Alasea 03 - Das Buch der Rache
der Entdeckung der Skal’ten Legionen, welche in den alten Ruinen nur darauf warteten, zum Einsatz zu kommen. »Wenn die Sonne untergeht, werden sie losfliegen und angreifen. Wir müssen die Insel eingenommen haben, bevor es so weit ist. Wir brauchen die Deckung der Häuser, um uns erfolgreich gegen die Bestien verteidigen zu können.«
Kasts Bericht veranlasste den Großkielmeister, seinen Schritt zu verlangsamen. Als Kast schließlich fertig war, blieb der Kielmeister stehen, und das Feuer in seinen Augen leuchtete nur noch matt.
»Unheilvolle Neuigkeiten«, meinte Bilatus, der noch beim Tisch stand. »Heißt das, wir müssen mit unserer gesamten Streitmacht die Hafenanlagen der Stadt angreifen? Wenn wir die Piere in unserer Gewalt haben, könnten wir vielleicht überleben.«
Der Großkielmeister ballte die Hand zur Faust. »Wir müssen mehr als nur überleben. Wir müssen gewinnen. Der Herr der Dunklen Mächte wird einen halben Sieger nicht überleben lassen. Wenn wir seine Armee nicht verjagen und die Insel nicht besetzen können, wird es für die De’rendi nirgends mehr ein sicheres Meer geben.« Der Großkielmeister begann erneut auf und abzugehen. »Ihr habt uns wichtige Nachrichten überbracht. Wir müssen die anderen alarmieren und unsere Strategie ändern.«
Er wollte schon zur Tür, aber Saag wan hielt ihn auf. »Bevor ihr damit anfangt es gibt noch eine weitere Neuigkeit.«
Der Großkielmeister drehte sich um, und in den Augen des Mannes sah Saag wan das Feuer wieder aufflackern. Hier hatten sie einen wahren Kriegsherrn vor sich. Gespräch und Strategie waren ihm bei weitem nicht so wichtig wie Schwert und Speer. »Was noch?« fragte er ungeduldig.
Saag wan schluckte und sprach schnell. »Wir riskierten auch einen Flug über die Burg der Stadt, um zu sehen, was dort noch auf uns wartet. Im Großen Hof der Burg sahen wir, dass der mächtige Baum dort gefällt und seine Äste zu Kleinholz zerhackt wurden.«
»So?«
Kast erzählte weiter. »Der Baum war von jeher eine Quelle magischer Energien. Dieser plötzliche Eingriff der Dunkelmagiker kommt mir verdächtig vor.«
Saag wan nickte. »Um den Stumpf des Baumes hatten schwarz gewandete, singende Männer einen Kreis gebildet, und auf dem Baumstumpf lag ausgestreckt ein junges Mädchen, die Arme und Beine in Ketten.«
Das Feuer in den Augen des Großkielmeisters erlosch, als er verstand, was sie ihm beizubringen versuchten. »Sie wollen mit aller Gewalt irgendeine schwarze Magik heraufbeschwören, um unsere Pläne zunichte zu machen.«
»Ja«, antwortete Kast. »Also bereiten wir uns neben dem Angriff auf den Hafen am besten auch noch auf andere Überraschungen vor. Ich vermute, das Schlimmste kommt erst noch.«
Der Großkielmeister nickte ernst. Als er zur Tür ging, wirkte sein Gang eher eilig als aufgeregt. »Ich muss die Flotte benachrichtigen.«
Da ertönte plötzlich ein Pochen an der Tür. »Sir! Ihr müsst an Deck kommen! Irgendetwas stimmt nicht.«
Der Großkielmeister warf den anderen im Raum einen Blick zu. Sorge löste das Feuer in seinen Augen ab. Sie alle erhoben sich, um ihm zu folgen. Eilig verließen sie die Kajüte und hätten dabei fast den Blutreiter überrannt, der ihnen die Warnung überbracht hatte.
Als sie an Deck kam, wusste Saag wan sofort, aus welcher Richtung die gegenwärtige Gefahr kam. Alle starrten und deuteten nach Norden auf die Insel. Saag wan rannte zusammen mit den anderen an die Reling.
Auf das Schlachtfeld schien sich allgemeines Schweigen gelegt zu haben, als würden die Rivalen den Atem anhalten. In der Ferne zeichneten sich im Dämmerlicht der untergehenden Sonne deutlich die Umrisse der Insel ab. Vom mittleren Gipfel, dort wo die Ordensburg seine Spitze krönte, stieg schwarzer Dunst in den blauen Himmel, eine Säule der Dunkelheit, die nicht als Rauch gedeutet werden konnte. Es sah aus wie ein schwarzes Leuchtfeuer, ein Schaft aus dunklem Licht, der aus den Tiefen einer üblen Unterwelt heraufgeworfen wurde.
»Was ist das?« fragte der Großkielmeister.
Niemand antwortete.
Der Turm aus Dunkelheit begann sich zu neigen, immer tiefer, und schließlich fiel er langsam nach Westen.
»Süße Mutter, nein…«, stöhnte Saag wan. Sie wusste, dass das unheilvolle Feuer aus dem magischen Stumpf des Koa’kona Baumes loderte; die letzten Rudimente der weißen Magik des Baumes wurden nun für einen solch schändlichen Zweck missbraucht.
Der schwarze Schaft neigte sich weiter, bis er auf die untergehende
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