Alasea 02 - Das Buch des Sturms
schenkte auch ihren Worten keine Beachtung. Ihr Blick war auf den Krieg der Energien gerichtet, der sich in der Brust der Frau seinem Ende zuneigte. Die silberne Flamme der Elementarmagik war zu einem schwachen Flackern verblasst. Schwarze Magik wirbelte um dieses kleine Flämmchen herum und entzog ihm immer noch Energie.
Es ist noch nicht zu spät! Die letzten klaren Worte der Frau hallten höhnisch in Elenas Ohren nach. Wie war das gemeint? Wieso war es noch nicht zu spät?
Das Dunkel wallte und brodelte um den winzigen Funken.
Dann begriff Elena plötzlich.
Während die ersten Skorpione an ihren Stiefeln heraufkrabbelten, drückte sie die Handfläche noch fester gegen Vira’nis Brust, als ob sie versuchte, die Dämonin von sich fern zu halten. Bitte … bitte, lass es noch nicht zu spät sein!
Elena unternahm noch einmal einen Vorstoß in die Brust der Frau, indem sie den letzten Rest ihrer Hexenglut einsetzte. Wieder floss ihre Magik zu der winzigen Elementarflamme hin. Doch statt ihn zu speisen, umschloss ihre Hexenglut diesmal den Funken von Elementarmagik - und drückte.
So wie man die Flamme einer Kerze auskneift, erstickte Elenas Magik die verbliebene Helligkeit in Vira’nis Brust und löschte so das Elementarfeuer der Frau.
In der Leere verdichtete sich die schwarze Energie um Vira’nis Herz herum und verschluckte die letzten Reste von Elenas Magik. Nachdem nun Elenas Macht vollends verbraucht war, verdunkelte sich ihre Sicht. Nun konnte sie die Ströme der Magik nicht mehr sehen.
Elena nahm die Hand von Vira’nis Brust. Ihre Finger waren kalt und blass. Nicht einmal eine Spur des ›Zeichens der Rose‹, wie Er’ril den roten Fleck auf ihrer Hand genannt hatte, war geblieben.
Plötzlich wurde sie am Handgelenk gepackt.
Elena machte einen Satz und versuchte, sich loszureißen, aber der Griff war eisern. Sie blickte in Vira’nis wilde Augen. Die Dämonin grinste und verdrehte Elenas Arm.
Elena keuchte schmerzerfüllt, vor Schreck zu sehr erstarrt, um sich zu wehren. »Hör auf, so herumzuhampeln. Du …« Vira’nis Gesicht nahm plötzlich einen verwirrten Ausdruck an, als ob sie vergessen hätte, was sie hatte sagen wollen.
Für die Dauer eines Herzschlags wurde der Griff um Elenas Handgelenk wie in einem Krampf noch fester, sodass Elena laut aufschrie. Dann lockerte sich die Umklammerung, und Vira’nis Hand fiel von ihr ab.
Als sie wieder frei war, taumelte Elena rückwärts. Skorpione knackten unter ihren Absätzen. Andere, die an ihren Stiefeln hafteten, zermalmte sie mit seitlichen Fußtritten. Die Skorpione waren anscheinend ebenso verblüfft und verwirrt wie Vira’ni. Einige stachen sogar ihre Artgenossen, während wieder andere so reglos verharrten wie ihre Herrin.
Plötzlich erschauderte Vira’ni, als ob sie Spinnweben von ihrem nackten Körper abschütteln wollte. Während sie so zitterte, verfärbte sich ihre weiße Locke und wurde dunkel, passend zu ihrem übrigen schwarzen Haar. Einen Augenblick lang glaubte Elena, einen dunklen Nebel zu sehen, der aus der Haut der Frau aufstieg und in die Nacht verwehte.
Ein geflügelter Skorpion landete mit ausgestrecktem Stachel auf Elenas Arm. Elena zuckte zusammen und wollte daraufschlagen, als das giftige Geschöpf zusammensackte und zu einem schimmernden schwarzen Klumpen auf ihrem Arm schrumpfte. Es war geronnenes Blut. Elena schüttelte es voller Ekel ab.
Um Elenas Stiefel herum schrumpften die anderen Skorpione ebenfalls zu blutigen Klumpen zusammen, die in der kühlen Nacht zu dampfen schienen. Wie Wellen von einem in einen Teich geworfenen Stein breitete sich die Auflösung der Skorpionarmee von den beiden Frauen nach außen hin aus, bis die giftigen Geschöpfe allesamt verschwunden waren.
Die Horde war tot.
Vira’ni jammerte. Elena sah zu ihr hin, ohne sich zu rühren, da sie der nackten Frau gegenüber immer noch argwöhnisch war.
Vira’ni schwankte und sank auf die Knie, inmitten von Schlamm und Blut. Ihr aschfahles Gesicht war noch blasser geworden, als ob alle Lebenskraft aus ihrem Körper gewichen wäre. Sie hob das Gesicht zu Elena. Das Schimmern des Wahnsinns in ihren Augen war weg. »Ist es … ist es vorbei?« fragte sie, und Tränen rannen ihr über die Wangen.
Plötzlich packte jemand von hinten Elenas Schulter. Vor Angst schlug ihr das Herz bis zum Hals, bis sie feststellte, dass es Er’ril war. Der Präriemann trat zwischen Elena und Vira’ni.
»Zurück!« befahl er Elena eindringlich. Die Eisenhand war
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