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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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erhoben, die kalten Finger griffen nach Vira’nis Kehle.
    »Nein«, sagte Elena und zog an seinem echten Arm. »Lass sie in Ruhe. Sie stellt jetzt keine Gefahr mehr dar. Die dunkle Magik hat sie verlassen.«
    »Wie das?« fragte er unwirsch. Seine Schultern waren gestrafft vor Zorn.
    »Sie war ein Elementargeist. Der Herr der Dunklen Mächte hat auf irgendeine Weise seine schwarze Energie mit ihrer naturgebundenen Magik vermischt. Sobald diese Verbindung zunichte gemacht war, hatte die böse Energie keinen Halt mehr in ihr und verflog.«
    Er’ril senkte schweigend die Eisenfaust.
    »Es ist vorbei«, sagte Elena leise.
     
    Er’ril stellte fest, dass das Mädchen Recht hatte. »Vira’ni?« fragte er vorsichtig; seine Stimme klang jetzt weicher, da sein Zorn verflogen war.
    Sie hob das Gesicht zu dem seinen, und eine Mischung aus Schmerz und Verlorenheit schimmerte in ihren Augen. Dann machte ihre beherrschte Haltung schlichtem Kummer Platz. Vor seinen Augen wurde ihre Haut noch blasser, und ihr Fleisch schien bis auf die Knochen zu schrumpfen. Sie war dem Tod nahe.
    Er trat zu ihr. Hinter ihm setzte Elena zu einem Einwand an, da sie glaubte, er wolle sie angreifen. Er wies sie mit einer Handbewegung zurück und kniete neben Vira’ni nieder. Nach kurzem Zögern nahm er die Frau in den Arm. Bei seiner Berührung brach sie wie ein ins Schwanken geratener Holzstapel zusammen, zu schwach, um sich aufrechtzuhalten. Er legte sie sanft in seinen Schoß und schob schwarze Strähnen aus ihrem Gesicht; er hatte es immer gehasst, wenn ihr Haare in die Augen fielen.
    Während er sie ansah, erinnerte sich sein Herz an das Gesicht, das er einst geküsst, und die Frau, die er einst geliebt hatte.
    Vira’ni sah zu ihm auf. »Es … es tut mir so Leid, Er’ril.« Tränen glänzten im Feuerschein auf ihren Wangen. »Ich … was ich getan habe …«
    Der Präriemann berührte ihre Lippen mit einem Finger. »Pscht, pscht … das warst nicht du.«
    Vira’ni zitterte unter seiner Berührung; sie war jetzt selbst zum Sprechen zu schwach. Sie wollte seine Hand ergreifen, wobei ihre Finger wie ein sterbender Vogel flatterten, doch sie war zu matt, ihre Hand fiel herunter.
    Er’ril wusste, dass der Tod nah war. Er wischte ihr die Tränen von den Wangen und nahm ihre Hand in die seine; ihre Finger verschränkten sich. Er beugte sich tiefer zu ihr hinab. Er würde sie nicht noch einmal im Stich lassen, jetzt nicht.
    Ihre Augen waren kaum geöffnet. Er drückte seine Wange an die ihre und flüsterte ihr ins Ohr. »Ich bin es, dem es Leid tut, Vira’ni. Ich hätte dich niemals verlassen sollen.«
    Sie bemühte sich zu sprechen, ihr Atem verfing sich in ihrer sterbenden Kehle. »Ich … ich habe dich geliebt.«
    Er beugte sich über ihre Lippen und küsste sie zärtlich. Er spürte, wie sie sich unter ihm entspannte. »Und ich habe dich geliebt«, flüsterte er, wobei er die Lippen von den ihren hob, aber sie war schon gegangen. Er hielt ihre kalte Hand einige Atemzüge lang, seine Wangen waren feucht, sein Kopf gesenkt.
    Neben ihm fiel die Eisenfaust in den Schlamm, wieder einmal nur eine leblose Skulptur. Er achtete nicht auf den Verlust seines Phantomarms und betete im Stillen, Vira’ni möge seine letzten Worte gehört haben.
    Denn wahrlich, er hatte sie geliebt.
     
    Zwei Tage später stand Elena morgens an Ni’lahns Grab am Waldrand. Sie hatten ihre Gefährtin im Schatten der toten Bäume begraben. Die Spinnen waren längst aus dem Wald verschwunden, vernichtet wie die Skorpione, nachdem die Magik des Herrn der Dunklen Mächte wirkungslos geworden war.
    Elena kniete an dem Grab nieder. Die frisch aufgeworfene Erde war wie ein Makel am Rand der Wiese. Die Gruppe hatte die Absicht, in aller Frühe in die Ebenen aufzubrechen, aber Elena wollte noch ein Letztes tun, bevor sie diesen Ort verließ.
    Sie betrachtete den kleinen Grabstein. Der Anblick schmerzte Elena: Wieder einmal hatte jemand sein Leben lassen müssen, um ihr auf ihrer Reise zu helfen. Anscheinend würde der Pfad, den sie beschritt, immer von Blut und Tränen gesäumt sein. Sie schniefte, um ein Schluchzen zu unterdrücken, dann bohrte sie zaghaft ein kleines Loch in die lockere Erde des Grabs.
    Sie lehnte sich auf die Fersen zurück und nahm eine kleine Eichel - die Mogwied ihr geschenkt hatte - aus ihrer Brusttasche. Sie legte sie in das flache Loch und schichtete behutsam Erde darüber. »Wenn ich schon nicht deine Waldheimat wieder herstellen kann, Ni’lahn«,

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