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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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er doch nichts im Vergleich zu seinen Wurzeln. Sie bohrten sich tief in die Insel hinein und breiteten sich wie ein Netz unter der Stadt aus. Die alten Magiker von A’loatal pflegten ihre Magik in die Wurzeln des Baumes einzuspeisen und so einen lebendigen Hort der Energie zu schaffen. Dann verbreiteten die tausend Triebe der Wurzeln, die sich kreuz und quer unter der Stadt verzweigten, die Magik in ganz A’loatal und sorgten für den Erhalt der verzauberten Türme und anderer Wunder.
    Aber das war lange her.
    Während er hinter seinem Mitbruder hermarschierte, blickte Greschym zu dem toten Baum empor und empfand einen Anflug von Mitleid. Die Zeit war mit dem Baum nicht gnädiger umgegangen als mit ihm selbst. Nach dem Niedergang von A’loatal war der Baum dem Zahn der Zeit vieler Winter und dem Verlust der ihn erhaltenden Magik zum Opfer gefallen. Jetzt war der Baum nur noch ein Skelett aus kahlen Ästen, von denen die meisten längst abgestorben und der Fäulnis preisgegeben waren. Gelegentlich zwar, wie bei einem alten Mann, der die Augen öffnet, um einen letzten Blick auf die Welt zu werfen, wuchsen auf dem einen oder anderen Zweig kleine Blätterbüschel, aber die letzte Begebenheit dieser Art lag eine Ewigkeit zurück.
    Jetzt war der Baum nur noch ein lebloses Monument.
    Aber tot oder nicht, Greschym empfand immer noch eine gewisse Scheu in seiner Nähe. Das Flüstern uralter Magik schien von dem Baum angezogen zu werden, hing wie Moos von den Ästen. Obwohl die Spuren dieser uralten Magik schwach waren, ging eine Gefahr davon aus. Nur ein zartes Gewebe aus schwarzer Magik hielt den Tod von Greschyms Herzen fern, und selbst ein flüchtiger Hauch von chirischer Magik konnte einen Teil des komplizierten schwarzen Zaubers, der ihn am Leben hielt, auflösen oder schwächen.
    Deshalb hatte Greschym gelernt, mit Bedacht zwischen dem verfaulenden Bewuchs des Großen Hofs zu wandeln, und das ganz besonders in der Nähe des Koa’kona-Baums. Aber heute hatte er kaum eine Wahl. Obwohl sein Weg zu den Katakomben lediglich am Rand des Innenhofs entlangführte, zog ihn die Neugier in dessen Herz. Er wusste nur zu genau, dass dieser Pfad gefährlich war, doch wenn ein Verlangen in seinem Blut war, dann ließ sich Greschym nicht leicht entmutigen. Also folgte er Bruder Wonnig tiefer und immer tiefer in den Garten, wobei sie unterwegs anderen Brüdern begegneten.
    Greschym bemerkte, dass die Zahl der weiß gewandeten Gestalten zunahm, je näher sie dem Baum kamen; es wirkte fast wie eine feierliche Pilgerwanderung zu dem Baum. Einige Brüder führten andere, mit gesenkten Köpfen flüsternd, während andere allein gingen, die Augen zu den öden Zweigen erhoben. Was bewirkte einen so großen Andrang seiner wissensdurstigen Brüder?
    Mit jedem mühsamen Schritt wuchs seine Neugier. Warum war ihm nichts von alledem zu Ohren gekommen? Verärgerung mischte sich in seine Neugier. Er betrachtete die große Anzahl von weißen Kutten, die sich zu dem Baum begaben. Warum hatte er nichts gehört?
    Als ob er seine Gedanken gelesen hätte, antwortete Bruder Wonnig. »Es hat sich erst heute Morgen begeben. Aber Neuigkeiten verbreiten sich schnell.«
    »Was?« hakte Greschym bissig nach, da es ihm nun nicht mehr gelang, eine freundliche Gutmütigkeit vorzutäuschen.
    Bruder Wonnig warf ihm bei diesem schroffen Ton einen verdutzten Blick zu.
    Greschym fing sich wieder und bedeutete dem Mann mit einer Handbewegung weiterzugehen. »Tut mir Leid, Bruder Wonnig. Meine alten Gelenke machen mir zu schaffen. Ich fürchte, dieser kleine Ausflug war keine gute Idee.«
    Seine Worte beruhigten seinen Führer anscheinend. »Keine Angst, Bruder. Wir sind schon da.« Wonnig wandte sich nach vorn und schob die versammelten Männer sanft zur Seite. »Macht Platz«, schimpfte er. »Lasst einen älteren Bruder durch.«
    Das Meer aus Kutten teilte sich. Bruder Wonnig trat zur Seite, um Greschym den Vortritt zu lassen. »Es ist ein Zeichen, ein Omen«, sagte er atemlos, als Greschym an ihm vorbeihumpelte. »Das weiß ich einfach!«
    Greschym täuschte ein Straucheln vor und quetschte Bruder Wonnigs Fuß mit seinem Stock, während er zwischen den Gaffern um Halt rang. Nur die Nachgiebigkeit des mit Kieseln bedeckten Bodens verhinderte, dass dem Mann ein Zeh gebrochen wurde, doch vor Schmerz lief sein dickliches Gesicht rot an. Greschym ging weiter, als ob ihm nicht bewusst wäre, welchen Schaden er angerichtet hatte. Schließlich gelangte er zum Stamm des

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