Alasea 02 - Das Buch des Sturms
Angriff der Spinnen. Als Er’ril zu ihm trat, war Tol’chuks Gesicht immer noch verzerrt vor Schmerz, und sein Atem ging rasseln, unterbrochen von einem rauen Husten. Der Og’er verdrehte die blutunterlaufenen Augen zu Er’ril, als sich der Präriemann über ihn beugte.
»Wir haben es geschafft, nicht wahr?« keuchte Tol’chuk.
Er’ril legte dem Og’er die Hand auf die Schulter. Wo seine Finger eine der Pusteln berührten, brannte seine Haut wie Feuer. Er konnte nur ahnen, welche Schmerzen der Og’er durchgemacht hatte. »Du hast es geschafft, mein Freund. Dein Mut und deine Kraft haben uns gerettet.«
Tol’chuk nickte. »Gut. Wie gesagt, wir Og’er sind ziemlich dickhäutig.« Mit diesen Worten schloss Tol’chuk die Augen und brach im Gras zusammen.
Bevor Er’ril prüfen konnte, ob Tol’chuk noch atmete, tönte eine krächzende Stimme über die Wiese. »Weich zurück von eurem Dämon! Zwing uns nicht, deinen Leib mit gefiederten Pfeilen zu spicken!«
Er’ril richtete sich auf und sah etwa zwanzig Gestalten in grünen Umhängen aus dem hohen Gras auftauchen, jede bewaffnet mit einem gespannten Bogen. Instinktiv griff er nach seinem Schwert, doch ebenso schnell erkannte er, dass er diese Schlacht niemals gewinnen konnte. Er musterte die entschlossenen Gesichter, die ihn umgaben.
Nein, jetzt war nicht die Zeit zum Kämpfen.
Er’ril hob den Arm und zeigte die flache Hand - die allgemein gebräuchliche Geste der Ergebung.
Eingewickelt in eine dicke Decke, lag Vira’ni zwischen den aufgehäuften Kissen, als sie die hastigen Schritte zahlreicher Leute hörte, die ins Lager kamen. Stimmen erhoben sich zu freudigem Jubel, und hin und wieder erschallten Siegesrufe. Da sich jemand eilends ihrem Zelt näherte, richtete sich Vira’ni auf und hielt sich einen Arm schützend vor den Bauch.
Die Eingangsklappe des Zeltes flog schwungvoll auf, und Vira’ni erschrak, doch es war nur Betta. Die große Frau, bekleidet mit einem fleckigen grünen Umhang, dessen Kapuze sie von dem kurz geschnittenen blonden Haar zurückgeschoben hatte, stürmte ins Zelt. Ihre Augen strahlten hell, und sie lächelte breit. Atemlos rannte sie zu Vira’ni und kniete neben ihr nieder. »Wir haben es geschafft!« rief sie aus, wobei sie vor Erregung beinahe zitterte. »Wir haben sie alle gefangen genommen!«
Vira’ni hätte sich keine schönere Nachricht wünschen können. »Alle?«
Betta nickte. »Du hattest Recht. Sie kamen sogar mit einem riesigen Dämon, der ihren Wagen zog. Mit Klauen und Reißzähnen - ein abscheulicher Anblick. Zum Glück für uns brach er ziemlich schnell zusammen.«
Vira’ni erinnerte sich nicht, dass in ihrer Vision ein Dämon vorgekommen wäre, aber vielleicht war das eine List der Hexe. »Und das Mädchen? Hast du eine zierliche junge Frau auf einem Pferd gesehen?«
»Ja, das arme Ding. Anscheinend war sie die Gefangene eines bärtigen Unholds. Wir haben sie mit einem gut gezielten Pfeil befreit, und sie ist dann selbstständig entkommen.« Betta lächelte stolz. »Das Letzte, was wir von ihr gesehen haben, ist, wie sie schnell wie der Wind über die Wiesen davonritt.«
Vira’nis Blut erstarrte bei jedem Wort, das Betta aussprach, mehr. Nein! Das durfte nicht wahr sein! Die Hexe war ihrer Schlinge entkommen! Das Entsetzen über diese Erkenntnis spiegelte sich offenbar in ihrem Gesicht wider.
»Stimmt etwas nicht?« fragte Betta, deren Lächeln einem besorgten Ausdruck wich.
»Das Mädchen …«, stammelte Vira’ni. »Das Mädchen ist der Dämon, der sie anführt. Sie trägt das Fleisch der Unschuld wie ein Kostüm. Sie ist diejenige, die meine Kinder getötet hat!« Ihre Stimme klang jetzt fast hysterisch. »Du musst mir glauben.«
Betta, die die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen hatte, legte den Daumen an die Stirn - eine Geste zur Abwehr des Bösen. »Ich zweifle nicht an dem, was du sagst. Der andere Dämon, den wir heute erblickt haben, bestätigt den Wahrheitsgehalt deiner Worte.« Die Jägerin erhob sich schwerfällig. »Bleib hier! Ich muss es den anderen sagen. Hoffentlich haben wir dieses weibliche Ungeheuer aus unserem Gebiet vertrieben. Aber wer weiß schon, was im Kopf eines Dämons vor sich geht? Vielleicht versucht sie, ihre Gefährten zu retten. Wir müssen auf alles gefasst sein.«
Vira’ni streckte die zitternde Hand zu Betta aus. »Nein, wir müssen sie suchen. Sofort!«
Betta schüttelte den Kopf. »Die Nacht bricht herein. Und wir Jäger suchen kein waidwundes
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