Alasea 03 - Das Buch der Rache
töten«, meinte Er’ril heiser. »Ich werde euch niemals helfen, das Buch zu zerstören.«
Greschym zog die Augenbrauen hoch. »Wer sagt denn, dass ich das von dir will? Ich habe an der Vernichtung des Buches noch weniger Interesse als du. Du wirst es nicht glauben, aber ich bin gekommen, um dir einen Vorschlag zu machen.«
Er’ril kniff misstrauisch die Augen zusammen. Die Haut auf seinen trockenen Lippen platzte auf, als er sprach, und das Blut lief ihm übers Kinn. »Und was willst du mir vorschlagen, du Verräter?«
»Ich biete dir deine Freiheit.« Greschym deutete mit dem Dolch in die stinkende Zelle. »Es sei denn, dir gefällt deine Unterkunft mittlerweile.«
»Mach dich nicht lustig über mich, du Menschenschinder.«
»Das sind nicht nur leere Worte, Er’ril. Ich will das Buch des Blutes für mich haben, und du bist der Einzige, der das Geheimnis um den Bann kennt, welcher das Buch umgibt. So einfach ist das. Brich den Bann, der das Buch schützt, gib es mir, und ich werde dafür sorgen, dass du freikommst.«
»Und warum sollte ich einem Verräter trauen?«
»Weil ich deine einzige Hoffnung bin. In drei Tagen wird Schorkan das Buch des Blutes zerstören und dich danach töten. So viel ist sicher. Du hast also nichts zu verlieren. Wenn ich dich verrate, bleibt dein Schicksal dasselbe. Aber wenn ich mein Wort halte, wirst du deine Freiheit bekommen allerdings ohne dass das Buch in Elenas Hände gelangen wird. Dann kannst du zurück in die Arme deiner kleinen Hexe fliehen. Und wer weiß? Vielleicht werde ich des Buches eines Tages überdrüssig und schenke es dir. Ich verspüre keine Liebe zum Schwarzen Herzen. Soll sie den Kampf mit dem Gul’gotha aufnehmen. Was kümmert mich?«
Er’rils Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Greschym wusste genau, dass sich der Präriemann mit aller Gewalt gegen einen solchen Handel mit dem Feind sträuben würde, aber der Magiker war schließlich kein Narr. Ganz gleich, wie gefährlich das Unternehmen auch sein mochte, es war Er’rils einzige Chance. Der Präriemann hatte sein ganzes Leben als Krieger verbracht. Ein Schwertkämpfer würde niemals ein Angebot ausschlagen, das ihn von seinen Fesseln befreite, um zumindest den Versuch unternehmen zu können, für seine Sache zu kämpfen. Greschym wusste schon, wie sich Er’ril entscheiden würde, noch bevor der Blick des Präriemannes seine Vermutung bestätigte. »Was schlägst du vor?« fragte Er’ril, und das Feuer kehrte in seine müden Augen zurück.
Greschym nahm den Dolch und schnitt einen kleinen Span von seinem neuen Holzstab ab. »Ich werde es dir zeigen.«
18
In der Morgendämmerung stand Elena zusammen mit den anderen an der Reling des Schiffes. Die Bleicher Hengst trieb auf den Sargassum Wald zu, ihr Bug pflügte schwerfällig durch das rote Seegras. Elena rümpfte die Nase. Die Pflanzen rochen nach Salz und verfaulten Wurzeln, und der Geruch wurde immer beißender, je tiefer das Schiff sich in den Kalmengürtel hineinschob. Oben in den Bäumen saßen Möwen und nistende Seeschwalben, die sie vor dem Wald warnten.
Die Segel wurden auf Flints Befehl gerefft. Er behauptete, dass die Meeresströmung sie ab hier in die richtige Richtung treiben würde, und seine Worte sollten sich als wahr erweisen. Sie fuhren nur mit geringer Geschwindigkeit, da der Tang ihr Fortkommen behinderte, aber Flint schien zu wissen, wo das Tangdickicht am besten befahrbar war. Auf dem Schiffsdeck verteilt standen die Zo’ol Matrosen und riefen sich in ihrer fremden Sprache Befehle zu. Flint stand am Heck und hörte ihnen vom Ruder aus zu. Er schien zu verstehen, was sie sagten, denn er korrigierte mit winzigen Bewegungen den Kurs.
Zur Ermahnung, nur ja keinen Fehler zu machen, lagen unzählige Wracks um sie herum im Meer. Verrottende Schiffsriesen schliefen halb versunken im Tang, so weit das Auge reichte. Ganz in der Nähe reckte sich ein Mast durch die roten Pflanzen, ein Segelfetzen flatterte noch an seiner Spitze, als wollte er um Erlösung vom grausamen Erstickungstod bitten.
»Hier spukt es«, murmelte Tol’chuk.
Merik stimmte ihm zu. »Ein lange vernachlässigter Friedhof.«
Die Zo’ol Seeleute verstummten, als der Wald dichter wurde Schweigen legte sich über das Schiff. Die Sonne ging auf, und die Bäume vor ihnen verloren ihren gespenstischen Dunst. Sie überragten die Masten der Bleicher Hengst um eine ganze Länge, aber ihre Stämme schienen zu dünn zu sein, um den wehenden Baldachin aus weit verzweigten
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