Alasea 02 - Das Buch des Sturms
Joach und wandten sich dann genauso schnell wieder von ihm ab. »Sie ist wieder auf Wanderschaft«, sagte er kühl. »Sie ist aus den Zahnbergen geflohen, dem Gebirge entkommen und in den Ebenen bei den Leuten der Prärie untergetaucht.«
»Wie konnte das geschehen? Ich dachte, der Herr der Dunklen Mächte hat alle Wege, die aus den Bergen herausführen, von seiner Armee sichern lassen. Was ist da schief gelaufen?«
»Sie hat es geschafft, die Getreue, die die Horde im Leib trug, zu überwinden und zu töten.«
»Verflucht soll dieses Kind sein!«
»Du weißt doch, Greschym, die Hexe ist sehr einfallsreich, was ihr Überleben angeht. Oder hast du Winterberg vergessen? Übrigens wird sie von meinem Bruder gut behütet.«
Greschym schlug mit seinem Stab auf den Boden. »Da wir gerade von deinem Bruder sprechen«, sagte er, und der Ärger in seiner Stimme war nicht zu überhören, »wie kommt es, dass Er’ril immer noch lebt? Dafür hast du nie eine Erklärung geliefert. Er verfügt über keinerlei Magik.«
Der Prätor senkte die Augen, und seine Miene verfinsterte sich. »Es gibt da etwas, das das Schwarze Herz nicht vorausgesehen hat. Das Buch des Blutes hat Er’ril für sich beansprucht. Es schützt ihn gegen die Einflüsse des Zahns der Zeit.«
Mit einem lauten Seufzer fuhr Greschym fort: »Und was ist mit dem Buch des Blutes, Schorkan? Hast du einen Weg gefunden, um den verdammten Wälzer zu öffnen?«
Ein leichtes Kopfschütteln des Prätors beantwortete die Frage. »Es geht nicht ohne Er’ril. Er ist der Schlüssel.«
Im Laufe seiner langen Gefangenschaft hatte Joach gelernt, die Launen des Dunkelmagikers zu deuten. Diese letzten Worte trafen offenbar bei Greschym einen wunden Punkt. »Dann gibt es also keine Möglichkeit, an das Buch zu gelangen«, murmelte er mürrisch.
Eine Spur von Ärger war den Worten des Prätors anzuhören. »Was ist dir denn so wichtig an diesem Buch? Solange es hier in A’loatal liegt, verschlossen oder nicht, erfüllt es den Zweck, die Hexe hierher zu locken. Wenn sie die Fallen überlebt, die unser Herr ihr stellt, wird sie sich einen blutigen Weg quer durchs Land erkämpfen, nur um sich in unsere Hände zu begeben. Der Plan unseres Herrn ist klug. Wir brauchen nur zu warten.«
Greschym hatte anscheinend kaum zugehört; er wirkte geistesabwesend. »Trotzdem, wenn ich an das Buch gelangen könnte …«
Der Prätor beugte sich näher zu dem Dunkelmagiker. »Was dann? Was könntest du dann tun?« Joach spürte die Drohung in den Worten des Mannes. Greschym wich einen Schritt zurück und prallte gegen Joach.
»Dann könnte ich … dann könnte ich es vernichten und ausschließen, dass es der Hexe in die Klauen fällt. Es ist gefährlich, die Hexe so nah an das Buch herankommen zu lassen.« Greschym räusperte sich. »Um etwas anderes geht es mir nicht.«
Joach wusste, dass die letzten Worte eine Lüge waren. Und der Prätor spürte es offenbar ebenfalls. Er ging um den Dunkelmagiker herum und musterte ihn misstrauisch von oben bis unten. Greschym hielt seinem prüfenden Blick unbeirrt stand.
Schließlich zog sich der Prätor die Kapuze wieder über den Kopf, zum Zeichen dafür, dass er das Gespräch für beendet hielt, und wandte sich ab. »Geh jetzt! Halte die Ohren auf und ziehe Erkundigungen ein. Wir müssen bereit sein für sie.«
Greschym wollte sich umdrehen, aber der große Mann ergriff noch einmal das Wort. »Und kümmere dich besser um deinen Diener. Er stinkt wie ein verfaulter Fisch.«
Normalerweise wäre Joach bei diesen Worten zusammengezuckt und rot angelaufen, aber stattdessen stand sein Körper weiterhin schlaff und stumpfsinnig neben dem Dunkelmagiker.
»Warum behältst du den Jungen überhaupt?« fuhr der Prätor fort. »Schick ihn doch zum Teufel!«
Greschym machte ein finsteres Gesicht. »Das werde ich nicht tun. Genau wie das Buch des Blutes ist der Junge eine Karte, deren Wert in diesem Spiel noch unbekannt ist. Ich werde ihn behalten, bis wir alle Trümpfe in der Hand haben und ausspielen können.«
Der Prätor ging ans Fenster und entließ die beiden mit einer Handbewegung. »Dann soll er sich wenigstens waschen.«
Greschym deutete eine Verneigung an und machte auf dem Absatz kehrt. Auf seinen Stock gestützt, humpelte der alte Magiker zu der großen, eisenbeschlagenen Eichentür. »Komm!« befahl er Joach barsch.
Die Beine des Jungen gehorchten, und Joach schlurfte im Schlepptau des Magikers davon.
Im Kopf überdachte Joach ihre Worte
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