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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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im Geben und Nehmen wie nur irgendeiner seiner Männer. Seinen grünen Augen entging nichts. Bekannt für sein aufbrausendes Naturell, urteilte der Kapitän schnell, und seine Recht- oder manchmal Unrechtsprechung war gefürchtet. Doch trotz des mehr als straffen Regiments, das Jarplin auf seinem Schiff führte, hatte Kast während der drei Winter, die er nun schon an Bord der Skipperjan verbrachte, widerwillig so etwas wie Hochachtung für den Mann entwickelt. »Was steht ihr alle da rum?« brüllte Jarplin, als er zu den bärtigen Hort-Brüdern kam. Er schob andere Männer von der Reling weg. »Platz da!«
    Kast sah zu, wie die beiden Brüder das tropfende Netz über den Dollbord zogen und ihre Last auf Deck plumpsen ließen. Meerwasser und geölte Seile platschten über die Planken.
    Alle Männer wichen einen Schritt zurück, sodass Kast jetzt eine gute Sicht auf den Fang hatte.
    »Ist ja nur ’n Mädchen«, sagte jemand.
    Kast runzelte die Stirn. Verfangen in den Maschen des Netzes, lag eine kleine Gestalt flach auf dem Deck. Ihr nackter Oberkörper zeigte einen zarten Ansatz von Brüsten, und sie trug eng anliegende Beinkleider aus irgendeinem glatten Material, vielleicht Haifischhaut. Es dauerte ein paar weitere Herzschläge, bis er erkannte, dass das dunkelgrüne Seegras, das zusammen mit dem Mädchen in dem Netz gefangen war, in Wirklichkeit ihr Haar war. Wie konnte das sein? Nach so langer Zeit …?
    »Sie atmet nicht«, hörte Kast sich selbst sagen. Er trat weiter vor.
    Kapitän Jarplin schob sich zwischen den Männern hindurch, die sich um den Fang drängten. »Nehmt ihr das Netz ab!«
    Der Junge, Tok, trat mit einem Messer in der Hand vor, bereit, das Mädchen freizuschneiden.
    Der Kapitän bemerkte ihn. »Tok, nimm das Messer weg! Ich will nich, dass ’n tipptoppes Netz wegen ’nem blinden Passagier kaputt gemacht wird.«
    Der Junge hielt inne, sein sommersprossiges Gesicht lief rot an.
    Kast jedoch ging noch näher zu dem flach hingestreckten Mädchen hin, und auch in seiner Hand blitzte ein Messer auf. Er beugte sich zu dem Netz hinab und machte sich daran, die Seile zu durchtrennen. »Das ist kein blinder Passagier, Kapitän.«
    »Is mir egal, was …« Jarplin verstummte, als er zum ersten Mal deutlich sah, was sein wertvolles Netz enthielt.
    Der Erste Maat des Kapitäns, Flint, stand neben Jarplin. Er war ein dünner Mann, aus dem Wind und Wetter und die See eine Gestalt aus ledriger Haut und scharfen Knochen gemacht hatten. Seine Stimme war so kratzig wie der struppige Wust eines grauen Bartes an seinem Kinn. »Du hast gehört, was der Käpt’n gesagt hat, Kast. Lass das Netz …« Doch auch seine Worte erstarben. Ein langer, tiefer Pfiff kam über seine aufgesprungenen Lippen. Während sich seine Augen auf die Fracht hefteten, rieb Flint einen kleinen silbernen Stern, der an seinem rechten Ohrläppchen befestigt war. »Das … das is ja wohl kein blinder Passagier nich.«
    Der Kapitän hob die Hand, um seinem Ersten Maat Schweigen zu gebieten.
    Kast schnitt die Maschen mit geschickten Händen und dem genauen Wissen um die richtigen Ansatzstellen auf. Nach nur wenigen Augenblicken war das Mädchen frei. Kast hob sie aus dem verhedderten Netz. Er ließ die Augen über den Kreis von Hilfsmatrosen wandern, und sie alle wichen vor der Eindringlichkeit seines Blicks zurück, um ihm Platz zu machen, damit er die leichte Gestalt auf dem freigeräumten Deck ablegen konnte. Er streckte ihre Gliedmaßen aus und horchte nach ihrem Herzschlag.
    Sie lebte noch, doch ihre Lippen waren blau und ihre Haut blass und kalt. Er drehte sie auf den Bauch und setzte sich rittlings auf sie, dann drückte er ihr mit beiden flach aufgelegten Händen das Wasser aus der Lunge. Mehr Meerwasser, als seiner Meinung nach in einem so zierlichen Körper enthalten gewesen sein konnte, strömte über die Planken. Zufrieden mit sich, drehte er sie auf den Rücken und überstreckte ihren Hals.
    Er senkte die Lippen auf die ihren und atmete Leben in ihre Brust.
    Während er ihr in die Nase kniff und ihre Lunge wie einen Blasebalg mit seiner Luft füllte, hörte er, wie die anderen um ihn herum murmelten.
    »Schaut euch diese Haare an! Die schimmern wie Algen auf totem Wasser.«
    »Habt ihr die Hände gesehen? Mit Schwimmhäuten wie bei ’ner Ente, kann ich euch sagen.«
    »Kast verschwendet nur seine Zeit. Die is hin.«
    Andere taten grunzend ihre Bekräftigung der letzten Bemerkung kund.
    Einer der Matrosen kicherte jedoch. Es

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