Alasea 03 - Das Buch der Rache
Weg war. Du kannst dem Bösen nicht den Rücken zudrehen, ohne einen Teil von dir aufzugeben, und selbst dann würde dich das Böse noch verfolgen.« Seine Stimme wurde ruhiger. »Aber das ist nicht der einzige Grund, warum du diesen Kampf nicht aufgeben kannst. Das ist mir nun klar.«
Da drehte sich Elena zu Merik, und ihre Stimme klang schroffer als beabsichtigt. »Warum noch?«
Er richtete seine hellen Augen auf sie. »Als Tol’chuk und ich wieder zu euch stießen, sah ich, wie sehr du dich verändert hattest und das nicht nur körperlich. Es ging tiefer. Ich erkannte die Elv’e in dir ich sah unseren König in deinem Gesicht. Damit wusste ich, dass du Alasea niemals aufgeben würdest und dass ich für immer an deiner Seite stehen würde.«
Merik wandte sich von ihr ab. »Es tut mir Leid«, fügte er hinzu. »Ich hätte es dir längst sagen sollen. Aber ich hatte gehofft, dass wir das Buch haben und schon wieder verschwunden sein würden, bevor die Königin hier eintrifft.« Er richtete den Blick zum Himmel. »Der Flug des Sonnenfalken war das Zeichen, dass unsere Zeit knapp wird. Ihre Kriegsschiffe werden bald hier sein.«
Elena fühlte, wie der Knoten der Wut, die sie auf Merik hatte, sich langsam löste. »Wie viel Zeit bleibt uns noch?«
»Nicht viel mehr als ein Tag.«
Elena richtete den Blick ebenfalls in den Himmel. »Dann spielt es wahrscheinlich ohnehin keine Rolle mehr. Bei Sonnenaufgang werden wir die Insel entweder längst mitsamt dem Buch verlassen haben oder tot sein.« Sie sah Merik an und berührte seine Schulter. »Gräme dich nicht über deine Taten, Merik. Manchmal erkennt man die Wahrheit in seinem eigenen Herzen viel zu spät.« Elena dachte an Er’ril. »Ich kenne das nur zu gut.«
Merik blickte sie dankbar an, und seine Schultern erlangten etwas von ihrer Stärke zurück.
In schweigender Vergebung berührte Elena seinen Arm, dann drehte sie sich weg und richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Treiben der anderen. Flint und die Zo’ol waren damit beschäftigt, das Schiff durch die tückischen Riffe zu lenken, die die Insel Maunsk umgaben. Befehle wurden hin und her gerufen, und von Zeit zu Zeit wurde der Kurs des Schiffes behutsam korrigiert.
»Elena, kann ich dich für einen Augenblick sprechen?« Elena drehte sich um und sah ihren Bruder aus der Tür zum Unterdeck kommen. Er trug seinen Stab in den behandschuhten Händen.
»Was ist?«
»Es ist wegen Er’ril.«
Elena bemühte sich, nicht zusammenzuzucken. Sie verspürte nicht den geringsten Wunsch, jetzt über den Präriemann zu sprechen, aber sie konnte Joachs Sorge auch nicht einfach abtun. »Was ist mit ihm?«
Joach blieb neben ihr stehen. Er fuhr sich mit der Hand über den dünnen, rötlichen Flaum, der langsam auf seinem Kinn und den Wangen zu sprießen begann. Elenas Herz machte einen Sprung. Es war diese winzige Geste, die sie an ihren Vater erinnerte. Er hatte sich das Kinn immer auf genau diese Weise gerieben, wenn er etwas Wichtiges zu sagen gehabt hatte. Zum ersten Mal sah Elena nun den Mann in ihrem älteren Bruder. Er war nicht mehr der Junge, der mit ihr durch die Obstgärten getobt war. Jetzt bemerkte sie auch die Strenge in seinen grünen Augen. »Wenn Er’ril lebt, dann hat er mehr als einen Viertel Mond mit den Dunkelmagikern verbracht.«
»Das weiß ich«, antwortete sie barsch.
Joach seufzte. »Ich möchte damit sagen, dass Er’ril vielleicht nicht mehr der Mann ist, den wir kennen… wenn er tatsächlich noch lebt. Ich weiß, wie sie einen Menschen mit ihrer dunklen Magik verbilden und ihrem Willen beugen können.«
»Er’ril wird ihnen widerstehen«, beharrte Elena und wollte die Unterhaltung damit beenden. Sie fürchtete, Joach könnte ihr Inneres erneut aufwühlen.
Aber Joach blieb hartnäckig. »Ich hoffe, du behältst Recht, Elena. Ich hoffe es inständig. Ich bitte dich nur um eines: Solltest du ihm auf der Insel begegnen, dann ist es vielleicht das Beste, wenn du das Schlimmste annimmst, es sei denn, das Gegenteil wird bewiesen.«
Elena starrte ihren Bruder an. Er verlangte von ihr, Er’ril zu misstrauen. Ihr Verstand sagte ihr zwar, dass die Worte ihres Bruders sehr weise waren, aber in ihrem Herzen bekämpfte sie den Drang, Joach eine Ohrfeige zu verpassen. Er’ril würde sie niemals verraten!
Joach schien ihren Ärger zu spüren. Er sprach nun mit noch sanfterer Stimme. »Denk nach, Elena. Zuerst die schwarze Wyvern Statue. Dann wurde Er’ril von den Dunkelmagikern gefangen genommen.
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