’ril nicht gesehen hätte, dass die Strecke zwischen ihnen und der Freiheit von einer wuselnden Spinnenarmee bedeckt war. Die Horde hatte sie seitlich überholt! Aber wie?
Da bemerkte Er’ril einen parallel zum Weg verlaufenden Bach, etwa eine Viertelmeile entfernt. Seine feuchten Ufer hatten den Spinnen einen Schleichweg durch den verbrannten Wald geboten, sodass sie dem Wagen den Fluchtweg abschneiden konnten. Er’ril drehte den Kopf blitzschnell in alle Richtungen. Sie waren vollkommen von Spinnen eingekreist.
Mogwied hatte anscheinend gleichfalls das Hindernis, das sich ihnen in den Weg stellte, bemerkt, denn er zog jetzt an den Zügeln. »Ferndal! Hör auf! Lass die Pferde in Ruhe!« rief der dünne Gestaltwandler. »Wir müssen anhalten! Schnell!«
Der Wolf befolgte die Befehle seines Bruders und eilte zur Spitze des Zuges, um seinem Bruder mit Gebell zu helfen, den Wagen anzuhalten.
Er’ril erkannte die Sinnlosigkeit des Unternehmens. Wenn sie anhielten, hatten sie nicht die geringste Chance, den Bissen dieser Spinnen zu entkommen. Sie würden mit Sicherheit überwältigt werden, sobald sie auf dem Weg stehen blieben. Er umklammerte die Zügel seines Pferdes fester, da er sich weigerte, sich mit der Niederlage abzufinden. Nein, wenn er schon sterben musste, dann würde er sein Leben im Kampf beenden.
Er’ril schoss auf gleiche Höhe mit dem Wagen. Ihnen blieb nur noch eine Verteidigung: Schnelligkeit. Und Mogwied war im Begriff, diesen einzigen Vorteil zunichte zu machen! »Lass die Pferde nicht langsamer werden! Halt sie im Trab! Das ist unsere einzige Chance!«
Mogwieds Augen blickten vor Angst wild um sich. Anscheinend war er gegenüber Er’rils Rufen taub, denn er zerrte immer noch an den Zügeln des Leitgauls.
Er’ril war klar, dass er keine Zeit hatte, sich mit dem Gestaltwandler auseinander zu setzen und ihn zu überzeugen. Wenn es auch nur die geringste Hoffnung auf ein Überleben geben sollte, musste er sich der Herrschaft über das Gefährt bemächtigen. Mit dem Geschick, das er sich in jahrhundertelangem Reiten erworben hatte, richtete sich Er’ril auf, bis er aufrecht auf seinem galoppierenden Pferd stand, dann beugte er
Weitere Kostenlose Bücher