Alasea 03 - Das Buch der Rache
Handfläche heraus und vor ihm her, während er die kleine Gruppe anführte.
Die Schritte der Menschen und das Rasseln von Er’rils Ketten hallten hohl durch den Gang. Ihre Schatten an der Wand tanzten zum Knistern der Fackeln.
Greschym konnte mit Müh und Not Er’rils schlurfendes Tempo mithalten und bildete das Ende des kleinen Zuges. Der Präriemann spürte genau, dass der Dunkelmagiker mit ihm sprechen wollte, aber fürchtete, dass die anderen sie hören konnten. Er’ril wusste allerdings auch, dass den greisen Greschym die Jahre plagten, was ihn ebenso davon abhielt, mit den beiden jüngeren Magikern Schritt zu halten. Als Er’ril einen Blick zurückwarf, sah er, wie der Schmerz der protestierenden Gelenke das Gesicht des alten Magikers verzerrte und dass Greschym den Stab so fest umklammert hielt, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
»Halte dich bereit«, keuchte Greschym ihm zu. Seine Stimme klang leiser als das Flüstern eines heimlichen Liebhabers.
Er’ril nickte, aber er antwortete nicht darauf.
Der Gang führte breit und geräumig immer tiefer hinein ins Herz der Insel. Andere Gänge und Tunnel kreuzten den Hauptgang. »Man kann sich hier leicht verirren«, flüsterte Greschym schnaubend und keuchend. Die anderen beiden Magiker waren ihnen schon ein Stück voraus. »Das Tunnelsystem ist niemals vollständig kartiert worden. Hier unten kann man leicht verschwinden.«
Er’ril schnaubte nur verächtlich. Greschym versuchte ihm zu verstehen zu geben, dass eine Flucht hier möglich war. Aber natürlich würde Er’ril diese Gelegenheit erst erhalten, wenn er das Buch des Blutes befreit und es dem alten Dunkelmagiker übergeben hatte.
Je tiefer sich die kleine Gruppe in die Welt der Toten vorarbeitete, desto leserlicher wurden die Gravuren auf den Grabmälern und desto jünger die Gräber. Bald kamen sie sogar an einigen offenen Nischen vorbei. Es waren die Gräber, die noch auf ihren Inhalt warteten.
»Dennoch«, fuhr Greschym fort, »könnte man darüber nachdenken.«
Schorkan führte sie immer tiefer hinein in den Berg, vorbei an offenen Gräbern und durch Gänge, deren Wände naturbelassen waren. Die Katakomben reichten bis in eine Tiefe, in der das Meer sie in Besitz nahm, aber die drei Magiker mit ihrem Gefangenen kamen nicht so weit. Schorkan bog ohne Vorwarnung aus dem Hauptgang in einen schmalen Seitenflur ein. Er ging zielstrebig weiter durch das Labyrinth aus kreuz und quer verlaufenden Gängen.
Der Weg endete in einer dunklen Kammer. Schmuckloser Fels grenzte den Raum zu beiden Seiten ein, und vor ihnen erhob sich eine Platte aus schwarzem Eis, die vom Boden bis zur Decke reichte. Die dunkle Oberfläche schien im Fluss zu sein, als würde das Eis in einem ewigen Zyklus schmelzen und sofort wieder gefrieren.
Schorkan näherte sich dem eisigen Bollwerk. Das kalte Hindernis reflektierte den Schein seiner leuchtenden Kugel. Mit einem angewiderten Blick drehte Schorkan dem Hindernis den Rücken zu. »Der Magiker, der diesen Bann für dich gesprochen hat, Er’ril, war sehr geschickt. Während der vergangenen Jahrhunderte hat sich das Eis den zahlreichen Versuchen, es zu brechen, erfolgreich widersetzt.«
Er’ril zuckte mit den Schultern. »Der Magiker hatte mir noch einen Gefallen geschuldet.«
»Mach dich nicht lustig über mich. Bruder Kallon hat mit seinem letzten Atemzug und der Magik, die du aus dem Buch gewonnen hast, das Grabmal für das Buch des Blutes geschaffen. Er starb mit dem Bann auf seinen Lippen und nahm sein Geheimnis mit ins Grab.«
Er’ril lachte laut auf. »Du übertreibst, Bruder. Es war weder ein großes Geheimnis noch irgendwelche obskure Magik. Bruder Kallon war einfach ein besserer Magiker als du. Das weißt du selbst. Bevor das Buch geschaffen wurde, hast du dich viele Male bei mir über das unermessliche Wissen des alten Magikers beschwert und darüber, wie er dich bei jeder Gelegenheit übertrumpft hat. Genau aus diesem Grund suchte ich ihn damals auf, als ich bemerkte, dass die Straßen nicht mehr sicher waren. Er war einfach besser als du.«
Schorkans Gesicht blieb kalt und unbewegt, aber Er’ril sah genau, wie die Flammen seiner Kugel heller aufloderten, je wütender er wurde. »Bruder Kallon mag vielleicht vor langer Zeit besser gewesen sein. Aber während der letzten fünf Jahrhunderte habe ich an Macht und Können gewonnen.«
Mit zuckenden Schultern nickte Er’ril zu der Wand aus Eis. »Nun… das mag sein. Aber wie ich sehe, bist du noch
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