Alasea 03 - Das Buch der Rache
seine sorgsam ausgeklügelten Pläne wären zunichte gemacht worden, wenn er diese lebenswichtige Neuigkeit nicht erfahren hätte. Einen Augenblick lang fragte sich der Dunkelmagiker, ob Schorkan seinen Verrat wohl ahnte. Dann wurde sein Blick wieder klar. Unmöglich. Schorkan hatte die Nase viel zu tief in seine eigenen Angelegenheiten vergraben, als dass er überhaupt Notiz von Greschym nehmen würde. Die Nichtbeachtung von Greschyms Recht auf Informationen war nur ein weiteres Beispiel für das fehlende Interesse des Prätors an dem faltigen alten Magiker.
Greschym würde diesem Narren am Ende schon zeigen, wie tödlich Blindheit enden konnte.
Der Dunkelmagiker drehte sich zu Rockenheim und winkte ihn fort. Jetzt hatte er noch einen Tag weniger Zeit und durfte die wertvollen Stunden nicht mit dem Golem verplempern. »Halte Augen und Ohren offen«, warnte er ihn. »Wenn du noch mehr Auskünfte zu verkaufen hast, weißt du, wo du mich findest.«
Rockenheim blieb noch einen Moment stehen und rang die Hände. Offenbar hätte er gern um mehr Antworten gebettelt. Doch dann nickte er. Ohne Gruß machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand über die dunkle Treppe.
Greschym wartete, bis die Eisentür oben zuschlug, dann wandte er sich der Tür zu, die zu den Gefangenenzellen führte. Er hatte noch ein weiteres Treffen für diesen Morgen geplant, noch ein anderer wartete darauf, zu seinem Verbündeten zu werden. Aber auch bei diesem machte sich Greschym keine großen Sorgen. Wie bei Rockenheim kannte er auch bei diesem Mann den Preis für die Zusammenarbeit.
Der Magiker durchquerte den Raum und zog die dicke Eichentür auf. Der Gestank von menschlichen Exkrementen und getrocknetem Blut griff seine Nase an. Er brauchte einen Augenblick, um hinunterzuwürgen, was ihm sauer aufgestoßen war. Erst dann betrat er den Kerker.
Er ging hinein und schritt an einer Reihe von kleinen Türen vorbei, die so niedrig waren, dass man sich bücken musste, um einzutreten. Hinter einigen der Türen hörte er leise Jammerlaute und Seufzer. Niemand schlief in diesen Zellen. Entsetzen und Angst ließen die Gefangenen kein Auge zutun. Als Greschym gedankenlos gegen eine Tür stieß, warf sich etwas Gewaltiges gegen die dicken Bretter; ein unmenschliches Knurren drang aus der Zelle. Die Bestie musste sein Blut gerochen haben. Krallen kratzten am Holz. Es war kaum zu glauben, dass das, was da hinter der Tür lauerte, einst ein Mensch gewesen war. Greschym schüttelte den Kopf. Schorkan hatte seine Fähigkeiten wirklich erstaunlich weiterentwickelt.
Vor der nächsten Tür blieb Greschym stehen. Er war am Ziel angekommen.
Mit einem leisen Stöhnen bückte er sich und legte den Stab in die Beuge seines Armstumpfes, sodass er eine Hand frei hatte. Er deutete mit dem Finger auf das Schloss und drehte das Handgelenk. Die Tür sprang auf. Greschym lächelte. Auch er besaß so manche Fähigkeit. Er stieß die Tür mit dem Stab weiter auf und kroch in die Zelle.
»Was willst du hier?« brummte eine Stimme von drinnen.
Greschym richtete sich auf und beförderte eine Ratte mit einem Fußtritt zur Seite. »Dein Bruder behandelt dich nicht sehr gut, Er’ril.«
Der Präriemann spuckte vor Greschym aus, viel mehr konnte er nicht tun. Nackt bis auf einen schmutzigen Lendenschurz, war Er’ril mit Eisenfesseln an die Wand gekettet. Schorkan konnte seinen Bruder nicht töten; Er’ril war zu wichtig für den Zerstörungsbann. Aber Schorkan kümmerte es auch nicht, wenn sein Bruder bis dahin Höllenqualen litt. Der einst so stolze Präriebewohner war ein gebrochener Mann: Er verfaulte langsam in seinem eigenen Dreck, über und über war er mit blauen Flecken bedeckt von den Schlägen, die er einstecken musste, und aus den Wunden an Armgelenken und Fußknöcheln, wo die Eisenschellen ihm ins Fleisch schnitten, lief stinkender Eiter.
Schorkan hatte befohlen, Er’ril mit Ketten an die Wand zu fesseln, um ihn davon abzuhalten, sich selbst umzubringen, solange das Buch noch gebunden war.
Greschym lehnte seinen Stab an die Wand und holte einen Dolch unter seinem Gewand hervor. Er selbst hatte keine derartigen Bedenken. Er’rils Tod würde bedeuten, dass das Buch vor Schorkans Bann für immer sicher war. Greschym bemerkte, wie Er’ril die Klinge fast gierig anstarrte. Aber der Dunkelmagiker machte die Hoffnungen des Präriemannes zunichte. »Der ist nicht für dich bestimmt, Er’ril. Tot bist du wertlos für mich.«
»Du kannst mich genauso gut gleich
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