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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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verschwunden, und Tyrus lag blutüberströmt in einem Kreis aus verbrannter Erde.
    Dann hatten sich die noch verbliebenen Zwerge langsam aufgerappelt und damit begonnen, die Überlebenden einzusammeln. Mogwied war vor Angst so schwach und erschöpft gewesen, dass es ihm nicht schwer fiel, auch weiterhin eine Ohnmacht vorzutäuschen. Man warf ihn wie einen Sack Getreide in den geschlossenen Wagen, doch er verlor nicht den Kopf. Durch die Ritzen in den Bretterwänden konnte er beobachten, in welche Richtung sie fuhren: Es ging nach Norden, in die Richtung, in die sie von vornherein gewollt hatten.
    Jetzt wurden die bunten Laubbäume hinter den Ritzen seltener, und die dunkleren Schwarzkiefern traten an ihre Stelle. Sie hatten den Nordrand der Westlichen Marken erreicht. Nach Mogwieds Schätzung waren sie nur noch eine Tagesreise vom Nordwall entfernt.
    Plötzlich fuhr der Wagen wieder in ein Schlagloch, und Mogwied rollte auf die andere Seite zurück. Aus dem Halbdunkel blickten ihn zwei Augen prüfend an. Sie glühten förmlich in dem schwachen Licht, das durch die kleine Fensteröffnung drang.
    Die Augen gehörten dem vierten und letzten Mitglied der Gruppe, das den Angriff überlebt hatte. Wie Mogwied hatte sie nicht gekämpft und auch keinen Widerstand geleistet. Ihr honigfarbenes Haar leuchtete im fahlen Sonnenlicht wie pures Gold. Mogwied flüsterte ihren Namen. »Ni’lahn?«
    Er erwartete keine Antwort. Sie hatten die Nyphai vor fast einem Mond am Rand der Westlichen Marken gefunden, und seitdem hatte sie kein einziges Wort gesprochen. Sie überhörte alle Fragen, mied jede Unterhaltung. Meist hielt sie sich am Rand des Lagers auf, oft wanderte sie allein mit verträumten Augen durch den Wald. Die anderen duldeten ihre Anwesenheit, aber sie gab Anlass zu Spekulationen über ihr Verhalten und über die Gründe, warum sie sich ihnen angeschlossen hatte.
    Mogwied, Ferndal und Kral hatten selbst miterlebt, wie sie in den Vorbergen des Zahngebirges als Opfer eines Bösewächters ums Leben gekommen war. Nun zerbrachen sie sich den Kopf darüber, ob ihnen in dieser schweigsamen Gestalt tatsächlich ihre tote Gefährtin wiedererstanden war oder ob ihnen nur die Magik des Waldes einen Streich spielte. Wie konnte es die echte Ni’lahn sein? Es war unmöglich.
    »Keine Sorge, Mogwied, ich bin es.«
    Nur ein paar Worte ohne besondere Betonung, aber Mogwied stockte der Atem. Nach so langer Zeit hatte der Geist in ihrer Mitte endlich gesprochen. Er rückte von ihr ab. »W wie kannst du … Ich habe selbst gesehen … Das Spinnenungeheuer hat dich getötet!«
    Ni’lahn unterbrach ihn. »Lass dich nicht täuschen, Mogwied. Ich bin kein Mensch, ebenso wenig wie du. Ich bin eine Nyphai, ein Wesen, das in der Erde wurzelt. Mein Körper besteht aus Staub und Wasser, nur der Koa’kona Geist, mit dem ich verbunden bin, erfüllt ihn mit Leben. Der Schössling mag zertreten werden, aber solange die Wurzel lebt, kann ich nicht sterben.«
    Mogwied versuchte verzweifelt, mit ihrer Erklärung zurechtzukommen. »A aber warum hast du dann mit deiner Wiedergeburt so lange gewartet?«
    »Der Übergang ist nicht leicht. Ich brauchte die Kraft dieses mächtigen Waldes. Erst das Baumlied der Westlichen Marken konnte mich wieder zum Leben erwecken. Als mein alter Körper zerstört wurde, schmückte Elena mein Grab mit der Frucht einer alten Eiche.«
    Mogwied nickte. Er erinnerte sich an die Eichel, die er Elena gegeben hatte.
    »Ich schickte meinen Geist in diesen winzigen Samen. Dort blieb er so lange verborgen, bis ich stark genug war, die Reise zu wagen. Als Geist brachte ich den Samen zu deinem Bruder, denn ich hoffte, ihr würdet irgendwann in eure Heimat, diese großen Wälder, zurückkehren. Nur hier war die Elementarmagik von Wurzel und Erde stark genug, mich aus dem Samen zu ziehen und mir wieder eine Gestalt zu geben.«
    »Warum hast du uns das nicht früher erklärt? Warum bist du stumm geblieben?«
    »Es hat so lange gedauert, bis mein Geist sich vollends mit dieser neuen Gestalt verbunden hatte. Nachdem ich einen vollen Winter lang eine körperlose Existenz geführt hatte, fiel es mir schwer, mich von dem Baumlied abzugrenzen, das mich umgab. Es bedurfte äußerster Konzentration, um mich aus der endlosen Musik des Waldes zu lösen. Aber als das Monster erschien und diesen Mann angriff …« Sie wies auf Tyrus. » … wurde das Baumlied auf Meilen im Umkreis gestört. Der Schock schleuderte meinen Geist vollständig in diesen

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