Alasea 03 - Das Buch der Rache
und du kannst den Bann des Buches nicht zerstören. In beiden Fällen wird das Buch unversehrt bleiben. Was auch geschieht, heute Nacht wirst du dein Ziel nicht erreichen.«
Er’ril trat näher an Schorkan heran und trieb seine Worte tief in dessen Seele. »Du bist geschlagen, Bruder.«
Schorkan zitterte vor Wut. »Nein!« Er erhob den Dolch des Vaters, um ihn Er’ril in den Hals zu stoßen. »Du wirst niemals gewinnen!«
»Halt!« schrie Greschym auf. »Schorkan, wenn du Er’ril tötest, wird der Bann niemals gebrochen werden können. Er will dich mit seinem Schwur täuschen. Hör nicht auf ihn. Er versucht nur, dich durch diese List dazu zu bringen, ihn zu töten. Er lügt!«
Die Spitze des Messers ruhte in der Vertiefung an Er’rils Hals. Schorkan ließ die Waffe sinken und wandte sich den beiden anderen Magikern zu. Seine Stimme wurde kalt. »Nein. Er’ril hat die Wahrheit gesprochen. Es gibt wirklich einen Verräter unter uns.« Er deutete mit der freien Hand auf Greschym. »Ich habe Er’ril nur bedroht, um den Betrüger zu entlarven.«
Greschym hob abwehrend den Arm, aber Schorkan griff nicht ihn, sondern De’nal an. Dunkelfeuer schoss aus seiner Hand und überwältigte den Kindmagiker. Während die Energie aus ihm herausströmte, sprach Schorkan mit lauter Stimme: »De’nals Schweigen hat sein aufrührerisches Herz verraten. Würde ich Er’ril töten, nähme ich mir damit jede Möglichkeit, das Buch zu entbinden. Deine rechtzeitige Warnung, Greschym, hat deine Vertrauenswürdigkeit bewiesen.«
Mit einer Drehung der Hand ließ Schorkan den Magik Strom versiegen. De’nal lag nun von Kopf bis Fuß in Schnüre aus Dunkelfeuer eingewickelt am Boden. Wie eine Fliege im Spinnennetz saß er fest und konnte sich weder bewegen noch sprechen.
Schorkan wandte sich an Er’ril. »Eines hast du in deinem Plan nicht bedacht, Bruder. Die Mitarbeit des Verräters brauche ich nicht unbedingt, sondern nur seinen lebenden Körper. Auch gefesselt und gefangen wird De’nal seinen Part noch spielen können. Danach werde ich euch beide töten.« Schorkan stellte sich wieder neben Er’ril. »Du siehst also, mein lieber Bruder, du bist derjenige, der geschlagen wurde.«
Er’ril ließ sich nichts anmerken. Bis jetzt hatte sein Plan perfekt funktioniert. Schorkan war ihm wie ein blinder Hase in die Falle gegangen. Aber Er’ril wollte sich keine zu großen Hoffnungen machen.
Der Mond würde bald aufgehen, und der letzte Akt war noch nicht gespielt.
Elena stieß auf dem Deck der Bleicher Hengst zu den Gefährten. Vor ihnen im Westen ragten die Klippen der Insel Maunsk hoch in den Himmel. Die Sonne wurde von den beiden Gipfeln der Insel bereits verdeckt. Im Schatten der Klippen und Berge konnte man deshalb leicht den Eindruck gewinnen, dass die Dämmerung schon begonnen hatte. Das Meer verfärbte sich mitternachtsblau; das helle Grün der Insel verwandelte sich in ein bedrohliches Schwarz. Nur der azurblaue Himmel über ihnen versprach noch genügend Zeit bis zum Mondaufgang. Dennoch hielt Elena die Arme fest vor der Brust verschränkt und blickte finster drein. Der Abend nahte zu schnell.
Merik trat neben ihr an die Reling. In seinen Augen spiegelte sich tiefer Schmerz wider. »Es tut mir Leid.«
Elena wandte den Blick ab. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. »Warum hast du das getan? Warum hast du das Heer deiner Königin gerufen? Ich dachte, ich könnte dir vertrauen.«
Merik schwieg eine ganze Weile. Als er schließlich sprach, klang es angestrengt. »In Port Raul habe ich einen kleinen Vogel aus Mama Fredas Menagerie ausgesandt, der die Bitte um Hilfe an meine Mutter bei sich trug. Ich dachte, ich würde dich damit schützen. Ich wollte nicht, dass du in A’loatal in die Falle der Dunkelmagiker gerätst. Wenn die Insel erst einmal zerstört wäre, so hatte ich gehofft, würdest du das Banner der Hexe ablegen und den Krieg mit dem Herrn der Dunklen Mächte beenden. Von dieser Verantwortung befreit, so hatte ich mir vorgestellt, würdest du nach Sturmhaven zurückkehren und dein wahres Erbe antreten.«
»Du weißt, dass ich das niemals tun könnte«, erwiderte Elena bestimmt. »Ob nun mit oder ohne Buch, ich werde meinen Kampf gegen das Böse fortsetzen.«
»Ja, ich weiß, aber das habe ich zu spät erkannt. Nach den Prüfungen in Schattenbach war ich der Meinung, dass Flucht die beste Lösung wäre. Aber jetzt, da ich die Geschichten der De’rendi und Mer’ai kenne, weiß ich, dass das der falsche
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