Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
richtigen Worte gefunden, aber bevor sie ihnen Taten folgen lassen konnten, mussten sie hier als Sieger hervorgehen. In der Traumwelt durchtrennte Joach weiter die Machtfäden des Ghuls. Doch obwohl ihn Kesla mit ihren Angriffen unterstützte, gewann er nicht wirklich an Boden.
Auch Ragnar’k versuchte, Asmara zu überwältigen, aber der Drache hatte dabei nicht mehr Glück als Kesla mit ihrem Dolch. Wie tötete man einen Geist?
Joach setzte den Kampf fort, ahnte jedoch, dass die Niederlage unvermeidlich war. Schon jetzt spürte er die ersten Schwächen. Die Kräfte seiner Seele waren nicht unerschöpflich. Auch die kleine Menge Hexenblut, die der Nachtglasdolch in sich aufgenommen hatte, würde irgendwann verbraucht sein. Ihre Energien waren also begrenzt, während Asmara mit dem Wehr ein ungeheurer Vorrat zur Verfügung stand.
Wenn sie nichts fanden, was sie dagegensetzen konnten, würden sie unterliegen.
Da hörte Joach hinter sich eine Stimme nicht aus der wirklichen Welt, sondern auf der Traumebene. »Vielleicht kann ich behilflich sein.«
Überrascht sah er sich um. Eine Gestalt schien im Gestein des Südwalls zu schweben. Die Züge waren verschwommen, denn Joach stand zwischen den beiden Welten, doch den dünnen Mann hätte er überall wiedererkannt. »Schamane Parthus!«
Der Greis stützte sich auf seine Krücke und sah ihn lächelnd an. »Mir scheint, du könntest eine helfende Hand gebrauchen.«
Greschyms Lächeln war aufrichtig. Joach hatte offenbar keine Ahnung, dass sich hinter dem sonnengebräunten Gesicht des alten Schamanen der Dunkelmagiker verbarg. Er war hierher geeilt, sobald er gespürt hatte, dass der Junge den Schleier zwischen den beiden Welten durchdrang. Es war höchste Zeit. Er durfte nicht riskieren, dass der Ghul ihn tötete, jedenfalls nicht, bevor er selbst mit ihm fertig war.
Auf dem Weg hierher hatte Greschym mithilfe seiner schwarzen Künste die ersten Plänkeleien der beiden Traumbildner beobachtet. Joach verfügte über eine große natürliche Begabung, aber er war kein Gegner für einen Unhold, der so mit allen Wassern gewaschen war wie Asmara. Greschym bedauerte, dass es Schorkan gelungen war, den Schatten in die Burg zu versetzen. Asmara war ein allzu gefährlicher Wächter und könnte ihm, Greschym, die letzte Chance rauben, seine Jugend wiederzuerlangen.
»Wie willst du mir helfen?« fragte der Junge. »Sagtest du nicht, dir wäre die Fähigkeit des Traumbildens nicht gegeben?«
Joachs Gestalt war nebelhaft und körperlos wie die flimmernden Hitzeschleier, die man von ferne über der Wüste schweben sah.
»Du hast ganz Recht«, sagte Greschym mit der Stimme des Schamanen. »Du schwebst zwischen der Traumwüste und der Welt des Lebens und der Körperlichkeit. Dazu ist nur ein wahrer Bildner imstande.«
»Wie kannst du mir dann helfen?«
»Ich kann dir meine Kraft leihen. Zwei sind stärker als einer.«
Joach zögerte. »Ich bin nicht sicher, ob es beim Kampf gegen den Schatten eines Toten auf die Kraft ankommt.«
Greschym schüttelte den Kopf. »Asmara ist nicht unbesiegbar.« Seine Stimme wurde weich. »Ich kenne so manche Geheimnisse aus den alten Schriften. Ich kann dich lehren, den Ghul zu besiegen.«
Joachs Gestalt verfestigte sich, je mehr sein Interesse wuchs. Er näherte sich Greschym in der Traumwüste. »Was für Geheimnisse sind das?«
Greschym ging einen Schritt zurück. Wenn sein Zauber wirken sollte, musste die Seele des Jungen ganz in die Traumwelt eintreten. Da er selbst kein Bildner war, konnte er die Ebene nicht erreichen, auf der Joach sich befand. Er winkte auffordernd mit der Hand. »Solche Dinge lassen sich nicht mit Worten ausdrücken. Du kannst sie nur lernen, wenn ich sie dir zeige.«
Joachs Umrisse wurden noch schärfer. »Dann zeige sie mir.«
»Du musst dich ganz in die Traumwelt begeben, damit wir uns austauschen können.« Greschym trat erwartungsvoll noch einen Schritt zurück.
Joach schickte sich an, ihm zu folgen, doch dann hielt er inne, fast als wollte er ihn verhöhnen.
»Worauf wartest du? Komm zu mir, Junge.«
»Das hättest du wohl gern, Greschym?« Joach legte die Maske der Ahnungslosigkeit ab. Darunter waren seine Züge hart und misstrauisch.
Greschym runzelte überrascht die Stirn und setzte zum Widerspruch an, doch die Augen des Jungen glitzerten vor Verschlagenheit. Joach ließ sich nicht so leicht hereinlegen.
»Zeige dein wahres Gesicht«, verlangte Joach. »Genug der Maskerade. Du hast dich schon einmal als
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